AG Schwetzingen verurteilt R + V Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten (51 C 294/09 vom 24.06.2010)

Mit Urteil vom 24.06.2010 (51 C 294/09) hat das AG Schwetzingen die R + V Allgemeine Versicherung AG  zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 893,16 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde, die Fraunhofer Tabelle wird nicht akzeptiert.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist zulässig und in der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Höhe auch begründet.

Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger weitere Mietwagenkosten i.H.v. 893,16 € zu bezahlen (§§ 3 Nr. 1 PflVersG, 823 Abs. 1 BGB).

Der Kläger kann gegenüber der Beklagten gem. § 249 BGB Mietwagenkosten i.H.v. insgesamt 862,16 € beanspruchen.

Mietwagenkosten gehören regelmäßig zu den Kosten der Schadensbehebung i.S.d. § 249 Abs. 1 u. Abs. 2 Satz 1 BGB. Der Schädiger hat diese jedoch nicht unbegrenzt zu ersetzen. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des BGH sind vielmehr Mietwagenkosten grundsätzlich nur noch insoweit zu ersetzen, als diese tatsächlich zur Herstellung des Zustandes erforderlich sind, der ohne die Schädigung bestehen würde. Zur Herstellung des genannten Zustandes erfor­derlich sind nur diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.

Der Geschädigte ist hierbei unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen wirtschaftlichen Wegen den wirtschaftlicheren zur Scha­densbeseitigung zu wählen (grundlegend: BGH, Urteil v. 12.10.2004 u.a. in NJW 2005, 51 ff.; BGH NJW 2006, 1508; Urteil des BGH v. 19.01.2010, VI ZR 112/09). In neueren Entscheidungen des BGH macht dieser erstmals auch anhand der Formulierung deutlich, dass die frühere Recht­sprechung aus dem Jahre 1996 nicht mehr zur Anwendung kommt (vgl. z.B. BGH NJW 2006, 1726). Hatte der BGH bis zu dieser Entscheidung noch ausgeführt, dass ein Geschädigter nicht grundsätzlich gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung verstößt, wenn er ein Fahrzeug zum Unfallersatztarif anmietet, sondern nur dies dann der Fall sei, wenn die Kosten nicht erfor­derlich seien und auch ein günstigerer Tarif zugänglich gewesen wäre, führt der BGH nunmehr aus, dass der Geschädigte „nur dann nicht“ gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung ver­stößt, wenn die vorgenannten Bedingungen vorliegend.

Ausgehend von diesen höchstrichterlichen Vorgaben ist vorliegend auch unter Zugrundelegung der Sachverhaltsschilderung des Klägers von einer Verletzung der Schadensminderungspflicht des Geschädigten auszugehen. Der Geschädigte hat nicht dargelegt, dass er sich durch Ein­blick im Internet Angebote oder durch telefonische Preisabfragen über die regionalen Durch­schnittspreise für ein klassengleiches Fahrzeug erkundigt hat. Allein die Höhe der in der Mietwa­genrechnung enthaltenen Kosten, sofern diese im schriftlichen Mietvertrag aufgeführt waren, hät­te vor Abschluss eines Vertrages für den Kläger Anlass sein müssen, mindestens 2 – 3 andere Vergleichsangebote einzuholen bzw. bei der Beklagten nachzufragen, ob dieser günstigere Miet­tarife bekannt sind. In der Entscheidung des BGH v. 04.04.2006 stellt das Gericht darauf ab, dass hinsichtlich der Frage der Erkennbarkeit der Überhöhung u.a. auch auf die Höhe des Tarifes abzustellen ist. Vorliegend wäre es dem Kläger zumutbar gewesen, sich durch Einblick im In­ternet Angebote oder durch telefonische Preisabfragen über die regionalen Durchschnittspreise für ein klassengleiches Fahrzeug zu erkundigen. Dafür, dass der Kläger dieser Obliegenheit nachgekommen ist, wird von ihm nichts vorgetragen. Da das Ersatzfahrzeug erst 2 Tage nach dem Unfall angemietet wurde, besteht auch kein Zeitdruck, die eine Anmietung ohne vorherige Preisvergleiche hätte rechtfertigen können.

Das erkennende Gericht geht daher für den vorliegenden Fall davon aus, dass es sich bei dem zwischen dem Kläger und der Mietwagenfirma vereinbarten Tarif um einen sogenannten Unfaller­satztarif handelt, der in der geltend gemachten Höhe grundsätzlich nicht als erforderlich i.S.d. § 249 BGB angesehen werden kann.

Darauf, ob der Kläger mit der Mietwagenfirma tatsächlich einen Mietvertrag abgeschlossen hat, kommt es allerdings – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht an. Da dem Kläger ein An­spruch auf Ersatz eines Unfalltarifs – wie bereits ausgeführt – nicht zusteht, kommt es nicht dar­auf an, welche Mietwagenkosten ihm tatsächlich entstanden sind bzw. ob er über die ihm in Rechnung gestellten Mietwagenkosten tatsächlich einen entsprechenden Mietvertrag abgeschlos­sen hat. Beanspruchen kann der Kläger vielmehr lediglich den Normaltarif.

Der dem Kläger in Rechnung gestellte Tarif liegt auch im Rahmen der von anderen Anbietern ver­langten „Unfallersatztarife“. Er übersteigt auf jeden Fall den durchschnittlichen Normaltarif.

Diesen im streitgegenständlichen PLZ-Bereich geltenden durchschnittlichen Normaltarif hat vor­liegend das Gericht gem. § 287 ZPO nach der aktuellsten Schwacke-Liste 2008 ermittelt. Entge­gen der Ansicht der Beklagten waren nicht die jeweiligen Erhebungen des Fraunhoferinstituts 2008, 2009 zugrunde zu legen. Es entspricht insoweit ständiger Rechtsprechung des erkennen­den Gerichts (vgl. z.B. Urteil v. 19.04.2007, Az. 51 C 21/07) als Schätzgrundlage nicht die Erhe­bungen des Fraunhoferinstituts sondern die jeweils aktuelle Schwacke-Liste heranzuziehen, was im übrigen auch der überwiegend in der Instanzrechtsprechung vertretenen Ansicht ent­spricht (vgl. LG Mannheim, Urteil v. 08.02.2008, Az.: 1 S 84/07; OLG Karlsruhe, Schadenpraxis 2008, 20,21). Im übrigen hat auch der BGH in mehreren Entscheidungen die Schätzung des er­forderlichen Aufwandes gem. § 287 ZPO unter Heranziehung der jeweiligen Schwacke-Listen grundsätzlich gebilligt. Außerdem ist zu bedenken, dass eine Schätzung nach § 287 ZPO nie zu einem einzig richtigen Ergebnis führen kann. Das Gericht hält daher die Schwacke-Liste 2008 in Kenntnis der vorgelegten Gutachten und Aufsätze für eine geeignete Schätzgrundlage.

Ausgehend von einer unstreitigen Mietdauer von 19 Tagen hat das Gericht unter Zugrundele­gung eines Wochentarifs von 538,22 € für den Zeitraum 14 Tage Mietwagenkosten i.H.v. insge­samt 1.076,44 € errechnet. Für die restlichen 5 Tage war jedoch – entgegen der Ansicht des Klä­gers – nicht von einer 1-Tages-Pauschale und einer 3-Tages-Pauschale auszugehen. Vielmehr war – ausgehend von der Wochenpauschale – eine Tagespauschale von 76,89 € zugrunde zu le­gen. Hiernach ergeben sich für die restlichen 5 Tage der Mietdauer 384,44 €, mithin Mietwagen­kosten i.H.v. insgesamt 1.460,88 € Des weiteren errechneten sich nach der Schwacke-Liste 2008 Nebenkosten i.H.v. insgesamt 401,28 € (14 Tage: 295,90 €, restliche 5 Tage: 105,68 €). In­soweit hat das Gericht die gleichen Erwägungen wie zu den Mietwagenkosten angestellt.

Nach alledem steht dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten i.H.v. insge­samt 1.862,16 € zu.

Entgegen der Ansicht des Klägers war für die Feststellung des Normaltarifs ein zusätzlicher Auf­schlag auf die Schwacke-Liste nicht vorzunehmen. Insoweit hat der Kläger nicht dargelegt, in­wieweit ein solcher zusätzlicher Aufschlag gerechtfertigt sein sollte. Soweit in der Instanzrecht­sprechung solche Aufschläge vorgenommen werden, kann sich dem das erkennende Gericht nicht anschließen.

Abzgl. der von der Beklagten vorgerichtlich erbrachten Zahlung (= 969,- €) ergibt sich mithin ein Anspruch des Klägers auf restliche Mietwagenkosten i.H.v. 893,16 €.

In dieser Höhe war der Klage – unter Abweisung im übrigen – stattzugeben.

Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus den §§ 280, 286, 288 BGB.

Zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist die Beklagte demgegenüber nicht ver­pflichtet. Zwar hätte anstatt zur Zahlung auch zur Freistellung von den Rechtsanwaltskosten ver­urteilt werden können, da ein solcher Freistellungsantrag als Minus in dem Zahlungsantrag enthal­ten ist (vgl. Zöller, ZPO-Kommentar, 26. Aufl., §308 Rdnr. 4). Jedoch setzt auch ein Freistellungs­anspruch voraus, dass der Vergütungsanspruch fällig ist. Der Rechtsanwalt kann die Vergütung gem. § 10 RVG nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Der Kläger trägt vorliegend nicht vor, eine solche Kostenrechnung erhal­ten zu haben. Insoweit ist die Klage derzeit unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Soweit das AG Schwetzingen.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

Siehe auch: CH-Beitrag vom 08.01.2014

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