Ausgebremst und abgeschmiert: LVM Versicherung unterliegt in einem Unterlassungsverfahren beim LG Köln zum Thema „Prozessvollmacht des Kfz-Haftpflichtversicherers“ (31 0 351/14 vom 18.12.2014)

Wer kennt sie nicht, die Schreiben einiger Versicherer, mit denen diese sich als prozessbevollmächtigt erklären, wenn man deren Versicherungsnehmer (VN) auf Zahlung rechtswidriger Kürzungen durch den Versicherer gerichtlich in Anspruch nimmt? Selbst nach entsprechenden Belehrungen durch Mahn- und/oder Zivilgerichte unter Verweis auf § 79 ZPO sind nach wie vor einige Versicherungen nicht dazu bereit, dieses rechtswidrige Verhaltensmuster abzulegen. Der Krug geht ja bekanntlich immer so lange zum Brunnen, bis er bricht. Hier wurde nun der „Krug“ der (unbelehrbaren) LVM durch eine entsprechende Unterlassungsklage beim LG Köln zerbrochen.

Vorgeschichte:
In einem Mahnverfahren beim AG Euskirchen wurde die LVM Versicherung auf Grundlage des § 79 ZPO als nicht prozessbevollmächtigt zurückgewiesen, nachdem die LVM Widerspruch gegen einen Mahnbescheid eingelegt hatte, der gegen deren Versicherungsnehmer gerichtet war. Captain HUK hatte am 24.11.2013 hier darüber berichtet. Nach dem Widerspruch folgte dann das streitige Verfahren vor dem AG Bergheim (21 C 1/14). Dort zeigte die LVM wiederum Verteidigungsbereitschaft als Prozessvertretung für den VN. Im Anschluss daran wurde die LVM durch den klagenden Rechtsanwalt daraufhingewiesen, entsprechendes künftig zu unterlassen, verbunden mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Nachdem die LVM dem nicht nachkommen wollte, erfolgte Klageerweiterung beim AG Bergheim. Beim AG Bergheim wurde der Unterlassungsanspruch vom Verfahren abgetrennt und an das LG Köln abgegeben. Nach rechtlichen Hinweisen des Gerichts erkannte die LVM den Anspruch auf Unterlassung dann doch an. Für die Wettbewerbskammer des LG Köln stand nämlich außerhalb jeglicher Diskussion, dass hier ein entsprechender Unterlassungsanspruch seitens des Klägers besteht.

Hier nun das Anerkenntnisurteil der LVM-Versicherung nebst Protokoll:

31 0 351/14                                                                                     Verkündet am 18.12.2014

Landgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Anerkenntnisurteil

In dem Rechtsstreit

des Rechtsanwalts …

Klägers,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Schepers & Baltes, Ehrenfriedstraße 38, 50259 Pulheim,

gegen

den LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a.G., gesetzlich vertr. d. d. Vorstand, Kolde Ring 21, 48126 Münster.

Beklagten,

Prozessbevollmächtigte: …

hat die 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln
auf die mündliche Verhandlung vom 18.12.2014
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht K. , die Richterin am Landgericht Dr. B. und die Richterin K.
für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, in zivilrechtlichen Parteiprozessen seine Versicherungsnehmer oder mitversicherten Personen zu vertreten, außer wenn er Streitgenosse des Verfahrens ist und die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben:

LVM Landwirtschaftlicher
Versicherungsverein Münster a.G.

24. September 2013

Amtsgericht
Kölner Str. 40-42
53878 Euskirchen

Sehr geehrte Damen und Herren,

auf Grund unserer Vollmacht gemäß den allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) legen wir gegen den Anspruch insgesamt Widerspruch ein. Der Anspruch ist rechtlich unbegründet.

Unser Versicherter wird ebenfalls Widerspruch erheben.

Mit freundlichen Grüßen

——————————————————-

LVM Landwirtschaftlicher
Versicherungsverein Münster a.G.

Amtsgericht Bergheim
Postfach 114950101 Bergheim

31. März 2014

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir zeigen an, uns gegen die Klage verteidigen zu wollen. Diese Erklärung erfolgt sogleich im Namen der hier versicherten Mitbeklagten. Unsere Vollmacht ergibt sich aus den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB).

Mit freundlichen Grüßen

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 25 % und der Beklagte zu 75 %.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

K.                  K.                  Dr. B.

———————————————-

Öffentliche Sitzung                                                                                        Köln, 18.12.2014
der 31. Zivilkammer des Landgerichts

Geschäfts-Nr.:
31 O 351/14
Gegenwärtig:
Vorsitzender Richter am Landgericht K. als Vorsitzender

Richterin am Landgericht Dr. B.

Richterin K.
als beisitzende Richter

– Ohne Protokollführer gemäß § 159 ZPO – Protokoll wurde vorläufig auf Tonträger aufgezeichnet. –

In dem Rechtsstreit
… gegen LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a.G.
erschienen bei Aufruf

der Kläger pers.

für die Beklagte Rechtsanwalt …

Die Sach- und Rechtslage wurde ausführlich erörtert. Die Kammer erteilte rechtliche Hinweise.
Nunmehr stellt Rechtsanwalt … den Antrag die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, in zivilrechtlichen Parteiprozessen seine Versicherungsnehmer oder mitversicherten Personen zu vertreten, außer wenn er Streitgenosse des Verfahrens ist und die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben, sodann sollen die Schreiben Bl. 9 und 8 d. A. eingeblendet werden.

Diesen Antrag erkennt Rechtsanwalt … an.

Auf Antrag von Rechtsanwalt …

b. u. v.
Es wurde das anliegende Anerkenntnisurteil verkündet.

Streitwert: 15.000,00 Euro.

—————————————————

Die anteilige Auferlegung der Kosten in Höhe von 25 % gründet darin, dass der ursprüngliche Antrag des Klägers zu weit gefasst war.

Beantragt war, es der LVM Versicherung zu untersagen,

„in zivilrechtlichen Verfahren für seine Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen prozessuale Erklärungen abzugeben“

Für den Fall, dass die LVM Prozessbeteiligte sein sollte, darf sie natürlich auch Erklärungen für mitverklagte Personen abgeben, sofern die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht. Demzufolge wurde der Antrag durch das Gericht entsprechend eingeschränkt.
In dieser Angelegenheit war die LVM aber kein „Streitgenosse“, da die Klage nur gegen den Versicherungsnehmer der LVM gerichtet war. Deshalb war die Unterlassung fällig.

Was ist nun die Moral von der Geschicht?

Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners hat sich aus dem prozessualen Ablauf herauszuhalten, wenn man deren Versicherungsnehmer gerichtlich in Anspruch nimmt. Daran ändern auch die AKBs nichts. Denn gesetzliche Ansprüche bzw. Vorgaben stehen letztendlich über vertraglichen Vereinbarungen (AKB). Nach § 79 ZPO gehören Versicherer eindeutig nicht zu dem Kreis derer, die berechtigt sind, Erklärungen für beklagte Versicherungsnehmer abzugeben und/oder diese prozessual zu vertreten. Diese Erkenntnis sollten sich auch die „anderen Kandidaten“ gelegentlich „reinziehen“. Wer die ZPO hierzu gelesen hat, ist wohl klar im Vorteil?

Für die LVM hat sich das Schadensmanagement in dieser Sache nun aber richtig gelohnt? Zum einen wurde der eigene Versicherungsnehmer zur Zahlung des vollständigen Restschadens einschl. der Verfahrenskosten rechtskräftig verurteilt. Und das nur, weil sein Versicherer offensichtlich – auf Teufel komm raus – Geschädigte über den Tisch ziehen will? Zum anderen gab es für die LVM Versicherung noch eine kostenpflichtige Abmahnung durch das LG Köln als Sahnehäubchen obendrauf. Last not least ist diese Posse nun bei Captain HUK dauerhaft abrufbar.

Episoden wie diese geschehen natürlich immer nur zum Wohle der Versichertengemeinschaft? In diesem Sinne, weiterhin gutes Gelingen!

Siehe auch: OLG Hamburg Az.: 3 U 152/10 vom 30.08.2012

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3 Antworten zu Ausgebremst und abgeschmiert: LVM Versicherung unterliegt in einem Unterlassungsverfahren beim LG Köln zum Thema „Prozessvollmacht des Kfz-Haftpflichtversicherers“ (31 0 351/14 vom 18.12.2014)

  1. Zweite Chefin sagt:

    Dieser Rüffel musste endlich mal sein.
    Wenn ich das Urteil im Volltext habe, werde ich es gerne verwenden (müssen).

  2. RA Schepers sagt:

    @ Zweite Chefin

    Das ist der Volltext, da Anerkenntnis.

  3. G. Ostfalk sagt:

    Interessant könnte in diesem Zusammenhang die Entscheidung des OLG Hamburg · Urteil vom 30. August 2012 · Az. 3 U 152/10 sein.

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