Der I. Senat des BGH urteilt unter dem AZ: I ZR 19/09 zum Anspruch einer angemessenen Beteiligung des Urhebers

§ 32 – Urheberrechtsgesetz – Angemessene Vergütung

(1) 1 Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung.

2 Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart.

3 Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

Der I. Senat des BGH hat sich laut Pressemitteilung erneut mit dem Anspruch einer angemessenen Beteiligung des Urhebers – hier eines Übersetzers aus dem Erlös des Autors – aufgrund  der Übertragung von Nutzungsrechten beschäftigt.

Der BGH hat – abweichend von seiner früheren Rechtsprechung – entschieden, dass dem Übersetzer grundsätzlich eine Beteiligung in Höhe von einem Fünftel der Beteiligung des Autors des fremdsprachigen Werkes an diesen Erlösen zusteht.

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle Nr. 10/2011

Bundesgerichtshof entscheidet erneut

über Übersetzerhonorare

Der u. a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Rechtsprechung zur angemessenen Honorierung von Übersetzern (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 – I ZR 38/07, BGHZ 182, 337 – Talking to Addison, vgl. Pressemitteilung Nr. 207/2009 vom 7. Oktober 2010) bestätigt und fortgeführt.

Der klagende Übersetzer hatte sich gegenüber dem beklagten Verlag im Oktober 2002 zur Übersetzung eines Sachbuchs aus dem Englischen ins Deutsche verpflichtet. Er räumte dem Verlag umfassende Nutzungsrechte an seiner Übersetzung ein. Dafür erhielt er das vereinbarte Honorar von 19 € für jede Seite des übersetzten Textes. Darüber hinaus war ihm für den Fall, dass mehr als 15.000 Exemplare der Hardcover-Ausgabe verkauft werden, ein zusätzliches Honorar von 0,5% des Nettoladenverkaufspreises zugesagt. An den Erlösen des Verlags aus der Vergabe von Taschenbuch- und Buchgemeinschaftslizenzen war er nach dem Vertrag mit 5% des Nettoverlagsanteils zu beteiligen.

Nach der seit Juli 2002 geltenden Regelung im Urheberrechtsgesetz kann der Urheber – dazu zählt auch der Übersetzer – für die Einräumung von Nutzungsrechten zwar grundsätzlich nur die vereinbarte Vergütung verlangen. Ist die vereinbarte Vergütung jedoch nicht angemessen, kann er von seinem Vertragspartner die Einwilligung in eine entsprechende Vertragsanpassung verlangen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das vereinbarte Honorar sei unangemessen. Er hat von der Beklagten deshalb eine Änderung des Übersetzervertrages verlangt. Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und dem Kläger eine weitergehende Vergütung zugesprochen.

Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung bestätigt, wonach der Übersetzer eines belletristischen Werkes oder Sachbuches, dem für die zeitlich unbeschränkte und inhaltlich umfassende Einräumung sämtlicher Nutzungsrechte an seiner Übersetzung lediglich ein für sich genommen übliches und angemessenes Seitenhonorar als Garantiehonorar zugesagt ist, daneben ab einer bestimmten Auflagenhöhe am Erlös der verkauften Bücher prozentual zu beteiligen ist. Diese zusätzliche Erfolgsbeteiligung setzt bei einer verkauften Auflage von 5.000 Exemplaren des übersetzten Werkes ein und beträgt normalerweise bei Hardcover-Ausgaben 0,8% und bei Taschenbüchern 0,4% des Nettoladenverkaufspreises. Der BGH hat nunmehr klargestellt, dass die zusätzliche Vergütung bei einer Erstverwertung als Hardcover-Ausgabe und einer Zweitverwertung als Taschenbuchausgabe jeweils erst ab dem 5000sten verkauften Exemplar der jeweiligen Ausgabe zu zahlen ist. Er hat ferner deutlich gemacht, dass nur ein Seitenhonorar, das außerhalb der Bandbreite von Seitenhonoraren liegt, die im Einzelfall als üblich und angemessen anzusehen sein können, eine Erhöhung oder Verringerung des Prozentsatzes der zusätzlichen Vergütung rechtfertigen kann.

Der Bundesgerichtshof hat ferner bekräftigt, dass ein solcher Übersetzer eine angemessene Beteiligung an Erlösen beanspruchen kann, die der Verlag dadurch erzielt, dass er Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt oder überträgt. Dazu gehören etwa die wirtschaftlich bedeutsamen Erlöse des Verlags aus der Vergabe von Lizenzen für Taschenbuchausgaben des Werkes. Der BGH hat – abweichend von seiner früheren Rechtsprechung – entschieden, dass dem Übersetzer grundsätzlich eine Beteiligung in Höhe von einem Fünftel der Beteiligung des Autors des fremdsprachigen Werkes an diesen Erlösen zusteht.

Urteil vom 20. Januar 2011 – I ZR 19/09 – Destructive Emotions

LG München I – Urteil vom 11. Oktober 2007 – 7 O 23652/06

OLG München – Urteil vom 27. November 2008 – 29 U 5320/07

veröffentlicht in ZUM-RD 2009, 268 = AfP 2009, 145

Karlsruhe, den 21. Januar 2011

§ 32 – Urheberrechtsgesetz – Angemessene Vergütung

(1) 1Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. 2Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. 3Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Dieser Beitrag wurde unter BGH-Urteile, Erfreuliches, Restwert - Restwertbörse, Urheberrecht, Urteile abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

7 Antworten zu Der I. Senat des BGH urteilt unter dem AZ: I ZR 19/09 zum Anspruch einer angemessenen Beteiligung des Urhebers

  1. Willi Wacker sagt:

    Die Frage ist doch, ist der obige vom BGH entschiedene Fall mit einem Sachverständigen, dessen Lichtbilder widerrechtlich durch einen Dritten in die Internetrestwertbörse eingestellt wird, vergleichbar. Im obigen Fall hat der Urheber mit dem Verlag einen Vertrag abgeschlossen. Im Falle des Sachverständigen hat der Haftpflichtversicherer mit Hilfe des Dritten das Urheberrecht in Form des Nutzungsrechtes durch rechtswidriges (eben kein Vertrag!) Einstellen in Onlinerestwertbörse verletzt. Die Rechte des Sachverständigen sind im Urheberrechtsgesetz geregelt. Darüber hat der BGH auch in seinem Urheberrechts-Urteil entschieden.

  2. virus sagt:

    Die Frage ist, wie viel aus dem höheren Restwerterlös steht dem Sachverständigen zu, der dem Versicherer Nutzungsrechte auf seine Lichtbilder eingeräumt hat? Möglicherweise ein Fünftel?

    Die nächste Frage wäre, stellen (vertraglich vereinbarte) 2,50 Euro pro Vorgang (Schadengutachten – egal mit wie viel Bildern) eine angemessene Vergütung für den Sachverständigen dar? Ist hier nicht nach § 32 – Urheberrechtsgesetz – Angemessene Vergütung, Abs. 3, nachträglich mehr drin?

    § 32 – Urheberrechtsgesetz – Angemessene Vergütung

    3 Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

    Die Beantwortung dieser Fragen dürfte der Assekuranz einige Kopfschmerzen bereiten.

  3. Lazarus sagt:

    Das Entscheidende bei beiden Urteilen ist die „angemessene Honorierung“. Ob Vertragsrecht oder Schadensersatz ist dann weniger von Bedeutung.

    Einen schönen Gruß an die Urheberrechtsbörse in Berlin. Ob der BGH sich nun noch mit der Frage beschäftigen muß, ob 2,50 € pro Gutachten eine „angemessene Honorierung“ darstellen?

  4. Willi Wacker sagt:

    Haben denn schon Sachverständige ihre Nutzungs- und Veröffentlichungsrechte an die Haftpflichtversicherer entgeltlich übertragen? Meines Wissens hält die HUK-Coburg den Vorschlag des BVSK mit 2,50 € je Gutachten (vgl. Fuchs in Der Kfz-Sachverständige 2010, Heft 6, S. 12 ff)für kartellrechtlich bedenklich, so dass m.E. keine entsprechende Absprache mit der HUK-Coburg zustande gekommen ist. Dass dem SV für die (rechtswidrige) Nutzung der Lichtbilder in der Internetrestwertbörse Lizenzgebühren als Schadensersatz zustehen, hat der BGH bereits in dem Urheberrechtsurteil festgestellt, er selbst konnte allerdings als Revisionsgericht nicht über die Höhe entscheiden, weshalb der Rechtsstreit auch zurückverwiesen wurde.
    Sind aber Erlöse aus Taschenbuchausgaben mit Restwerterlösen zu vergleichen?
    Als Sachverständiger kannst Du doch ein Fünftel einklagen. Ich wäre da zunächst vorsichtig und zurückhaltend.

  5. Bodo sagt:

    § 97 UrhG

    Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz

    (1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
    (2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.

    Die Bandbreite liegt also zur Zeit zwischen EUR 2,50 / Gutachten gemäß BVSK-Vorstellung (vertraglich vereinbarte Lizenzgebühr) und der Herausgabe des kompletten Restwertreingewinns der Versicherung infolge rechtswidriger Verwendung der Lichtbilder durch Einstellung in eine Restwertbörse.

    Zur „Abschöpfung des Verletzergewinns“ siehe auch:

    BGH-Urteile vom 14.05.2009 (I ZR 98/06 und I ZR 99/06)

    Hier noch eine Juristenmeinung zur Gewinnabschöpfung beim SV-Urteil (I ZR 68/08):

    http://www.zunft-starke.de

    Und nicht vergessen: Beim Urheberrechtsverstoß durch unberechtigte Lichtbildverwendung handelt es sich eindeutig um einen Straftatsbestand (§ 106 ff.)!

    § 106 Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke

    (1) Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
    (2) Der Versuch ist strafbar.

    Besonders beachtenswert ist auch der § 108b, sofern die Lichtbilder zur Einstellung in die Restwertbörse (seitens der Versicherer) verändert werden (Logo/Copyright entfernen, abdecken usw.). Insbesondere das Strafmaß beim gewerblichem Verstoß ist beachtenswert.

    (1) Wer
    1. in der Absicht, sich oder einem Dritten den Zugang zu einem nach diesem Gesetz geschützten Werk oder einem anderen nach diesem Gesetz geschützten Schutzgegenstand oder deren Nutzung zu ermöglichen, eine wirksame technische Maßnahme ohne Zustimmung des Rechtsinhabers umgeht oder
    2. wissentlich unbefugt
    a) eine von Rechtsinhabern stammende Information für die Rechtewahrnehmung entfernt oder verändert, wenn irgendeine der betreffenden Informationen an einem Vervielfältigungsstück eines Werkes oder eines sonstigen Schutzgegenstandes angebracht ist oder im Zusammenhang mit der öffentlichen Wiedergabe eines solchen Werkes oder Schutzgegenstandes erscheint, oder
    b) ein Werk oder einen sonstigen Schutzgegenstand, bei dem eine Information für die Rechtewahrnehmung unbefugt entfernt oder geändert wurde, verbreitet, zur Verbreitung einführt, sendet, öffentlich wiedergibt oder öffentlich zugänglich macht und dadurch wenigstens leichtfertig die Verletzung von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten veranlasst, ermöglicht, erleichtert oder verschleiert, wird, wenn die Tat nicht ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch des Täters oder mit dem Täter persönlich verbundener Personen erfolgt oder sich auf einen derartigen Gebrauch bezieht, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
    (2) Ebenso wird bestraft, wer entgegen § 95a Abs. 3 eine Vorrichtung, ein Erzeugnis oder einen Bestandteil zu gewerblichen Zwecken herstellt, einführt, verbreitet, verkauft oder vermietet.
    (3) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 gewerbsmäßig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

    Der Strafantrag ist in § 109 UrhG geregelt:

    In den Fällen der §§ 106 bis 108 und des § 108b wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

  6. Willi Wacker sagt:

    Na, dann los zu den Polizeidienststellen und Staatsanwaltschaften, damit massenweise Strafanträge gestellt werden.
    Von sich aus ermittelt die StA nicht, obwohl das besondere öffentliche Interesse durchaus zu bejahen wäre.

  7. Andreas sagt:

    Unabhängig davon, ob es sich um ein Urteil handelt, dass den SV direkt oder indirekt betrifft, ist es wichtig über den juristischen Tellerrand hinauszublicken.

    Denn Urteile in nicht direkt mit uns verwandten Bereichen können dennoch Auswirkung auf „uns“ haben. Denn es stellt sich ja durchaus die Frage, ob ein SV-Lichtbild 5,- Euro „wert“ ist oder 20,- Euro, da waren sich ja die Richter am LG und OLG Hamburg schon uneins.

    Vergleiche in andere Bereiche können durchaus helfen die Rechtsprechung zu verändern oder zu festigen.

    Grüße

    Andreas

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert