„…. ich mache mir die Welt, wiedewiedewie sie mir gefällt“: Richterin des AG Ratzeburg übt sich in „free jura“ und erklärt, dass sich der Schadensersatzanspruch des Geschädigten durch eine Abtretung ändert ….(17 C 310/13 vom 16.08.2013)

Der geneigte Leser wird feststellen, dass nichts so schlecht sein kann, als dass es nicht noch als schlechtes Beispiel herhalten kann. Daher hat die Redaktion sich entschlossen, dieses Urteil zum vollständigen Ausgleich des Sachverständigenhonorars des Amtsgerichts Ratzeburg zu veröffentlichen. So kommt man dann auch zu der Möglichkeit, die einzelnen Rechnungspositionen auf ihre „Angemessenheit“ zu überprüfen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist zulässig, aber nur im tenorierten Umfang begründet, ansonsten unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte nur noch einen Restanspruch in Höhe von 45,– €.

Grundsätzlich hat der Geschädigte einen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger und dessen Versicherung in Höhe der Sachverständigenkosten des zur Ermittlung des Schadensumfangs erforderlichen Sachverständigengutachtens, da diese Kosten auch zum ersatzfähigen Schaden im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB gehören. Soweit zur Schadensermittlung die Erstellung eines Sachverständigengutachtens zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist, sind auch die Kosten des Sachverständigen zu ersetzen.

Für den Geschädigten gilt dabei, dass er auch dann einen Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenvergütung hat, wenn die Gutachterkosten nach genauerer Betrachtung und näherer Prüfung im Einzelfall überhöht sind.

Dies gilt aber nicht für den Sachverständigen selbst.

Während es bei der Schadensregulierung des Geschädigten darauf ankommt, dass die Abrechnung des Sachverständigen nicht auffällig willkürlich oder erkennbar überhöht und in keinen außergewöhnlichen Missverhältnis von Preis und Leistung steht, sind diese Grundsätze nicht übertragbar auf die Fälle, in denen der Sachverständige selbst gegenüber der Versicherung abrechnet.

Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Sachverständige wie hier sich den Vergütungsanspruch vom Geschädigten abtreten lässt.

Die Begründung dafür ist darin zu sehen, dass allein der Geschädigte nicht verpflichtet ist, „Marktforschung“ in Bezug auf die Gebührenrahmen von Sachverständigen anzustellen. Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht in der Position, die es ihm ermöglicht, zu seiner Schadensregulierung zunächst herauszufinden, in welchem Rahmen sich die Sachverständigenhonorar und die Sachverständigenvergütungen üblicherweise bewegen.

Da es im Bereich von Sachverständigengutachten an einheitlichen Abrechnungsmethoden und allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, die dem Geschädigten einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglicht, kann und darf der Geschädigte grundsätzlich von der Erforderlichkeit der angefallenen Sachverständigenkosten ausgehen, solange der Sachverständige sein Honorar nicht für den Geschädigten als Laien erkennbar willkürlich festgesetzt hat bzw. Preis und Leistung nicht in einem auffälligen und krassen Missverhältnis zueinander stehen.

Demgegenüber ist der Sachverständige selbst jedoch in Lage dazu, da er sein Honorar und die sonstigen Abrechnungspositionen selbst bestimmt.

Die Kosten des Sachverständigen gehören gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nur in dem Umfang zum erforderlichen Herstellungsaufwand, soweit sie selbst der Höhe nach angemessen und erforderlich waren.

Während bei der Abrechnung des Geschädigten ein eher großzügiger Maßstab anzulegen ist, bei dem sogar im Einzelfall erhöhte Gutachterkosten noch als „erforderlich“ i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 2 BGB angesehen werden, gilt bei der Abrechnung des Sachverständigen gegenüber dem Schädiger und dessen Versicherung eine engere Betrachtungsweise.

Ein solcher eng an der „Erforderlichkeit“ des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB orientierter Maßstab ist auch dann anzuwenden, wenn – wie hier – sich der Sachverständige den Restschadenersatzanspruch, der sich in den restlichen Sachverständigenkosten erschöpft, vom Geschädigten abtreten lässt. Hierdurch versucht gerade der Sachverständige,  die ihm gegenüber geltende eher enge Betrachtungsweise zugunsten eines großzügigeren Maßstabes zu umgehen.

Daher, ist der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung restlicher Sachverständigenkosten näher und genauer auf dessen Erforderlichkeit zu prüfen.

Dabei ist nicht von Bedeutung, ob eine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen wurde oder nicht; denn „erforderlich“ im Sinne von § 249 Abs. 2 S.1 BGB kann nur die übliche Vergütung entsprechend § 632 Abs. 2 BGB sein.

Üblich ist diejenige Vergütung, die für Leistung gleicher Art und Güte sowie gleichen Umfangs am Leistungsort nach allgemein anerkannter Auffassung bezahlt werden muss. Die Anerkennung der Üblichkeit setzt gleiche Verhältnisse in zahlreichen Einzelfällen voraus, wobei sich die übliche Vergütung regelmäßig innerhalb einer bestimmten Bandbreite bewegen wird, die Ausreißer nicht berücksichtigt (vgl. BGH VersR 2006, 1131). Da es im Bereich von Sachverständigengutachten an einheitlichen Abrechnungsmethoden und allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, ist die übliche Vergütung durch das Gericht nach § 287 ZPO zu schätzen.

Als Schätzgrundlage zieht das Gericht die BVSK-Honorarbefragung 2011 heran und legt diese der Entscheidung zugrunde. Hierzu hat das LG Nürnberg-Fürth, 8. Zivilkammer, Urteil vom 29.02.2012, Az. 8 S 2791/11 ausgeführt: „An den Befragungen haben sich jeweils deutlich über 600 Sachverständigenbüros aus verschiedenen Regionen beteiligt. Damit beruht die Befragung auf einer ausreichenden Basis, um als Schätzgrundlage i.S.v. § 287 ZPO herangezogen zu werden. Andere, als Schätzgrundlage besser geeignete Erhebungen als die BVSK-Befragung sind nicht ersichtlich.

Im Rahmen der Umsetzung liefert der „HB V Korridor“ der BVSK-Honorarbefragung 2011 einen praktikablen Bandbreite zur Beurteilung der Üblichkeit.

Dabei ist streitgegenständlich der unstreitig ermittelte Reparaturwert in Höhe von 1.227,46 € netto € als Sachschaden zugrunde zu legen.

Im Weiteren führt das LG Nürnberg-Fürth aus: „Neben dem Grundhonorar hält das Gericht grundsätzlich auch (pauschale) Nebenkosten für erstattungsfähig. Dass neben dem Grundhonorar üblicherweise keine Nebenkostenpauschalen abgerechnet werden, ergibt sich aus den BVSK-Honorarbefragungen gerade nicht. Vielmehr ist es nach dem Ergebnis der Befragungen durchaus üblich, weitere Nebenkosten (pauschal) in Rechnung zu stellen. Das Gericht sieht, dass vielleicht nicht alle Sachverständigen die Nebenkosten, die die Tabellen des BVSK ausweisen, kumulativ in Rechnung stellen, sondern nur einzelne Positionen. Wenn sich jedoch die in Rechnung gestellten Einzelpositionen im Rahmen des Üblichen bewegen, vermag das Gericht dies nicht zu beanstanden (so auch LG Dortmund, NJW-RR 2011, 321).“

Dem wird auch durch das erkennende Gericht gefolgt.

Entgegen der Ansicht des LG Saarbrücken im Urteil, Az. 13 S 37/12, vom 22.06.2012 in der von Beklagtenseite zitierten Entscheidung ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts der Ansatz von weiteren Nebenkosten neben dem Sachverständigenhonorar zulässig und deren Gesamthöhe nicht auf 100,00 € beschränkt.

Diese Einschränkung hat das LG Saarbrücken auch nur für „Routineschadensgutachten“ getroffen, wobei dann – soweit man dem LG Saarbrücken folgt – noch zu klären sein wird im konkreten Einzelfall, bei welchen Schäden von einem Routineschadensgutachten auszugehen sein wird und wo nicht, und weiche Kriterien zur Abgrenzung heranzuziehen sein werden. Eine solche Einschränkung ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts im Bereich der Nebenkosten nicht vorzunehmen, vielmehr die Überprüfung anhand der Erforderlichkeit und Üblichkeit allein zu treffen.

Im Hinblick auf die erforderlichen Sachverständigenkosten hatte der Kläger seine Kosten innerhalb des BVSK-Korridors gewählt. Diese Kosten sind damit erforderlich.

Die Fahrstrecke wurde bestritten. Diese kann jedoch mit jedem Routenplaner ermittelt werden und beträgt zwischen dem Wohnort des Geschädigten und dem Ort des Sachverständigenbüros tatsächlich 11 km, so dass die angesetzten km als einfache Fahrstrecke als richtig unterstellt werden können.

Der Geschädigte durfte nach seiner freien Wahl ein zur Erstellung des Schadensgutachten geeigneten Sachverständigen beauftragen. Er war nicht daran gebunden, einen solchen an seinem Wohnort zu wählen.

An Schreibgebühren sind zum einen das Originalgutachten zum anderen zwei weitere Kopien für den Unfallgegner und dessen Versicherung zu erstatten. Das Gutachten besteht dabei aus 17 geschriebenen Seiten und 9 Lichtbildern und Anlagen wie Reparaturkalkulation und Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes. Die Schreibkosten für die Kopien und die Fotokosten sind daher erstattungsfähig.

Im Rahmen der Kosten für Porto und Telekommunikation wurden konkret zwei Briefmarken abgerechnet. Das Gericht hält einen Ansatz neben der reinen Gutachtertätigkeit für möglich.

Danach ergibt sich bei Zugrundelegung dieser Ausführungen folgende Abrechnung der erforderlichen Sachverständigenkosten:

         
  Tatsächliche
Abrechnung
Rechnungsansatz BVSK- Bandbreite Erforderliche SV-Kosten
Honorar 246,00 € netto 1.227,46 € 246,00 €- 277,00 € 246,00
Fahrtkosten 22,16 € 11 km a 1,08 € 0,94 €-1,08 € 11,88
Fotokosten 18,54 € 9 Fotos á 2,50 2,06 €-2,57 € 18,54
Weitere Fotos in Kopie 11,25 € 9 Fotos á 1,25 € 1,25 €-1,80 € 11,25
Schreibkosten 41,99 € 17 Seiten á 3,50 2,47 €-3,75 € 41,99
Schreibkosten je Kopie 38,76 € 17 Seiten á 2,28 € 2,28 €-2,80 € 33,60
Porto/Telefon 2,90 2 x 1,45 € 13,59 € 48,88 € 2,90
Summe (netto) 381,60     366,16
MwSt. 72,504     69,57
Endbetrag (brutto) 454,10     435,73

Damit errechnen sich erforderliche Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 435,73 €, abzüglich der erfolgten Zahlung in Höhe von 390,00 € ergibt dies eine Nachforderung in Höhe von 45,73 €.

In diesem Umfang war die Klage begründet.

Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Zinsforderung ist gemäß den §§ 280, 286, 288 ZPO begründet.

Die Kosten der Halteranfrage sind als Kosten der Rechtsverfolgung gemäß § 249 BGB im Rahmen . des Schadensersatzes zu ersetzen.

Die Berufung wird nicht zugelassen. Nach § 511 IV S. 1 ZPO hat das erstinstanzliche Gericht die Berufung zuzulassen, wenn eine Partei mit nicht mehr als EUR 600,– aus diesem Urteil beschwert (Nr. 2) und wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im weiteren Sinne hat. Daran fehlt es hier.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 I, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Soweit das AG Ratzeburg.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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26 Antworten zu „…. ich mache mir die Welt, wiedewiedewie sie mir gefällt“: Richterin des AG Ratzeburg übt sich in „free jura“ und erklärt, dass sich der Schadensersatzanspruch des Geschädigten durch eine Abtretung ändert ….(17 C 310/13 vom 16.08.2013)

  1. Willi Wacker sagt:

    Wir haben doch keinen 1. April!
    Unglaublich! Selbst, wenn die Berufung nicht zugelassen ist, ist Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen, denn schon allein die rechtliche Ansicht, dass sich mit der Abtretung der Rechtscharakter ändert, isrt zu korrigieren. Abgesehen von den weiteren juristischen Fehlern.
    Vermutlich ist der Sparzwang in Schleswig-Holstein schon so weit gegangen, dass die Büchereien in den Gerichten aufgelöst wurden. Ansonsten hätte der Palandt schon weitergeholfen.
    Der Richterin kann nur empfohlen werden, demnächst ins Gesetz und in Kommentare zu schauen. Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung hat schon der olle Alpmann in Münster Anfang der 70. Jahre des letzten Jahrhunderts gesagt. Gilt aber auch heute noch.

  2. Fred Fröhlich sagt:

    Beißt sich die Katze gerade selber in den Schwanz?
    …und die „einfachen“ Fahrtkosten? Die 11 km zurück tragen mich dann die Engel, oder was?

  3. RA Schepers sagt:

    Bisher wird bei den Kürzungsurteilen einfach so Erforderlichkeit mit Angemessenheit gleichgesetzt.

    Hier begründet die Richterin, wieso bzw. wie sie den Maßstab Angemessenheit in die Erforderlichkeit nach § 249 BGB mit einbezieht:

    Während bei der Abrechnung des Geschädigten ein eher großzügiger Maßstab anzulegen ist, bei dem sogar im Einzelfall erhöhte Gutachterkosten noch als „erforderlich” i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 2 BGB angesehen werden, gilt bei der Abrechnung des Sachverständigen gegenüber dem Schädiger und dessen Versicherung eine engere Betrachtungsweise.

    Ein solcher eng an der „Erforderlichkeit” des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB orientierter Maßstab ist auch dann anzuwenden, wenn – wie hier – sich der Sachverständige den Restschadenersatzanspruch, der sich in den restlichen Sachverständigenkosten erschöpft, vom Geschädigten abtreten lässt. Hierdurch versucht gerade der Sachverständige, die ihm gegenüber geltende eher enge Betrachtungsweise zugunsten eines großzügigeren Maßstabes zu umgehen.

    Ich erinnere mich, daß wir vor 2 1/2 Jahren hier schon einmal eine angeregte Diskussion darüber hatten, wie die Gerichte zu urteilen haben, wenn der Sachverständige aus abgetretenem Recht vorgeht.

    Man kann das Urteil des AG Ratzeburg werten wie man will. Zumindest unterscheidet es zwischen Erforderlichkeit und Angemessenheit. Und es erklärt, wieso sich der Sachverständige (nach Auffassung des Gerichts) einen strengeren Maßstab entgegenhalten lassen muß als der Geschädigte. Die Richterin hat sich mit der Problematik (auch dogmatisch) auseinandergesetzt und hat die problematischen Aspekte nicht „einfach so“ übergangen.

  4. Juri sagt:

    Und über dieser Richterin nur noch der blaue Himmel – nicht einmal der liebe Gott.
    Selten so ein dummes Zeug gelesen.

  5. F-W Wortmann sagt:

    Hallo Herr Kollege Schepers,

    bei dem Sachverständigen, der aus abgetretenem Recht die restlichen Sachverständigenkosten gerichtlich geltend macht, ist – entgegen Ihrer Darstellung – kein strengerer Massstab anzulegen. Der Sachverständige macht auch beim abgetretenen Recht den Schadensersatzanspruch des Geschädigten geltend. Mit der Abtretung wandelt sich der Charakter des Anspruchs nicht um. Mit der Abtretung an den Sachverständigen wandelt sich der Schadensersatzanspruch aus §§ 823, 249 BGB nicht um in einen Werklohnanspruch aus §§ 631, 632 BGB, nur weil jetzt der Forderungsinhaber der Sachverständige ist. Auch in der Hand des Sachverständigen bleibt es nach der Abtretung ein Schadensersatzanspruch des Geschädigten.

    Also kommt es darauf an, ob und in welcher Höhe der Geschädigte Anspruch auf die restlichen Sachverständigenkosten hat und hatte. Wenn der Geschädigte den Schaden nicht selbst beziffern kann, hat er das Recht, einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen mit der Feststellung und Dokumentation des Schadens zu beauftragen. Die dadurch entstehenden Kosten sind grundsätzlich erforderlicher Wiederherstellungsaufwand (BGH NJW 2007, 1450 ff.). Ist dem Geschädigten kein Auswahlverschulden vorzuwerfen, so sind grundsätzlich die vom Sachverständigen berechneten Kosten erforderliche Kosten der Wiederherstellung. Mithin sind diese Kosten vom Schädiger zu ersetzen.

    Daran ändert sich dann auch nichts, wenn der Geschädigte seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen abtritt. Denn durch den Abtretungsvertrag wird der Charakter des Schadensersatzanspruchs nicht geändert. Lediglich die Person des Fordernden wird geändert, § 398 BGB.

    Also sind auch keine strengeren Massstäbe zu setzen, nur weil jetzt der Sachverständige der Gläubiger des Schadensersatzanspruchs ist. Es wird eben kein Werklohn gefordert, sondern Schadensersatz.

    Schon von daher ist das Urteil schlichtweg Schrott. Nur wegen des Nichtnachmacheffektes wurde das Urteil hier veröffentlicht.

  6. RA Schepers sagt:

    Hallo Herr Kollege Wortmann,

    ich sage nicht, daß das Urteil richtig ist. Und ich sage nicht, daß sich durch die Abtretung an den Sachverständigen der Inhalt des Schadensersatzanspruch ändert.

    Ich wollte hervorheben, daß es sich (wohl) um das erste „Kürzungsurteil“ handelt, das sich mit den dogmatischen Problemen bei einer Kürzung auseinandersetzt. Ich darf in diesem Zusammenhang Kollegen Otting zitieren, der am 10.4.11 hier schrieb:

    Aber am Ende macht der BGH die Dogmatik dann halt selbst.

    Manchmal reicht es nicht aus, sich auf die Argumentation zurückzuziehen, als Sachverständiger einen abgetretenen Honoraranspruch geltend zu machen, der der Höhe nach nicht überprüft werden dürfe.

    Nur wegen des Nichtnachmacheffektes wurde das Urteil hier veröffentlicht.

    Dieses Nichtnachmachen bezieht sich zumindest auch auf die Argumentation in der Klageschrift (hoffe ich).

    Für falsch halte ich bei diesem Urteil insbesondere den Vergleich jeder einzelnen Rechnungsposition mit der BVSK – Bandbreite. Wenn schon ein Vergleich stattfindet, dann kann es nur auf die Endsumme der Rechnung ankommen. Denn das, was der SV in der einen Rechnungsposition günstiger ist als die BVSK-Bandbreite, muß er in der anderen Rechnungsposition wieder rausholen können. Nur das Endergebnis kann entscheidend sein für die Frage der Angemessenheit/Erforderlichkeit.

    Innerhalb der BVSK-Bandbreite hätte noch ein Honorar von 488,44 € = 581,24 € brutto gelegen. Abgerechnet wurden aber nur 454,10 € brutto.

    Was die Richterin da gemacht hat, ist Rosinentheorie…

  7. HUK 6-5-000 sagt:

    Hallo, Babelfisch,
    dass das Urteil keinen Beifall findet, steht außer Frage.
    Mich wundert der MIx in den Entschedungsgründen, will aber gleichwohl mal die positiven und schadenersatzrechtlich zutreffenden Beurteilungen herausstellen, denn m.E. gibt es nur schwerlich DAS ideale Urteil ….und vergessen sollte man auch nicht, dass es manchmal extrem schwierig ist, mit der Klagebegründung den Nagel auf den Kopf zu treffen, was das Verständnis des Richters oder der Richterin angeht. Dann aber sollte einer Berufung seitens des Gerichts auch nichts in den Weg gestellt werden. Und nun zum Positiven:

    Eingangs durchaus richtige Überlegungungen. Dann aber kommt der gedankliche Crash, wenn die Richerin mutmaßt: „Dies gilt aber nicht für den Sachverständigen selbst.“

    Sie hält zutreffend den Geschädigten freigestellt von einem Verstoß gegen die Schadengeringhaltungspflicht, belastet aber den vom Geschädigten beauftragten Sachverständigen damit, dass dieser die Nichterforderlichkeit, Unangemessenheit und unterstellte Überhöhung im Gegensatz zu seinem Auftraggeber hätte erkennen können. Und dann wird auch wieder ein Honrartableau bemüht und gerechnet, was das Zeug hält. Da kommt dann aber wohl einiges völlig durcheinander, wenn es da heißt:

    „…gilt bei der Abrechnung des Sachverständigen gegenüber dem Schädiger und dessen Versicherung eine engere Betrachtungsweise.“

    Der Schädiger und dessen Versicherung waren wohl nicht der Auftraggebeber für das Schadengutachten im Rahmen einer werkvertraglichen Beziehung. Auftraggeber war der Geschädigte und woraus sollte sich eine „engere Betrachtungsweise“ herleiten lassen für den bestehenden Schadenersatzanspruch auf vollständige Regulierung der dem Geschädigten entstandenen Gutachterkosten?

    Da steht in deutlichem Widerspruch zu den bereits zuvor richtig erkannten Beurteilungskriterien.

    Ansonsten ist dem Urteil aber auch was Gutes abzugewinnen, was die ominöse, aber so begeistert gefeierte Obergrenze den Nebenkosten unter Berufung auf das bekannte Urteil des LG Saarbrücken angeht, wenn es dann heßt:

    „Entgegen der Ansicht des LG Saarbrücken im Urteil, Az. 13 S 37/12, vom 22.06.2012 in der von Beklagtenseite zitierten Entscheidung ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts der Ansatz von weiteren Nebenkosten neben dem Sachverständigenhonorar zulässig und deren Gesamthöhe N I C H T auf 100,00 € beschränkt.“

    „Diese Einschränkung hat das LG Saarbrücken auch nur für „Routineschadensgutachten” getroffen, wobei dann – soweit man dem LG Saarbrücken folgt – noch zu klären sein wird im konkreten Einzelfall, bei welchen Schäden von einem Routineschadensgutachten auszugehen sein wird und wo nicht, und welche Kriterien zur Abgrenzung heranzuziehen sein werden. Eine solche Einschränkung ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts im Bereich der Nebenkosten nicht vorzunehmen, …“

    Für die Nebenkostenfreaks ist das nicht gerade ein Paradeurteil, fördert andereseits aber eine Klärung. Man kann übrigens feststellen, dass hier der Kläger sogar noch moderat abgerechnet hat. Keine EDV-Kosten, keinen Fahrzeitaufwand, sehr niedrige Fotokosten, aber nix mit provokativen 50 Cent pro Foto oder anderen Niedrigpreisspekulationen. Damit zaubert die Versicherung des Unfallverursachers immer wieder das weiße Kaninchen aus dem Zylinder, den vermeintlichen Zwang zu einer werkvertraglichen Betrachtung unter Angemessenheits- und Üblichkeitsgesichtspunkten
    mit vergleichender Gegenüberstellung von einzelnen Kostenpositionen.

    Schließlich darf aber auch auf folgende Erkenntnisse im positiven Sinne hingewiesen werden:

    „Üblich ist diejenige Vergütung, die für Leistung gleicher Art und Güte sowie gleichen Umfangs am Leistungsort nach allgemein anerkannter Auffassung bezahlt werden muss. Die Anerkennung der Üblichkeit setzt gleiche Verhältnisse in zahlreichen Einzelfällen voraus, wobei sich die übliche Vergütung regelmäßig innerhalb einer bestimmten Bandbreite bewegen wird, die Ausreißer nicht berücksichtigt (vgl. BGH VersR 2006, 1131). Da es im Bereich von Sachverständigengutachten an einheitlichen Abrechnungsmethoden und allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, ist die übliche Vergütung durch das Gericht nach § 287 ZPO zu schätzen.“

    Dazu noch ein letzter Hinweis. Der angesprochenen Punkt bezieht sich auch auf den Werkvertrag. Üblichkeit geht deshalb garnicht, denn man würde dabei nach der Definition realitätsfremd unterstellen, dass alle Sachverständigen am Ort im Prognosebereich zu gleichen Ergebnissen kommen würden, dass alle Gutachten von gleicher Art und Güte sein müßten und zwar auch was den Umfang und die Qualität der beweissichernden Tatsachenfeststellung angeht. Aber auch eine allgemein anerkannte Auffassung gibt es dazu nicht, wie auch nicht gleiche Verhältnisse in zahlreichen Einzelfällen. Deshalb sind die Honorarerhebungen von Berufsverbänden vergleichend gerade nicht geeignet, die Frage der Erforderlichkeit in schadenersatzrechtlicher Zuordnung abzuklären. Eine Schätzung nach § 287 ZPO ist weder veranlaßt noch möglich.

    Schlußendlich ist auch hier der Tatbestand einer „Gebührenabrechnung“ nicht festzustellen. Dennoch ist das Urteil erkenntniserhellend, vorausgesetzt, dass der Leser dazu auch bereit ist.

    Mit freundlichen Grüßen
    HUK 6-5-000

  8. Boris sagt:

    Hallo, Herr Schepers,
    Herr Wortmann hat es Ihnen jetzt noch mal richtig erklärt und…
    der Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, sondern des Schädigers. Das und alles Andere ist inzwischen zu Genüge geklärt. Hier geht es nicht um eine Diskussion, wie Gerichte zu urteilen haben, wie Sie meinen bzw. glauben anmerken zu müssen (Ich habe Ihre damit verbundene Absicht schon verstanden), sondern einzig und allein um die Verdeutlichung, wie unterschiedlich das immer wieder gleiche Thema abgehandelt wird und welche Fragen sich dann daraus ergeben.

    Aber welcher vom Gesetz gestützten Beurteilungspraxis reden Sie denn hier das Wort ? Wo hat denn der Sachverständige gegenüber dem Schädiger abgerechnet ? Es ist doch ganz klar ersichtlich, dass hier die Richterin etwas durcheinander gebracht hat und darüber darf man diskutieren. Kein Mensch bezweifelt, dass sich die Richterin mit dem Thema befaßt hat, aber von einer Problematik kann bei bestem Willen keine Rede sein und es wäre schlimm genug, wenn die Richterin nicht in der Lage gewesen wäre, zwischen werkvertraglich orientierter Angemessenheit und schadenersatzrechtlich orientierter Erforderlichkeit deutlich unterscheiden zu können, wozu manche Volljuristen offenbar nicht in der Lage sind. Ansonsten mal wieder von Ihnen ein weichspülender Kommentar.

    Boris

  9. F-W Wortmann sagt:

    Hallo Herr Kollege Schepers,
    Sie sind mir bei Ihrem Kommentar von 16.34 h ausgewichen. Zunächst hatten Sie behauptet, dass es nach dem Urteil für den Sachverständigen strengere Masstäbe gebe als für das normale Unfallopfer.
    Und da meine ich, dass das falsch ist. Durch die Abtretung kann sich die Intensität des anzulegenden Massstabs nicht verändern. Da hilft auch nicht weiter, was Herr Otting 2011 gesagt hat.
    Auf die Person des Neugläubigers kann es doch nicht ankommen. Massgeblich ist doch der Anspruch selbst. Im Falle der Abtretung ist der der Abtretungsvereinbarung zugrunde liegende Anspruch – hier der Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen den Versicherer – massgeblich. Und da bleibt es auch nach der Abtretung ein Schadensersatzanspruch.

    Bei einem Schadensersatzanspruch dürfen aber nicht Angemessenheit und Üblichkeit geprüft werden. Bei einem Schadensersatzanspruch kommt es einzig und allein – auch nach der Rechtsprechung des BGH – auf die Erforderlichkeit an. Auch wenn der BGH nach Herrn Otting die Dogmatik selbst macht, kann er nicht um das Merkmal der Erforderlichkeit i.S.d. § 249 BGB herumkommen. Deshalb Dogmatik hin oder Dogmatik her.

    Was wäre denn gewesen, wenn das Unfallopfer den Schadensersatzanspruch an die Sparkasse Vörde abgetreten hätte? Hätten dann noch strengere Massstäbe gegolten? Natürlich nicht, denn es kommt auf die Person des Neugläubigers nicht an. Dem Neugläubiger kann nur das entgegen gehalten werden, was auch dem Altgläubiger hätte entgegengehalten werden können. Also ist das Urteil insoweit absolut Schrott.

    Was dahinter steckt ist doch klar, seitens der Versicherungswirtschaft soll mit – gelinde gesagt – unsinnigen Schriftsätzen die Rechtsprechung des BGH unterlaufen werden. Deshalb erscheint es auch wichtig und richtig, den Anfängen bereits im Vorfeld zu wehren.

    Wenn schon die Angemessenheit in den Rahmen der Erforderlichkeit einbezogen wird, was ich für falsch erachte, dann muss das erkennende Gericht aber auch erklären, warum unangemessene Wiederherstellungskosten durchaus auch als erforderlich angesehen werden können. Nicht nur (werkvertraglich) angemesse Kosten sind (schadensersatzrechtlich) erforderliche Kosten. Auch (werkvertraglich) unangemessene und unübliche Kosten können (schadensersatzrechtlich) erfo5rderlich i.S.d. § 249 BGB sein. Also konmmt es letztlich nicht auf die Angemessenheit an. Mit dieser Problematik hat sich das Gericht aber nicht ausreichend auseinander gesetzt. Auch insoweit ist das Urteil Schrott.

  10. RA Schepers sagt:

    @ Boris

    der Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, sondern des Schädigers.

    Richtig.

    Und hier möchte der Erfüllungsgehilfe des Schädigers vom Schädiger Geld. Einen Schadensersatzanspruch des Geschädigten, den der Erfüllungsgehilfe des Schädigers sich hat abtreten lassen, damit sein Honoraranspruch gegen den Geschädigten erfüllt wird (erfüllungs statt oder erfüllungs halber). Und wenn etwas an dem Honoraranspruch des Erfüllungsgehilfen des Schädigers gegenüber dem Geschädigten nicht in Ordnung ist, soll dies nicht zu Lasten des Geschädigten gehen, sondern zwischen dem Erfüllungsgehilfen des Schädigers und Schädiger selber geklärt werden. Der Geschädigte soll bei dieser Auseinandersetzung außen vor bleiben.

    Und jetzt kommt der Erfüllungsgehilfe des Schädigers und sagt dem Schädiger: In diesem Prozeß stehe ich stehe an Stelle des Geschädigten. In diesem Prozeß bin ich nicht der Erfüllungsgehilfe des Schädigers. Wenn es Probleme mit meinem Honorar gibt, darf das nicht zwischen dem Geschädigten und mir als Erfüllungsgehilfe des Schädigers ausgetragen werden, sondern muß zwischen dem Schädiger und mir als Erfüllungsgehilfe des Schädigers ausgetragen werden. Da ich aber jetzt in diesem Prozeß nicht als Erfüllungsgehilfe des Schädigers auftrete, sondern an Stelle des Geschädigten, darfst Du als Schädiger mir so etwas nicht entgegenhalten lassen. Vielmehr mußt Du diesen Prozeß verlieren (weil ich hier ja an Stelle des Geschädigten klage). Und danach kannst Du mich dann (in einem neuen Prozeß) in Regreß nehmen, diesmal dann mich als Erfüllungsgehilfe des Schädigers.

    Da denkt sich dann eine Amtsrichterin aus Ratzeburg: irgendetwas stimmt hier nicht. Es kann doch nicht sein, daß der SV berechnen kann was er will, und die Versicherung einfach so zahlen muß, weil der SV gegenüber der Versicherung nicht seinen Honoraranspruch geltend macht, sondern den Schadenersatzanspruch des Geschädigten. Ich möchte auch in solchen Fällen eine Kontrolle des SV-Honorars durchführen können. Und als dogmatischen Ansatz wähle ich …

    Und die Reaktion hier: das darf nicht sein, weil ja Schadenersatz. Keine Diskussion. Alles andere ist völlig falsch. Das Urteil ist so schlecht, daß es nur als schlechtes Beispiel dienen kann. Aprilscherz. Unglaublich. Schrotturteil.

    Ich fürchte, bei solchen Gegenargumenten wird künftig mit weiteren Urteilen dieser Art zu rechnen sein…

  11. Karle sagt:

    @RA Schepers

    1. Hat der Sachverständige hier nachweislich kein überzogenes Honorar gefordert. Demzufolge gab es nicht die geringste Veranlassung, irgend einen juristischen Unfug zu konstruieren.

    2. Hat sich ein Richter an Recht und Gesetz zu halten und entsprechend sachlich zu urteilen. Persönliche Meinungen oder Empfindlichkeiten haben hinten an zu stehen.

    3. Ist die Rechtslage eindeutig. Der Geschädigte hat einen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger. Geregelt ist dieser u.a in dem BGH-Urteil VI ZR 67/06. Diesen Anspruch kann er abtreten an wen er will. An Omma, Oppa oder auch an die Sparkasse Vörde von Herrn Wortmann. Der Schädiger muss an den Zessionär die entsprechende Leistung erbringen, wobei es im rechtlichen Sinne keine Rolle spielt, wer diesen Schadensersatz beim Schädiger geltend macht. Ob also Omma, Oppa oder der Sachverständige die Hand aufhält, ist völlig egal.

    4. Sofern der Schädiger die Forderung für überzogen hält, ist er ja nicht rechtlos gestellt. Er kann sich den Anspruch des Geschädigten abtreten lassen und beim Sachverständigen entsprechend regressieren, wobei der Schädiger dann jedoch die Beweislast trägt.

    5. Könnte der Sachverständige als Folge der Kürzungen des Gerichts beim Geschädigten die Differenz wieder geltend machen. Und was ist dann? Klagt der Geschädigte diesen Rest dann wieder bei der gegnerischen Versicherung ein? Denn dem Geschädigten steht der Restbetrag ja ohne wenn und aber zu – auch nach Ihrer Theorie.

    6. Werden wir mit Sicherheit noch weitere schwachsinnige Urteile wie dieses lesen. Das liegt aber auch mit daran, dass einige Rechtsanwälte diese wilden Thesen unterstützen oder zumindest mit diesen rechtswidrigen Verirrungen sympathisieren.

    7. Sind Sie stets empört, wenn man Sie in die Versicherungsecke stellt. Woran könnte das wohl liegen?

    8. Hatte Babelfisch recht, dass nichts so schlecht sein kann, als dass man es nicht noch toppen könnte. And the winner is ??? => Rechtsanwalt Schepers.

  12. F-W Wortmann sagt:

    Hallo Herr Kollege Schepers,
    ich gehe davon aus, dass Sie selbst nicht das glauben, was Sie um 18.50 geschrieben haben.

    In einem haben Sie Recht. Der Sachverständige kann nicht grenzenlos liqudieren. Wenn der Geschädigte erkennt, dass das berechnete Honorar wucherisch ist, also Leistung und Gegenleistung nicht mehr in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen, dann muss er die Leistung verweigern. Dann ist aber auch das so berechnete Honorar in den Augen des Geschädigten nicht als erforderlicher Herstellungsaufwand anzusehen. Es kommt einzig und allein auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung bzw. der Rechnungslegung an. Erkennt der Geschädigte, dass das Honorar aus seiner laienhaften ex-ante-Sicht zweckmäßig und angemessen ist, ist es auch der Höhe nach erforderlich i.S.d. § 249 BGB. Auch überhöhte Sachverständigenkosten sind zu ersetzen. Allerdings ist der Schädiger nicht schutzlos. Wie bereits vielfach hier im Blog vorgetragen, kann der Schädiger den Vorteilsausgleich suchen. Dafür muss er sich aber den vermeintlichen Bereicherungsanspruch des Geschädigten gegen den Sachverständigen, der sich aus dem Werkvertrag ergibt, abtreten lassen. Dann ist der Schädiger Neugläubiger gegenüber dem Sachverständigen, der seinerseits den Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht gegen den Schädiger geltend macht.

    Einfach so im Wege der „Aufrechnung“ kürzen, geht nicht, da sich keine zwei gleichartigen Forderungen gegenüberstehen. Das Verhältnis Sachverständiger zum Schädiger ergibt sich nur daraus, dass ersterer Erfüllungsgehilfe des letzteren ist, § 278 BGB. Der Schädiger kann nur dann gegen den SV regressieren, wenn er aus abgetretenem Recht Forderungsinhaber eines Bereicherungsanspruchs gem. § 812 BGB wird. Daran fehlt es aber im obigen Urteil. Die Beklagte hat noch nicht einmal vorgetragen, Forderungsinhaber einer Bereicherungsforderung gegenüber dem Sachverständigen zu sein. Gleichwohl meint das Gericht eigenmächtig kürzen zu können. Ein absolutes No Go.

  13. Willi Wacker sagt:

    Herr RA. Schepers,
    offenbar haben Sie noch nicht den Sinn des Vorteilsausgleichs verstanden. Auf den ist der Schädiger und sein Versicherer gerade verwiesen, wenn es darum geht, dass auch vermeintlich überhöhte Sachverständigenkosten in vollem Umfang zu erstatten sind. Der Vorteilsausgleich macht nur dann Sinn, wenn vorher vermeintlich überhöht geleistet werden musste. Typischer Fall sind eventuell überhöhte Sachverständigenkosten, die aus der Sicht des Ersatzpflichtigen zu ersetzen sind, weil der Geschädigte sie als erforderlichen Wiederherstellungsaufwand ansehen durfte, aber in den Augen des Ersatzpflichtigen überhöht sind. Er muss leisten, hat aber die Möglichkeit sich das zurückzuholen, was seiner Sicht nach zu viel ist.

  14. RA Schepers sagt:

    @ Willi Wacker

    offenbar haben Sie noch nicht den Sinn des Vorteilsausgleichs verstanden.

    Doch habe ich. Dabei obliegt dem Schädiger dann die Beweislast (wie Karle zutreffend anführt).

    Er [der Schädiger) muss leisten, hat aber die Möglichkeit sich das zurückzuholen, was seiner Sicht nach zu viel ist.

    Und bei wem zurückholen? Beim SV. Zum gleichen Ergebnis kommt das AG Ratzeburg.

    @ Kollegen Wortmann

    Dafür muss er sich aber den vermeintlichen Bereicherungsanspruch des Geschädigten gegen den Sachverständigen, der sich aus dem Werkvertrag ergibt, abtreten lassen.

    Wenn ich mich richtig erinnere, gibt es Urteile, nach denen die Versicherung zum Schadenersatz verurteilt werden nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Geschädigten gegen den SV. Wenn der SV dann aus abgetretenem Recht vorgeht, den Anspruch aber nur gegen Abtretung der Regressansprüche gegen sich selber geltend machen kann, ist der Weg nicht mehr weit, das „in einem“ abzuarbeiten (auszuurteilen).

    @ Karle

    zu 1.
    Einverstanden.

    zu 2.
    Richtig. Aber das hat die Richterin am AG Ratzeburg auch gemacht. Auch wenn das Urteil im Widerspruch zu anderen Urteilen steht. Richterliche Rechtsfortbildung, richterliche Unabhänigkeit etc. Man mag das Urteil für falsch halten. Aber dadurch wird es nicht illegal.

    zu 3.
    Das sehe ich nicht ganz so deutlich wie Sie.

    zu 4.
    Einverstanden (vgl. oben)

    zu 6.
    Hier gab es schon einige wilde Thesen, die der BGH dann später gebilligt hat ….

    zu 7.
    Das nicht. Und woran das liegt? Vielleicht an reflexartigen Reaktionen einiger Kommentatoren hier…

    zu 8.
    Wußte gar nicht, das hier ein Wettbewerb läuft 😉
    Und nur kein Neid, Sie bekommen auch noch Ihre Chance 😉

    zu 5.
    Spannende Idee. Die Versicherung kann beim SV das überhöhte (= nicht erforderliche) Honorar regressieren. Der SV kann das dann fehlende Resthonorar beim Geschädigten einfordern. Der Geschädigte wiederum kann sich dieses Resthonorar bei der Versicherung wiederholen. Und dann geht das Spiel von vorne los…

    Irgendwas scheint nicht zu passen, oder? 😉

  15. Babelfisch sagt:

    Die Richterin hatte über die Frage zu urteilen, ob der ANSPRUCH zu Recht bestand. Nicht zur Debatte bzw. zur Entscheidung stand die Frage, welche PERSON Inhaber des Anspruchs war.
    Die Thesen, nach der sich der Schadensersatzanspruch nach einer Abtretung ändert, findet keinerlei Rückhalt im Gesetz, den Motiven zu diesem Gesetz oder der Kommentierung. Dies hätte auch die Richterin wissen müssen, hat sie wahrscheinlich auch. Aber sie hat sich (bewußt) darüber hinweg gesetzt, um ein aus ihrer Sicht richtiges Urteil abzusetzen. Hier sehe ich das Problem: es kann nicht angehen, dass – aus welchen Motiven auch immer – Einzelne bestehende Regelungen ignorieren. Dann brauchen wir uns auch solche Regeln nicht zu geben.
    Dann kann ich auch selbst entscheiden, ob die Regelung zu einer Geschwindigkeitseinschränkung für mich Geltung hat und im Falle, dass dies nicht so ist, eben so schnell fahren, wie ICH es will.
    Alle anderen – richtigen – Ausführungen in dem Urteil sind Makulatur, weil sie eben nicht dazu führen, dass dem Anspruchinhaber zu seinem Recht in voller Höhe verholfen wird.

  16. Karle sagt:

    @RA Schepers

    Sie bleiben also tatsächlich bei Ihren rechtswidrigen Thesen? Und ich dachte schon, Sie hätten gestern etwas zu tief ins Glas geschaut? Ihre (Un)Verständnis zum Recht werden die Sachverständigen in Ihrem Umfeld sicher (bestürzt) zur Kenntnis genommen haben und bei künftigen Empfehlungen bestimmt entsprechend „würdigen“. Wer braucht schon einen Anwalt, der Schadensersatzrecht und Werkvertragsrecht nicht unterscheiden kann und den rechtswidrigen Thesen der Versicherung folgt bzw. irgend einer Richterin das Wort redet, die vom Schadensersatzrecht keine Ahnung hat?

    Punkt 5 sollten Sie vielleicht noch einmal lesen. Den haben Sie nämlich auch nicht verstanden bzw. absichtlich oder unabsichtlich mit Punkt 4 „vermischt“.

  17. Dipl.-Ing. Andreas Hoppe sagt:

    @RA Schepers,

    nur weil der Richterin etwas nicht passt oder sauer aufstößt, ist das kein Grund Recht falsch anzuwenden, ja sogar zu beugen.

    Mir passen die Prüfberichte, in denen suggeriert wird, ich hätte einen Schaden zu hoch bzw. falsch kalkuliert, obwohl nur Verrechnungssätze reduziert werden, auch nicht. Deswegen darf ich aber auch nicht mit einem großkalibrigen Gewehr in die nächste Schadenaußenstelle rennen und wild um mich schießen.

    Recht ist und bleibt Recht. Die einschlägigen Gesetze geben eine klare Linie für die Rechtsprechung.

    Wenn der SV zu hoch abgerchnet hat, bekommt er sein Honorar aus abgetretenem Recht selbstverständlich in voller Höhe. Die Versicherung geht in einem zweiten Prozess gegen den SV vor und nimmt ihn in Regress. Hat der SV tatsächlich zu hoch abgerechnet, wird die Versicherung das problemlos beweisen bzw. feststellen lassen können! Der SV zahlt dann alle (!) Kosten, die auf Grund des zu hohen Honorars angefallen sind (Prozesskosten 1 und Prozesskosten 2 und überhöhtes SV-Honorar).

    Und welcher Geschädigte wird auf Anforderung des SV das restliche (nachgewiesenermaßen überhöhte) Honorar bezahlen? Und wenn er es tut, kann es doch für die Versicherung nichts besseres geben, dieser Geschädigte wird nie wieder zu diesem SV gehen! Und am Stammtisch wird er seine Kollegen, Freunde und Bekannte „warnen“.

    Und warum gehen die Versicherer diesen Weg, der am Ende als Verlierer nur den SV kennt, nicht? Weil die SV in aller Regel eben keine überhöhten Honorare abrechnen! Im Gegenteil: Die „SV“, die ich kenne, die jenseits von Gut und Böse abrechnen, sind dermaßen unqualifiziert, dass die Versicherung davon profitiert (bspw. Restwerte aus Restwertbörse statt regionaler, allgemeiner Markt…), sodass auch das überteuerte Honorar für ein unqualifiziertes Gutachten gerne erstattet wird…

    Bei solchen Urteilen verliere ich den Glauben in die Rechtsprechung, denn das ist nichts anderes als (Halb-)gott in schwarzer Robe und gegen solche handwerklichen Fehlleistungen muss es schnellstens ein Mittel geben. Der Fliesenleger, der meine Fliesen kreuz und quer legt, muss schließlich auch auf eigene Kosten nachbessern.

    Viele Grüße

    Andreas

  18. RA Schepers sagt:

    @ Karle

    Sie bleiben also tatsächlich bei Ihren rechtswidrigen Thesen?

    Meine Thesen? Da haben Sie wohl etwas falsch verstanden. Welche Thesen von mir finden Sie denn in meinen Kommentaren zum Urteil des AG Ratzeburg? Vielleicht sollten Sie meine Kommentare noch einmal lesen….

    …und den rechtswidrigen Thesen der Versicherung folgt bzw. irgend einer Richterin das Wort redet, die vom Schadensersatzrecht keine Ahnung hat?

    Wo habe ich das? Wie gesagt, vielleicht sollten Sie meine Kommentare noch einmal lesen…

  19. Klaus H. sagt:

    Weitaus interessanter wäre es, noch zu erfahren, wo diese Richterin in ihrem Studium das vermittelt bekommen hat.

    Klaus H.

  20. Alois Aigner sagt:

    Grüß Gott Klaus H.,
    vermutlich an der Hochschule Coburg.
    Servus Aigner Alois

  21. huk4711 sagt:

    Hallo, Babelfisch,
    das Urteil wurde von Dir erst am 19.d.M. hier auf captain-huk.de eingestellt und hat immerhin 20 Kommentare (!) ausgelöst. Bis jetzt wurde die Seite, also in wenigen Tagen, bereits 6160 x aufgerufen.
    Das ist doch schon recht bemerkenswert und zeigt auch das exponentiell wachsende Interesse an qualifizierter Information und Kommentaren. Da kann kein Berufsverband der freiberuflich tätigen Sachverständigen mithalten und inzwischen wird auch klar, dass http://www.captain-huk.de zwar versicherungskritisch, nicht aber versicherungsfeindlich ausgerichtet ist.

    Mit freundlichem Gruß

    huk4711

  22. Klaus-Dieter P. sagt:

    Hi, huk4711,
    bei so viel Eau de Cologne, wäre es doch nicht falsch, wenn a l l e namhaften Berufsverbände der qualifizierten und unabhängigen Kraftfahrzeugsachverständigen das Internetportal http://www.captain-huk.de weiter fördern und unterstützen würden und solange das nicht der Fall ist, kann man zumindest vermuten, dass es solche Berufsverbände in unserer Bundesrepublik gar nicht gibt und jetzt höre ich schon den Aufschrei, aber der genügt als solcher nicht und auch EDITORIALS bieten sich nicht als Lösung an.

    Herzlichst

    Klaus-Dieter P.

  23. Willi Wacker sagt:

    Hallo Huk 4711,
    so ist es. Hier werden natürlich in erster Linie Urteile gegen HUK-Coburg und andere eingestellt, um darzustellen, dass die Versicherungen – und insbesondere die Huk-Coburg – rechtswidrig die Geschädigten mit Almosen abspeisen. Andererseits werden auch für die Versicherung positive Urteile hier veröffentlicht, allerdings werden diese dann mit dem Zusatz „Kritisch zu betrachten!“ versehen. Die von der HUK-Coburg initiierte Aktion, dieses Portal und Autoren dieses Portals als versicherungsfeindlich darzustellen, geht eindeutig über das Ziel hinaus, zeigt es allerdings andererseits auch die Nöte dieser Versicherung aus Coburg. Dieser Blog wird daher weiterhin Geschädigte, Unfallopfer, Sachverständige usw. aufklären.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  24. Andres M. sagt:

    Hola, Klaus-Dieter P,
    da habe ich doch gestern ein solches EDITORIAL aufmerksam gelesen und da ist mir eine Passage besonders ins Auge gefallen, die da lautet:

    „Wer heute noch glaubt, die Zukunft des Sachverständigen sei ausschließlich zu sichern durch die immer wieder gleichen Argumente zum Sachverständigenhonorar verliert aus den Augen, dass die Zukunft der Sachverständigen jetzt aktiv gestaltet werden muß durch eine Neudefinition des Berufsbildes, durch Etablierung neuer Fachgebiete und durch Dokumentation der objektiver Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen bei Verkehrsunfällen mit hochmodernen Fahrzeugen.“

    Aha, habe ich gedacht, worauf zielt der EDITORIAL-Schreiber denn wohl ab ? Dann ist es mir schnell wie Schuppen von den Augen gefallen und ich konnte mit ein mildes Lächeln nicht verkneifen. Da ist etwas, was ihn über die Maßen ärgert, weil er glaubt, sich in der Honorarfrage nicht aus dem Fenster lehnen zu dürfen. Vielleicht hat ihn auch Mr. Unbekannt etwas unter Druck gesetzt und angeregt, gegen das, was ihn ärgert etwas zu unternehmen, weil es viele Andere auch noch ärgert und da greift man dann zu einem scheinbar altbewährten Mittel, die Existenzängste zu wecken, die eine „Anpassung“-welcher Art auch immer-erfordern. Lieber EDITORIAL-Schreiber, führe zuerst mal Deine eigenen Schafe aus dem Tal der Tränen, laß sie erkennen, wie ein verkehrsfähiges und qualifiziertes unabhängiges Sachverständigen-Gutachten auszusehen hat, vermittle ihnen ein Quentchen Zivilcourage und verzichte darauf, ihnen dauernd einreden zu wollen, dass da schon jemand ist, der für sie denkt und alles richtet. Dabei ist ein auffälliges Maß an Schraubendreher-Logik nicht zu übersehen. Für die Entsorgung der Worthülsen sollte der EDITORIAL-Verfasser selber sorgen.-
    Andres M.

  25. J.U. sagt:

    Hallo, Herr Schepers,
    nachdem ich gerade heute Ihre Kommentare zu diesem Urteil gelesen habe muß ich feststellen, dass Sie ein Rabulist reinsten Wassers sind. Von daher sind aber Ihre Kommentare immer wieder interessant. Weiter so.-

    J.U.

  26. RA Schepers sagt:

    @ J.U.

    Ich musste Rabulist zwar erst mal googeln, aber vielen Dank 🙂

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