Berufungskammer des LG Münster sieht ebenso wie das AG Dülmen in der „Reparaturfreigabe“ ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis und weist Berufung der Versicherung mit Beschluss vom 4.2.2014 – 03 S 134/13 – zurück.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

nachstehend geben wir Euch einen Beschluss der Berufungskammer des LG Münster sowie das zugrundeliegende Urteil des AG Dülmen und das Schreiben des Berichterstatters der Berufungskammer an den Herrn Rechtsanwalt des Klägers, mit dem darauf hingewiesen wurde, dass die von der Beklagtenseite (Fahrer, Halter und Versicherung als Gesamtschuldner) eingelegte Berufung gegen das angefochtene Urteil des AG Dülmen keine Aussicht auf Erfolg bietet, bekannt. Nur in diesem Kontext ist der Beschluss des LG Münster nach § 522  II ZPO zu verstehen. Deshalb veröffentlichen wir zunächst den Beschluss des LG Münster, sodann das Schreiben des Berichterstatters der Kammer und dann das angefochtene Urteil des AG Dülmen.  In der Sache selbst ist dem Amtsrichter und auch den Berufungsrichtern zuzustimmen. Die von den Kfz-Haftpflichtversicherern erklärte „Reparaturfreigabe“ bedeutet ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Durch dieses Anerkenntnis soll dem Streit die Ungewissheit entzogen und Einreden und Einwände gegen Grund und Höhe der Forderung unterbunden werden. Das deklaratorische Schuldanerkenntnis bestätigt eine bereits bestehende Schuld nach Grund und Höhe (vgl. Creifelds, Rechtswörterbuch, 20. A. 2011, S.1056).  Nur so war die „Reparaturfreigabe“ zu verstehen, nachdem kein Gutachten eingeholt worden war. Zur Abgabe der zum formlos gültigen Schuldanerkenntnis gerichteten Willenserklärung der Versicherung war deren Mitarbeiterin auch über die Rechtsscheinvollmacht bevollmächtigt, so dass sich die Versicherung auch nicht mehr auf eine fehlende Vertretung berufen konnte. Der Geschädigte muss sich schon auf das verlassen können, was die Sachbearbeiterin der Versicherung verbindlich erklärt. Andererseits muss sich auch der Versicherer an dieser Erklärung festhalten lassen. Anderenfalls wäre der Geschädigte ja völlig verlassen!  Insgesamt also eine schöne Entscheidung. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker

03 S 134/13
3 C 377/12
Amtsgericht Dülmen

Landgericht Münster

Beschluss

In dem Rechtsstreit

1.       der …
2.       der …
3.       des …

Beklagten und Berufungskläger,

gegen

Herrn …

Kläger und Berufungsbeklagten,

hat die 3. Zivil (-Berufungs-) Kammer des Landgerichts Münster/Westf. durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht … , den Richter am Landgericht … und den Richter am Landgericht …

am 04.02.2014

beschlossen:

Die Berufung der Beklagten vom 13.08.2013 gegen das Urteil des Amtsgerichts Dülmen vom 20.06.2013, Az. 3 C 377/12, wird kostenpflichtig gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Der Streitwert für die Berufung wird auf 1.323,37 € festgesetzt.

Die zulässige Berufung war gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da die Kammer davon überzeugt ist, dass sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und schließlich eine mündliche Verhandlung auch aus sonstigen Gründen nicht geboten erscheint.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die angegriffene Entscheidung selbst und den Hinweis des Vorsitzenden vom 28.10.2013 verwiesen.

Auch die Ausführungen in dem Schriftsatz vom 28.11.2013 rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

Ergänzend ist auszuführen:

Es mag zutreffen, dass in einer Vielzahl von Fällen die Haftungsfrage nicht geklärt ist und auch nicht kurzfristig geklärt werden kann. Das schließt aber gerade nicht aus, dass es auch Fälle gibt, in denen gerade das zumindest grundsätzlich möglich ist. Dies liegt nicht nur auf der Hand, sondern folgtauch aus denm von den Beklagten erstmals mit dem genannten Schriftsatz vorgelegten Formular „Reparaturkosten-Übernahmebestätigung“. In diesem ist unter Pkt. C. 1. ausdrücklich auch die Möglichkeit vorgesehen, dass der Versicherungsnehmer zu 100 % und damit sehr wohl in vollem Umfang haftet. Dieses Formular ist zwar nicht von der Beklagten zu 1. ausgefüllt und unterzeichnet worden; das Amtsgericht hat aber auf der Grundlage einer ausführlichen Beweiswürdigung eine vollständige Haftungsübernahme der Beklagten zu 1. als gegeben angesehen.

Soweit die Beklagten argumentieren, dass Grundlage einer Reparaturfreigabe nur der jeweils bekannte Sachverhalt sein kann und auch deshalb ein Einwendungsverzicht durch die Mitarbeiterin der Beklagten zu 1, bezogen auf die volle Haftung dem Grunde nach nicht abgegeben werden kann, übersehen die Beklagten, dass diese Mitarbeiterin sich vorab nicht nur den Schaden hat schildern lassen, sondern sich demgegenüber vor Abgabe ihrer (hier streitigen) Erklärung einen Kostenvoranschlag und Lichtbilder vom beschädigten Fahrzeug hat übermitteln lassen. Der Zeuge … durfte damit sehr wohl annehmen, die Sachbearbeitern habe eine ausreichende tatsächlich Grundlage für die Abgabe auch einer Erklärung bezogen auf den genannten Einwendungsverzicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

———————————————–

Landgericht Münster

28.10.2013

Aktenzeichen 03 S 134/13

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

in dem Rechtsstreit …

beabsichtigt die Kammer, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren. Die Gründe dafür sind:
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Auch aus anderen Gründen ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten. Gem. § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Bei der vorzunehmenden Prüfung hat das Berufungsgericht gem. § 829 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Derartige Zweifel sind nicht gerechtfertigt, wenn sich das erstinstanzliche Gericht an die Grundsätze des § 286 ZPO gehalten hat und das Berufungsgericht keinen Anlast sieht, von dem Ergebnis der Beweiswöürdigung abzuweichen; dies ist hier der Fall. Das erstinstanzliche Gericht hat sich ausweislich der Urteilsgründe mit den Angaben und Erklärungen der Parteien sowie insbesondere der Aussage des vernommenen Zeugen … intensiv auseinandergesetzt; die Beweiswürdigung des Amtsgerichts ist insgesamt nicht zu beanstanden.
Im Ergebnis dieser Beweiswürdigung hat das Amtsgericht den klägerischen Vortrag, wonach die zuständige Sachbearbeiterin der Beklagten zu 1) im Anschluss an die Übermittlung eines Kostenvoranschlages sowie Lichtbildern gegenüber dem Zeugen … eine „Reparaturfreigabe“ bis zu einer Höhe von 3.000 € erklärt habe, als zufreffend festgestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf das angegriffene Urteil (Bl. 133 f. GA) verwiesen.
Hieran ist die Kammer gem. § 529 ZPO gebunden; diese Feststellungen in rein tatsächlicher Hinsicht werden von der Berufung auch nicht angegrifen.

Diese Erklärungen der Sachbearbeiterin der Beklagtan zu 1) hat das Amtsgericht im Folgenden zusammengefasst dahin ausgelegt, dass die Beklagte zu 1) unter der Bedingung, die Reparatur übersteige 3,000 € nicht, Einwendungen (und damit auch solche zum Schadensgrund) nicht erheben wolle.
Gegen diese Auslegung wendet sich die Berufung.

Die rechtliche Auslegung von Willenserklärungen unterfällt zwar nicht der bereits mehrfach genannten Regelung des § 529 ZPO (Wulf in Beck’scher OK ZPO [Stand 15.07.2013], § 529, Rz. 7; BGH in NJW 2004, 2751 f. unter I. 1. a)). Die Kammer schließt sich der Würdigung des Amtsgerichts aber ausdrücklich an. Maßgeblich ist, was der eigentliche Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Der reine Wortlaut („… Reparaturfreigabe bis zu einem Betrag von 3,000 € …“) gestattet sicher nicht den zwingenden Schluss auf einen Einwendungsverzicht und damit die volle Kostenübernahme. Zu berücksichtigen sind aber femer die Begleitumstände der Erklärung und auch die Interessen der Parteien, insbesondere auch der Beklagten zu 1) bei Abgabe dieser Erklärung. So hat die Sachbearbeiterin der Beklagten zu 1) zunächst die Erklärung erst nach Kenntnis von Kostenvoranschlag und Lichtbildern gemacht. Ferner hat sie – mit Ausnahme der Begrenzung auf 3.000 € – ihre Erklärung frei von weiteren Einschränkungen oder Bedingungen gemacht. Die Sachbearbeiterin hatte danach Kenntnis vom Schadensumfang an sich und ist in ihrer Freigabe sogar noch (maßvoll) über die voraussichtlich nach dem Kostenvoranschlag entstehenden Kosten hinausgegangen. Diese beliefen sich auf etwa 2400 €. Wenn Sie unter diesen Umständen eine Freigabe erklärt, die sogar über die voraussichtlichen Kosten hinausgeht, ohne weitere Einschränkungen und Bedingungen aufzustellen, so konnte und musste der Erklärungsempfänger diese Aussage dahin verstehen, dass auch weitere Einwendungen nicht erhoben werden.

Mit der Argumentation der Berufungsbegründung wäre es den Beklagten demgegenüber auch im Anschluss an die Erklärung der Sachbearbeiterin der Beklagten zu 1) möglich gewesen, den Schaden dem Grunde nach nicht nur lediglich bei einer Haftungsquote von 50 % zu akzeptieren, sondern insgesamt eine Regulierung abzulehnen und vielmehr von einer Haftung der Fahrerin des klägerischen Fahrzeuges zu 100 % auszugehen.
Eine schnelle Regulierung und sofortige Reparatur lag schließlich auch im Interesse der Beklagten zu 1). Bei einem Streit ober die Haftungsquote hätte zumindest die Möglichkeit bestanden, dass der Kläger in einer ihn nicht gemäß § 254 BGB vorwerfbaren Weise eine sofortige Reparatur des Fahrzeuges nicht in Auftrag gegeben hätte. Dies hätte zur Folge gehabt, dass dann signifikant höhere Nutzungsausfallentschädigungen angefallen wären, für die die Beklagten u.U. einstandspflichtig gewesen wären. Auch dies spricht für die Annahme, dass der Erklärungsempfänger seinerzeit die Aussage der Sachbearbeiterin zu 1) dahin verstehen durfte, dass (ohne jede Einschränkung) eine Regulierung des Schadens bis zu einem Betrag von 3.000 € vorgenommen werden wird.

Den in der Berufung genannten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Stuttgart und Oldenburg lagen jeweils andere Sachverhalts zugrunde. Die Erklärungen wurden jeweils nicht von einem Sachbearbeiter, sondern von einem beauftragten Sachverständigen (Stuttgart) bzw. einem „Besichtiger“ (Oldenburg) nach Feststellung von Anknüpfungstatsachen abgegeben. Aus den dortigen Begleitumständen ergab sich damit einerseits, dass – nur das betraf die Erklärenden – die Erhebung weiterer Anknüpfungstatsachen einer Reparatur nicht entgegen stand. Andererseits war – ebenfalls anders als in dem vorliegenden Fall – zweifelhaft, ob die Erklärenden überhaupt rechtsverbindlich für die Versicherung Erklärungen abgeben konnten.

Zutreffend ist das Amtsgericht schließlich davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1) auch für die übrigen Beklagten rechtsverbindlich die Regulierung des Schadens vornehmen und darauf gerichtete Erklärungen abgeben konnte. § 10 Abs. 5 AKB.

Die Berufungskläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zugang dieses Hinweises.

Mit freundlichen Grüßen

—————————————————

3 C 377/12                                                                                        Verkündet am 20.06.2013

Amtsgericht Dülmen

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn …

Klägers,

gegen

1. die …
2. Frau …
3. Herrn …

hat das Amtsgericht Dülmen
auf die mündliche Verhandlung vom 20.06.2013
durch die Richterin am Amtsgericht …

für Recht erkannt:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner Bn den Kläger 1.323,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Bsiszinssatz seit dem 29.06.2012 zu tahlen.

Die Beklagten werden weiter verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 188,24 € nebst Zinsen i.H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2012 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldner auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Hdhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 28.05.2012. Beteiligt an dem Unfall waren die Ehefrau des Klägers, die Zeugin… , als Fahrerin des klägerischen Pkw des Fabrikats Seat (amtliches Kennzeichen …) sowie der Beklagte zu 3) als Führer des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen … , welches bei der Beklagten zu 1)
haftpflicht versichert. Die Beklagte zu 2) ist die Halterin des Fahrzeugs.

Die Zeugin … beabsichtigte am Unfalltage rückwärts in eine parallel zur August-Brust-Straße verlaufende Parklücke vor der AWO Kindertagesstätte einzuparken. Hinter der Zeugin … näherte sich das Beklagtenfahrzeug in gleicher Fahrtrichtung. Der Beklagte zu 3), der die Parkabsichten der Zeugin … erkannte, wartete den Einparkvorgang nicht ab, sondern versuchte das Klägerfahrzeug zu passieren, wobei es zu einer Kollision kam. Der genaue Unfallhergang ist streitig. Der Beklagte zu 3) gab an der Unfallstelle an, die Schuld am Zustandekommen des Unfalls zu tragen. Auf Hinzuziehung der Polizei wurde verzichtet.

Der Kläger ließ das Fahrzeug am 30.05.2012 durch die Firma … GmbH & Co. KG instand setzen. Seinen – der Höhe nach unstreitigen – Schaden beziffert er wie folgt:

Reparaturkostenrechnung v. 02.06.2012                     2.419,44 EUR
Mietwagenrechnung v. 30.05.2012                                 202,30 EUR
allg. Kostenpauschale                                                       25,00 EUR

insgesamt                                                                  1.646,74 EUR

Auf den Schaden zahlte die Beklagte zu 1) in der Folgezeit gemäß Abrechnungsschreiben vom 15.08.2012 den hälftigen Anteil, mithin 1.323,3? EUR. Durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21.08.2013 forderte der Kläger die Beklagte zu 1) vergeblich zur Zahlung des Restbetrages in Höhe der Klageforderung auf. Die Rechtschutzversicherung des Klägers hat diesen ermächtigt, die von ihr erstatteten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 188,24 EUR im eigenen Namen geltend zu machen.

Der Kläger behauptet, die beklagte Versicherung habe gegenüber dem Zeugen … nach Erhalt eines Kostenvoranschlags und von Lichtbildern am 30.05.2012 fernmündlich eine Reparaturfreigabe ohne Einschränkungen erklärt. Aufgrund dieser Reparaturfreigabe sei die Reparatur erfolgt. Das Erteilen einer mündlichen Freigabe durch den Versicherer sei üblich und gängige Praxis. Des Weiteren ist der Kläger der Auffassung, dass die Beklagtenseite zu 100 % für das Unfallereignis einzustehen habe und behauptet hierzu, dass seine Ehefrau den Einparkvorgang schon zu mindestens 2/3 abgeschlossen habe, als das Beklagtenfahrzeug mit überhöhter Geschwindigkeit an dem von ihr geführten Fahrzeug entlanggeschrammt sei.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten, dass ein Mitarbeiter der Beklagten zu 1) die Reparatur freigegeben hätten und vertreten hierzu die Auffassung, dass mit einer entsprechenden Erklärung die Frage der vollständigen Haftung nicht verbunden wäre. Zum Unfallhergang behaupten sie, dass der Beklagte zu 3) das stehende Klägerfahrzeug passierten wollte und die Ehefrau des Klägers erst rückwärts gefahren sei, kurz bevor das Beklagtenfahrzeug auf gleicher Höhe wie das Klägerfahrzeug gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat die Parteien persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … und .. . Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 28.02.2012 und 20.06.2013 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein weiterer Zahlungsanspruch in geltend
gemachter Höhe aufgrund des in Rede stehenden Unfallereignisses zu.

Es kann dahinstehen, ob die Beklagten dem Kläger über die erbrachte Leistung hinaus gemß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 115 VVG einstandspflichtig sind. Der Anspruch des Klägers ist jedenfalls aus §§ 311, 241 BGB gerechtfertigt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die beklagte Versicherung eine Reparaturfreigabe gegenüber dem von dem Kläger insoweit ermächtigten Zeugen … erteilt hat, § 286 ZPO. Der Zeuge hat im Rahmen seiner Vernehmung ausgesagt, den Schaden in Augenschein genommen und Lichtbilder und einen Kostenvoranschlag erstellt zu haben. Über den Klager habe er die Kontaktdaten der beklagten Versicherung erhalten und mit einer Mitarbeiterin der Erstbeklagten telefoniert, welche lediglich nach der Schadenshöhe gefragt habe. Da die Mitarbeiterin die Zusendung von Fotos und des Kostenvoranschlags gewünscht habe, habe er die geforderten Untertagen noch am selben Tag per Email unter Angabe der zugeteilten Schadennummer übersandt. Bei einem Folgetelefonat mit der Sachbearbeiterin habe diese ihm ausdrücklich eine Reparaturfreigabe bis zu einem Betrag von 3.000,00 EUR erteilt. Den Betrag habe er sich seinerzeit aufgeschrieben. Einschränkungen oder Vorbehalte seien nicht erklärt worden. Für ihn sei daher klar gewesen, dass die Versicherung den Schaden übernehmen werde. Es sei gängige Praxis und Tagesgeschehen, dass die Haftpflichtversicherer bei kleineren Schäden mündlich die Freigabe erklären. Anderenfalls werde mit der Reparatur gewartet oder ein Sachverständiger hinzugezogen.

Das Gericht folgt der Aussage des Zeugen. Anhaltspunkte, dessen Angaben in Zweifel zu ziehen, haben sich für das Gericht nicht gegeben, zumal die Klägerseite
einen Ausdruck der von dem Zeugen am 30.05.2012 um 12:08 Uhr an die Erstbeklagte versandten Email zur Akte gereicht hat. Der Zeuge hat das Geschehen detailliert und widerspruchsfrei geschildert; ein eigenes persönliches oder wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits vermochte das Gericht nicht festzustellen. Die beklagte Versicherung hat die für den Schaden zuständige Sachbearbeitung nicht benannt und einen Gegenbeweis nicht angetreten.

Die telefonisch erteilte Freigabe der Reparatur bis zu einem Betrag von 3.000,00 EUR kann unter Beachtung des Empfängerhorizonts nur dahin verstanden werden, dass sich die Erstbeklagte bezüglich ihrer (vollen) Einstandpflicht festgelegt hat, solange die Reparaturkosten sich bei maximal 3.000,00 EUR beliefen und keine Einwendungen mehr erheben wollte. Anderenfalls hätte auch ein Hinweis auf die ungeklärte Haftungsfrage oder auf eine noch vorzunehmende Prüfung der Anspruchsberechiigung nahegelegen. Im Bereich der Kfz-Reparaturen entspricht es zudem einer gängigen Übung, sich durch Erteilung einer Reparaturfreigabe zur Übernahme der Kosten zu verpflichten (vgl. zum Problemkreis auch AG Hannover, Urteil vom 24.04.1998, 528 C 2630/96, Schaden-Praxis 1997,118, zit. nach juris). Es liegt mithin ein (deklaratorisches) Schuldanerkenntnis vor, wodurch der Sache die Ungewissheit entzogen und die Verwirklichung der Forderung von möglicherweise bestehenden Einwendungen oder Einreden befreit wurde. Eine besondere Schriftform haben die Parteien für das auch formlos wirksame deklaratorische Anerkenntnis nicht vereinbart. Für den Kläger bestand auch kein Anlass, an der Verbindlichkeit der Freigabeerklärung zu zweifeln.

Die Erklärung der Mitarbeiterin der beklagten Versicherung ist der Erstbeklagten jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsschennvollmacht zurechenbar. Weiterhin entfalten die Erklärungen der beklagten Versicherung aufgrund des Versicherungsvertrages und deren Bedingungen auch bindende Wirkungen für die weiteren Beklagten.

Die geltend gemachten Nebenforderungen sind dem Grunde und der Höhe nach aus Verzug gerechtfertigt, §§ 280, 288 BGB bzw. § 291 BGB.

Die prozessuafen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Und jetzt bitte Eure Kommentare.

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