AG Kiel verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung der Sachverständigenkosten für die Erstellung eines Schadensgutachtens bei einer Schadenshöhe von 956,11 € netto mit Urteil vom 11.6.2014 – 122 C 217/13 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

nachfolgend geben wir Euch wieder ein ordentlich begründetes Sachverständigenkosten-Urteil des AG Kiel vom 11.6.2014 bekannt. Wieder war es die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. , die nicht in der Lage war, die berechneten Sachverständigenkosten als vollständige  Schadensersatzleistung zu erbringen. Wieder wurde von der HUK-COBURG versucht, diesen Reparaturschaden von knapp 1.000,- € als sogenannten Bagatellschaden zu verkaufen. Der HUK-COBURG müsste aber bekannt sein, dass der BGH die (fließende) Bagatellschadensgrenze bei circa 715,– € gezogen hat. Von diesem Betrag ist der Reparaturkostenbetrag aber weit entfernt. Gilt etwa in Coburg nicht mehr die BGH-Rechtsprechung? Auf jeden Fall hat der Amtsrichter der 122. Zivilabteilung des AG Kiel die HUK-COBURG in ihre Schranken gewiesen.  Kurz und bündig – ohne Exkursion in irgendwelche unsinnige rechtsdogmatische Höhen – , so können Urteile auch aussehen. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

122 C 217/13

Verkündet am: 11.06.2014

Amtsgericht Kiel

Urteil

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., vertreten durch d. Vorstandssprecher Rolf-Peter Hoenen, Hopfenstr. 29, 24088 Kiel

– Beklagte –

hat das Amtsgericht Kiel durch den Richter am Amtsgericht … auf die mündliche Verhandlung vom 21.5.2014
für  R e c h t  erkannt:

1.   Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 299,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.6.2013 zu zahlen.

2.   Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.   Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.   Der Streitwert beträgt Euro 299,00.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen nach § 313 a ZPO.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Beklagte haftet zu 100 % als Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug … , dessen Fahrer durch offensichtlich unachtsame Rückwärtsfahrt das klägerische Fahrzeug beschädigte. Im Hinblick auf das Verschulden dieses Fahrers tritt die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges vollständig zurück.

Zum ersatzfähigen Schaden zählen auch die angefallenen Sachverständigenkosten in Höhe der Klagforderung. Die Sachverständigenkosten als Folge des Unfalls sind grundsätzlich zu erstatten. Nur bei geringfügigen Schädigungen stellt die Inanspruchnahme eines Sachverständigen einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des Geschädigten dar, da bei geringfügigen Schäden davon ausgegangen werden kann, dass der Schädiger bzw. seine Versicherung sie ohne Vorlage eines Gutachtens erstellte. Diese Geringfügigkeitsgrenze ist hier nicht überschritten. Dabei kann dahinstehen, ob die Geringfügigkeitsgrenze noch entsprechend dem Urteil des BGH vom 30.11.2004, Aktenzeichen VI ZR 365/03, zitiert nach juris, bei höchstens Euro 700 anzusiedeln ist oder ob im Hinblick auf die Teuerung von einer etwas höheren Geringfügigkeitsgrenze auszugehen ist. Der Schaden hier war jedenfalls mit Euro 956,11 Netto nicht geringfügig. Der Fall weist zudem keine Besonderheiten auf, die zu einer anderen Beurteilung führen könnte. Insbesondere konnte der Kläger aus der Art des Schadens keinen Schluss ziehen, dass die Beklagte die Kosten ohne Gutachten tragen würde.

Neben der Hauptforderung hat die Beklagte Verzugszinsen zumindest ab dem 12.6.2013 in der gesetzlichen Höhe zu zahlen. Sie geriet mit Zugang ihres Schreibens vom 10.6.2013 in Verzug, mit dem sie die Zahlung der Sachverständigenkosten verweigerte.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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10 Antworten zu AG Kiel verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung der Sachverständigenkosten für die Erstellung eines Schadensgutachtens bei einer Schadenshöhe von 956,11 € netto mit Urteil vom 11.6.2014 – 122 C 217/13 -.

  1. Scouty sagt:

    Sorry, aber die Entscheidungsgründe sind für mich nicht so ganz verständlich, wenn es dort u.a. heißt: „….da bei geringfügigen Schäden davon ausgegangen werden kann, dass der Schädiger bzw. seine Versicherung sie ohne Vorlage eines Gutachtens erstellte(?).“

    Der Vorsitzende BGH-Richter Wolfgang Ball hat bereits auf dem 3.Deutschen Autorechtstag am 19.03.2010 auf dem Petersberg bei Bonn den Bagatellschaden definiert und hierzu sinngemäß u.a. ausgeführt, dass man unter Bagatellschäden allenfalls solche Schäden verstehen könne, bei denen nur der Lack geringfügig beschädigt wurde. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

    Es wäre ja auch noch schöner, wenn sich ein Haftpflichtversicherer ex post aus seiner Sicht anmaßt darüber zu befinden, was unter dem Begriff „Bagatellschaden“ einzuordnen ist mit dem Ziel, Kosten einer beweissichernden Tatsachenfeststellung bei der Unfallschadenregulierung nicht zu berücksichtigen, denn auch hier ist die „ex ante Sicht“ des Geschädigten vorrangig zu beachten. Als höchst eigenartig muß man allerdings anmerken, dass die HUK-Coburg-Versicherung schon bei wesentlich geringeren Schadenhöhen, teilweise unter 500,00 € (!), sich nicht scheut, selbst Gutachten in Auftrag zu geben und da ist dann plötzlich der Begriff des Bagatellschadens nicht mehr aktuell. Man denke hierüber, wie man will, jedoch sollte man diese Beobachtung für den Fall der Fälle gut in Erinnerung behalten.

    Gruß
    Scouty

  2. NUR MAL SO GESAGT sagt:

    Wenn man nach BGH VI ZR 225/13 schon nicht an die ach so ärgerlichen Sachverständigenkosten herankommt, dann doch gleich mit Erhöhung der Bagatellschadensgrenze die Sachverständigen ganz aus dem Geschäft drängen. So mutet das Vorgehen der Huk an. Nur leider ist auch dieser Versuch gescheitert. Wann gibt die Huk und andere nun endlich auf und reguliert nach Recht nd Gesetz? Das musste nur mal so gesagt werden.

  3. Willi Wacker sagt:

    Hallo Scouty,
    schon bereits vor dem Petersberger Autorechtstag hat der VIII: Zivilsenat des BGH für den Bagatellschaden eine Definition abgegeben. Danach sind als Bagatellschäden bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-) Schäden anerkannt, nicht jedoch andere (Blech-) Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war (vgl. BGH VIII. Zivilsenat DS 2008, 104, 106). Damit ist eigentlich bereits alles gesagt. Jede Beschädigung des Blechs ist daher nicht mehr als Bagatellschaden anzusehen.

  4. Scouty sagt:

    Danke für den Hinweis W.W. Insoweit ist ja dann auch Übereinstimmung festzustellen.Auch hier gilt wieder: Sie müssen die Unsinnigkeit der Infragestellung nicht erst noch bemerken, denn sie wissen sehr wohl darum.
    Regulierungsverweigerung bei schadenersatzrechtlich so einfachen Sachverhalten zeigt deutlich, was von so einer Versicherung zu halten ist. Die damit einhergehende Provokation und Verdummung ist unübersehbar.

    Scouty

  5. Willi Wacker sagt:

    Hallo Scouty,
    auch die Herren der Rechtsabteilung der HUK-COBURG haben die NJW und andere juristische Zeitschriften sowie Kommentare, wie Palandt oder Münchner Kommentar zum BGB und andere, vorliegen. Die Herren der Rechtsabteilung sind mit Sicherheit auch des Lesens kundig. Auch haben die Herren der Rechtsabteilung mit Sicherhet Kenntnis von den Vorträgen auf dem Petersberger Autorechtstag, wenn einige von ihnen nicht selbst sogar dort Vorträge gehalten haben.

    Gleichwohl – oder extra – wird behauptet, dass bei einem Schaden von knapp 1000,– €, wie im vorliegenden Fall, ein Bagatellschaden vorliegt. Da wird seitens der HUK-COBURG und ihrer Anwälte bewusst wider besseren Wissens vorgetragen. Das ist in meinen Augen bedenklich.

    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  6. Babelfisch sagt:

    Ja, die Bagatellschadengrenze. Der richterlichen Willkür sind dabei Tor und Tür geöffnet. Nach dem Trommelfeuer der Versicherungsanwälte zur Bagatellschadenhöhe hat sich bei den Hamburger Amtsgerichten eine Grenze von 1.000,00 € eingependelt, von Ausnahmen abgesehen. Begründet wird dies im Wesentlichen mit einer Preissteigerung bei den Reparaturkosten.
    Die gleichen Richter und Richterinnen stimmen dann aber auch dem Streichkonzert der Versicherer bei den Reparaturkosten unter Verweis auf angeblich günstigere Werkstätten zu.
    Wo sind wir eigentlich???

  7. Gloeckchen sagt:

    das neue HUK-Tableau beginnt erst ab 1000,-€.
    Alles darunter ist also Bagatelle!
    Es heisst auch nicht mehr Schadenhöhe „bis“ soundsoviel €,sondern „bei“.
    meiner Meinung nach eine Ausgeburt von Intransparenz!
    Die Rechtslage spielt keine Rolle mehr.
    Nebenbei:
    Bei Repko unter WBA soll der Nettobetrag der Repko der Gegenstandswert sein.
    Bei Repko über WBA soll der WBW brutto der Gegenstandswert sein.
    Wer diese Differenzierung versteht,der hat echt voll die Ahnung von dem Nutto und dem Bretto.
    So „vergüten“ die m.E. dem „geneigten“ SV(Restwertbörsennutzer) die BGH-widrige Restwertangabe.

  8. Vaumann sagt:

    @Babelfisch
    ….in der Bananenrepublik?

  9. BORIS sagt:

    Hallo, Babelfisch,
    1000,00 € als Mindestschadenhöhe für die Berechtigung zur Einholung einer Und wie beweist der Geschädigte mit einem geschätzten Reparaturkostenbedarf unter 1000,00 € seinen Schadenersatzanspruch ?

    Wer prüft die Minderwertfrage, die Reparaturdauer, die Schadenfeststellungsrisiken, die Reparaturwürdigkeit bei älteren Fahrzeugen, Wiederbeschaffungswert und „Restwert“ usw. ? Wie steht es mit der beweissicherenden Fotodokumentation, die ggf. bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung für eine Unfallanalyse wichtig ist ? Es gibt vermehrt Rechtstreitigkeiten bei einem unfallbedingten Reparaturkostenbedarf von deutlich unter 1000,00 €. Gleichwohl sehen die Gerichte Veranlassung, ex post Beweis durch Einholung eines Gutachtens zu erheben, das Kosten verursacht, die sogar den Streitwert übersteigen können. Wie ist eine solche Relation erklärlich, wenn man berücksichtigt, dass sich ein Kostenvoranschlag beschränkt auf eine Prognose des Reparaturkostenbedarfs, aber andere schadenregulierungstechnische Randbedingungen unberücksichtigt lassen muß ? Oder anders gefragt:
    Wie beweist der Geschädigte seinen Schadenersatzanspruch bezüglich des unfallbedingten Reparaturkostenbedarfs, der noch nicht feststeht, aber deutlich niedriger liegen könnte als 1000,00 €, mit allen weiter auszuleuchtenden Schadenersatzpositionen für den Reparaturfall ?

    Mit freundlichen Grüßen

    BORIS

  10. HD-30 sagt:

    Einem solchen Richter wünsche ich, dass ihm einer auf seine A-Kuppung fährt, aber so, dass sich nun die Frage erhebt ob diese Kupplung weiter verwendet werden kann, oder eben nicht?
    Der SV prüft und bescheinigt dem Herrn Richter per Gutachten, anders geht’s ja nun mal nicht, dass er diese Kupplung unbedeklich weiter verwenden kann. Schadensumme somit Null.
    Was nun Herr Richter – und wird er das alleine zahlen? Ja ja, – ich weiß – das kann man nicht vergleichen.

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