AG Saarlouis verurteilt Generali Versicherung AG zur Zahlung vorgerichtlich gekürzter Sachverständigenkosten in Höhe von 239,79 € mit Urteil vom 13.11.2015 – 29 C 1051/15 (16) -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

von Wetzlar in Hessen geht es nach Saarlouis im Saarland. Nachfolgend geben wir Euch hier ein positives Urteil des Amtsgerichts Saarlouis zu den Sachverständigenkosten gegen die Generali Versicherung bekannt. Zutreffend hat das erkennende Gericht darauf hingewiesen, dass der Geschädigte regelmäßig seiner ihm obliegenden Darlegungslast zur Schadenshöhe dadurch nachkommt, dass er die Rechnung des Sachverständigen vorlegt. Auf die Begleichung kommt es – anders als der BGH meint – nicht an, denn bereits die Belastung mit einer Zahlungsverpflichtung steht der Bezahlung gleich, weil es keinen Unterschied machen kann, ob der Zahlungspflichtige eine Sekunde vor oder nach der Klageerhebung zahlt oder nicht. In beiden Fällen ist er um sein Vermögen gemindert. Daher handelt es sich bei den berechneten Sachverständigenkosten auch um einen mit dem Unfallschaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 I BGB auszugleichenden Vermögensschaden (vgl. BGH DS 2007, 144 = NJW 2007, 1450). Lest aber selbst das Urteil aus Saarlouis und gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße und noch eine närrische Zeit, für die, die es mögen, denn am Aschermittwoch ist alles vorbei.
Willi Wacker

29 C 1051/15 (16)

Amtsgericht Saarlouis

U r t e i l

I m   N a m e n   d e s   V o l k e s

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

Generali Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand, Adenauerring 7, 81737 München

Beklagte

wegen Schadenersatz

hat das Amtsgericht Saarlouis
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495 a ZPO
am 13.11.2015
durch den Richter am Amtsgericht K.

für Recht erkannt:

I.  Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 239,79 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.11.2014 zu zahlen.

II.  Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

(ohne Tatbestand gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO)

I.

Die Klage ist begründet. Die Beklagte schuldet der Klägerin die zugesprochene Hauptsumme als Schadenersatz gemäß §§ 7,18 StVG, 115 VVG, 249 BGB. Die volle Haftung der Beklagten für die der Klägerin entstandenen Unfallschäden ist unstreitig. Zu den ersatzfähigen Kosten des Geschädigten gehören dessen Aufwendungen für ein Schadensgutachten, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, § 249 Rn. 58). Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige orientiert sich in Bezug auf die von ihm beanspruchte Grundvergütung an der Schadenshöhe. Das ist nach weit überwiegender Meinung in der Rechtsprechung zulässig (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 25.9.2003, Az.: 2 S 219/02; Saarländisches OLG, Urteil vom 22.7.2003, Az.: 2 U 438/02; BGH NJW 2006, 2472). Der Geschädigte kann zwar auch Sachverständigenkosten nur dann und insoweit geltend machen, als es sich um Aufwendungen handelt, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf und trägt das Risiko, wenn er ohne nähere Erkundigung einen Sachverständigen beauftragt, dessen Gutachten sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGH NJW 2007, 1450 ff.). Der Geschädigte ist allerdings grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, sondern darf sich damit begnügen den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen (vgl. BGH NJW 2014,1947 f.). Weil es im Gegensatz etwa zu dem Bereich des Mietwagengeschäfts bei Sachverständigengutachten an einheitlichen Modalitäten und allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, die einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen würden, darf der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen. Erst wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälliaen Missverhältnis zueinander stehen, kann er nicht mehr vollständigen Ausgleich seiner Aufwendungen verlangen (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 29.8.2008, Az.: 13 S 108/08 m.w.N.).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm in Anspruch genommenen Sachverständigen (vgl. BGH NJW 2014, 1947 f.). Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen Betrages“ im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Im Rahmen der Schadensschätzung ist es allein auf der Grundlage der Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes nicht zulässig, eine Kürzung der erstattungsfähigen Sachverständigenkosten vorzunehmen. In der zitierten Entscheidung (BGH, Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 -) hat der Bundesgerichtshof geurteilt, dass, wenn sich nach einem Schadensgutachten ein Reparaturaufwand für das verunfallte Fahrzeug von rund 1050 € zuzüglich Umsatzsteuer ergibt, ein Sachverständigenhonorar von 534,45 € (= 50,9 % des Netteschadens), das sich zusammensetzt aus einem Grundhonorar von 260 €, Lichtbildkosten in Höhe von 22,40 €, Telefon-, Porto- und Schreibkosten in Höhe von 75 €, Fahrtkosten/Zeitaufwand in Höhe von 91,80 € (das heißt 1,80 € je Kilometer, maximal 100 €) sowie die auf den daraus errechneten Betrag entfallende Mehrwertsteuer, weder in Anbetracht der Höhe des Honorars noch in Anbetracht der Nebenkosten zu beanstanden sei, wobei die Nebenkosten sich allein auf 189,20 € beliefen. Im vorliegenden Fall hat der von der Klägerin beauftragte Sachverständige bei einem Reparaturaufwand für das verunfallte Fahrzeug von 1.493,34 € netto Bruttohonorarkosten von 697,94 € berechnet und zwar auf der Basis eines Grundhonorars von 396 €, Schreibgebühren von 46,50 €, Kopierkosten von 33 €, Telefon- und Portokosten von 15 €, Lichtbildkosten von 54 €, Fahrtkosten von 22 €(= 1,10 € pro km) und EDV-Abrufgebühr von 20 €, insgesamt 190,50 €, zuzüglich Umsatzsteuer. Das Gesamthonorar macht damit nur knapp 46,7 % des Nettoschadens aus, ist damit im Verhältnis zu dem dem Urteil des Bundesgerichtshofs zu Grunde liegenden Fall insgesamt preisgünstiger.

Das saarländische Oberlandesgericht(Urteil vom 8.5.2014, 4 U 61/13) hat sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angeschlossen. In der Rechnung des Sachverständigen schlage sich regelmäßig nieder, was zur Schadensbeseitigung vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung erforderlich sei. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit reiche vor diesem Hintergrund nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Etwas anderes gelte nur, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergäben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die erforderlichen Aufwendungen nehmen würden. Hierzu genüge es aber nicht, wenn die Honorarrechnung die aus der BVSK-Honorarbefragung folgenden Höchstsätze überschreite. Denn dem Geschädigten müssten diese nicht bekannt sein. Im vorliegenden Fall entspricht das Sachverständigenhonorar den schriftlichen Vereinbarungen der Parteien. Irgendein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger hätte bemerken müssen, dass das sich aus den Festsetzungen des Vertrages ergebende Honorar überhöht sein würde, sind nicht ersichtlich. Dieser neuestens Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des saarländischen OLG folgend hält das Amtsgericht Saarlouis im Schätzwege gemäß § 287 ZPO dafür, dass die entstandenen Sachverständigenkosten insgesamt zur Schadensbeseitigung erforderlich waren.

Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus der Anwendung der §§ 280, 281, 286, 288 BGB, 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Generali Versicherung, Haftpflichtschaden, Sachverständigenhonorar, Urteile abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

1 Antwort zu AG Saarlouis verurteilt Generali Versicherung AG zur Zahlung vorgerichtlich gekürzter Sachverständigenkosten in Höhe von 239,79 € mit Urteil vom 13.11.2015 – 29 C 1051/15 (16) -.

  1. A.K. sagt:

    Wieder ein Urteil des AG Saarlouis, das in seinen Entscheidungsgründen keine themaverfehlte Interpretation zuläßt. Klar und eindeutig u.a.:

    „Im Rahmen der Schadenschätzung ist es allein auf der Grundlage der Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes nicht zulässig, eine Kürzung der erstattungsfähigen Sachverständigenkosten vorzunehmen.“

    A.K.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert