Vielen Dank, Bundesverfassungsgericht!

Eingeklagt waren im Januar 2016 gekürzte Sachverständigenkosten in Höhe von 72,49 € zuzüglich Kosten einer Halteranfrage gegen den Halter des bei der HUK-COBURG versicherten Halters des unfallverursachenden Fahrzeuges.

Das zuständige AG Bad Segeberg ordnete ein Verfahren nach § 495 a ZPO an, stellte die Klagschrift an den Beklagten zu. Es meldeten sich bekannte Versicherungsanwälte und erklärten, der Beklagte wolle sich verteidigen und beantragten, die Klage abzuweisen.

Dann geschah nahezu vier Monate nichts, so dass eine Anfrage an das Gericht nach dem Stand der Dinge erfolgte. Die Vertretung der zuständigen Richterin erteilte daraufhin den Hinweis, das diese erst wieder in zwei Monaten genesen sein werde und erst dann mit einer „Förderung des Verfahrens“ zu rechnen sei.

Eine weitere Anfrage nach dem Stand der Dinge im Januar 2017 wurde beantwortet mit einem klagabweisendem Urteil. In diesem Urteil bezog sich das Gericht auf eine Klagerwiderung, die den Rechtsanwälten des Klägers jedoch nicht zugestellt wurde. Inhaltlich erklärte das Urteil, die vom Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten in Höhe von 1.427,05 € lägen unterhalb (!) der Bagatellschadengrenze, so dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich gewesen wären. (Hinweis: Das zuständige Berufungsgericht LG Kiel zog zu diesem Zeitpunkt die Bagatellschadengrenze bei 750,00 €). Es folgte damit dem Vortrag aus einer Klagerwiderung, welche dem Kläger nicht zugestellt worden war.

Auf die daraufhin eingelegte Gehörsrüge wurde die Klagerwiderung übersandt und diese als unbegründet zurück gewiesen mit der Begründung, „dass eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise nicht erfolgt sei. Selbst wenn dem Kläger der Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Beklagen (Anm.: die Klagerwiderung) nicht vorgelegen hat und dieser daher zu dessen Inhalt nicht Stellung nehmen konnte, beruht das im Tenor bezeichnete Urteil nicht darauf, dass das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen nicht zu Kenntnis genommen hat, sondern allein auf einer abweichenden Beurteilung der Rechtslage durch das Gericht.“

Gegen diesen Beschluss des AG Bad Segeberg aus März 2017 legte der Kläger fristgerecht Verfassungsbeschwerde ein und begründete diese unter anderem mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.12.2013, Az.: 1 BvR 859/13.

Es erfolgte ein einstimmiger Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats im Mai 2018:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen!

Danke!

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9 Antworten zu Vielen Dank, Bundesverfassungsgericht!

  1. Fred Fröhlich sagt:

    Das kommt mir alles sehr bekannt vor, da es mir genauso erging.
    Fakt ist, dass unser Rechtssystem hier versagt. Das Bundesverfassungsgericht kommt seiner ihm zugedachten Aufgabe im Justizsystem nicht nach. Nach offensichtlichen Fehlurteilen und Beugung geltenden Rechts, der Ablehnung von Gehörsrüge und Berufung gibt es keine weitere Möglichkeit mehr, da das Bundesverfassungsgericht als letzte Instanz die dringend notwendige Korrektur dieser „Schrotturteile“ ablehnt.
    Im „Polizeistaat“ DDR gab es die Eingabe an den Staatsratsvorsitzenden als letztes Mittel. Wenn diese Eingaben von der werktätigen Klasse kamen, wurde oft Erstaunliches erreicht und den sich (in jedem Land) verselbstständigenden Justizorganen die Schranken gewiesen.
    Es muss die Möglichkeit geben, die Rechts- und Verfassungsmäßigkeit hoheitlicher Maßnahmen überprüfen zu lassen und sein Recht auch gegen den Staat durchzusetzen. Art. 19 Abs. 4 GG bestimmt: „Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.“ Die umfassende Rechtskontrolle durch den ungehinderten Zugang zu allen Gerichten ist ein wichtiges Grundelement des Rechtsstaatsprinzips. Dieses Grundelement wird durch das Bundesverfassungsgericht durch die „Nichtannahme von Entscheidungen“ erheblich verletzt. Mit „ungehindertem Zugang“ ist nicht die Tür des Gerichtsgebäudes gemeint, sondern die inhaltlichen Auseinandersetzung mit offensichtlichem Unrecht!

  2. HR sagt:

    Danke, Babelfisch, für die unverzügliche Redaktion.
    Der von Dir beschriebene Vorgang ist leider kein Einzelfall und sollte Anlaß geben, sich auf solche Vorgehensweise auszurichten mit allen Möglichkeiten, die der Gesetzgeber und die Zivilprozeßordnung eröffnen, denn über einen Käfig voller Narren noch durch Inaktivität schützend die Hand zu legen, wäre wohl kaum der richtige Weg. Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom. Deshalb ruhig bei passender Gelegenheit einen erneuten Anlauf wagen und notfalls auch das Bundesjustizministerium von einem solchen Vorgang in Kenntnis setzen, wie auch die BaFin und vor allen Dingen geeignete Presseorgane mit der richtigen Headline.

    Mit besten Grüßen

    HR

  3. Glöckchen sagt:

    DER Hammer!
    Def.Bagatellschaden gem.BGH VIII ZR 253/05:
    „Wie der Senat in diesem Zusammenhang weiter erkannt hat,sind“Bagatellschäden“ bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige äußere (Lack-)Schäden,nicht dagegen andere (Blech-)Schäden,auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war;“
    Zitat von Dieter Hildebrand:“Es hilft nichts,das Recht auf seiner Seite zu haben.Man muß auch mit der Justiz rechnen.“
    Klingelingelingelts?

  4. Hein Blöd sagt:

    In identischer Situation Dienstaufsichtsbeschwerde.
    Folge:Eintrag in die Personalakte des „Rechtsbeugers“ ist erfolgt.
    Das macht der jedenfalls nie wieder!

  5. Ra Imhof sagt:

    §38 I Deutsches Richtergesetz:
    „Der Richter hat folgenden Eid in öffentlicher Sitzung eines Gerichts zu leisten:
    „“Ich schwöre,das Richteramt getreu dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und getreu dem Gesetze auszuüben,nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen,so wahr mit Gott helfe.““
    Ich habe dem nichts hinzuzufügen außer der Verdachtsdiagnose einer beginnenden Demenz und deshalb fraglich gewordener Dienstfähigkeit,wenn ein Richter seinen eigenen Schwur nicht mehr erinnert.

  6. Kardinalsfehler sagt:

    Der Klägervertreter hätte umgehend der Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch das Gericht gem. §495a S.1 ZPO mit einem Antrag gem.§ 495a S.2 ZPO begegnen müssen.
    Bei einer Anordnung des schriftlichen Verfahrens muss leider regelmäßig auch in glasklaren Fällen mit dem Schlimmsten gerechnet werden.

  7. Juri sagt:

    Ra Imhof: „Ich habe dem nichts hinzuzufügen außer der Verdachtsdiagnose einer beginnenden Demenz und deshalb fraglich gewordener Dienstfähigkeit,wenn ein Richter seinen eigenen Schwur nicht mehr erinnert.“

    Da scheint es mit der geistigen Gesundheit der Richterschaft aber schlecht bestellt zu sein und hier insbesondere der weiblich Anteil. Was man da schon hat alles lesen müssen…

  8. virus sagt:

    Definition richterlicher Demenz – Unterordnung von Recht und Gesetz dem Lobby gesteuerten Willen der Politik.

  9. Iven Hanske sagt:

    Auch mir ist diese Willkür nicht unbekannt, so dass ich nur bei dem Gericht auf eine mdl. Verhandlung und umfangreiche Schriftsätze verzichte, welches seinen richterlichen Eid noch nicht vergessen hat. Da aber trotzdem vereinzelt überrascht wird, so stelle ich in jedem Verfahren den Antrag auf Hinweis nach §139 ZPO und Zulassung der Berufung. Ist zwar oft bei diesen Herrschaften sinnlos, gibt aber die Möglichkeit des Befangenheitsantrag und der Dienstaufsichtsbeschwerde, was wiederum zur Dokumentation des aktiven Unrecht führt.

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