LG Köln entscheidet im Berufungsverfahren zu dem Unternehmergewinn bei Eigenreparatur eines eigenen beschädigten Fahrzeugs mit Urteil vom 9.12.2014 – 11 S 36/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

hier veröffentlichen wir noch ein Berufungsurteil aus Köln zum Thema „Unternehmergewinn“ bei Reparatur eines beschädigten Fahrzeuges, das im Eigentum des Reparaturbetriebes steht. Da das Berufungsurteil nur verständlich ist in Verbindung mit dem erstinstanzlichen Urteil haben wir das zugehörige AG-Urteil unten angefügt. Sowohl das AG als auch das LG Köln haben zutreffend auf die Auslastung des Autohauses abgestellt, weil der Beklagten der Beweis des Gegenteils nicht gelungen ist. Die Beklagte war beweisbelastet. Wer nämlich eine für ihn günstige Position – fehlende Auslastung – behauptet, muss diese grundsätzlich auch beweisen. Eine klare Sache, wie ich meine. Insoweit ist das Berufungsurteil zu begrüßen, da es die Beweislast eindeutig hervorhebt. Die Beklagte trägt nämlich nur spekulativ und ins Blaue hinein vor. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

11 S 36/14                                                                                  Verkündet am 09.12.2014
266 C 151/13
Amtsgericht Köln

Landgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

Beklagten und Berufungsklägers,

gegen

Kläger und Berufungsbeklagten,

hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 11.11.2014
durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht …, die Richterin am Landgericht … und die Richterin am Landgericht …

für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 18.12.2013 (Az. 266 C 151/13) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

–   Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 ZPO-

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die verfahrensrechtlich bedenkenfreie Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das Amtsgericht hat zu Recht keinen Abzug des sogenannten Unternehmensgewinns aufgrund der Eigenreparatur vorgenommen. Das Berufungsvorbringen führt zu keiner abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Die Beklagte zeigt mit ihrem Rechtsmittelvorbringen nicht auf, dass die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden und für die Kammer nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich bindenden Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszugs unzutreffend sind und einer Wiederholung bzw. Ergänzung bedürfen.

Insbesondere ist nach Auffassung der Kammer ohne weitere Anhaltspunkte im Hinblick auf eine fehlende Auslastung der Klägerin für die generelle Annahme einer sekundären Darlegungslast kein Raum. Dies ergibt sich auch nicht aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Urteil des LG Hannover vom 02.03.2012, Az. 8 S 82/11, zit. nach Juris. Insoweit führt das LG Hannover vielmehr zutreffend aus, dass die Eigeninstandsetzung zum Selbstkostenpreis bei Autohäusern nicht als Regelfall anzusehen sei, sondern vom Geschädigten nur im Ausnahmefall verlangt werden könne, da die Arbeiten in Autohäusern bei unangemeldeten Reparaturaufträgen erfahrungsgemäß nicht sofort begonnen und erledigt würden, sondern mit anderen Arbeiten koordiniert werden müssten. Insoweit trage der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversjícherer die Beweislast dafür, dass das der Geschädigten für Reparaturarbeiten konkret zur Verfügung stehnde Personal zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht ausgelasstet gewesen sei, im Betrieb also „Leerlauf“ geherrscht habe. Die Beklagte hat vorliegend keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Reparatur nicht ausgelastet war. Soweit sie darauf abstellt, dass Karosseriefachwerkstätten im Monat Februar nicht besonders gut ausgelastet seien und dies unter Sachverständigenbeweis gestellt hat, entbehrt ihr Vortrag jeder Substanz, die Klägerin hat insbesondere nicht offengelegt, worauf der Vortrag beruht bzw. sich stützt.

Darüber hinaus hat die Beklagte vorliegend, auch  nachdem die Klägerin mit
23.07.2014 unter Beweisantritt weiter zur Auslastungssituation vorgetragen hat und spätestens hiermit ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen ist, nicht unter Beweis gestellt, dass die Klägerin im Reparaturzeitpunkt tatsächlich nicht ausgelastet war. Sie hat sich vielmehr auf ein Bestreiten und Nichtwissen zurückgezogen, was im Falle der eigenen Darlegungs- und Beweislast nicht ausreicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine  Entscheidung des  Revisionsgerichts auch  nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert: 833,24 €

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266 C 151/13                                                                              Verkündet am 18.12.2013

Amtsgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Autohaus … vertr. d. d. pers. haft. Gesellschafterin,

Klägers,

gegen

Beklagten,

hat das Amtsgericht Köln
im schriftlichen Verfahren mit einer Schriftsatzeinreichungsfrist bis zum 27.11.2013
durch den Richte …

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 833,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.04.2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin eines PKW mit dem amtlichen Kennzeichen … .
Die Klägerin betreibt mehrere KfZ-Reparaturbetriebe und setzt ihr Fahrzeug als
,,,Mietfahrzeug ein.

Am 18.02.2013 beschädigte … mit einem auf … zugelassenen
und bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW … mit dem amtlichen
Kennzeichen … bei einem Verkehrsunfall das klägerische Fahrzeug. Die
Einstandspflicht der Beklagten für den Schaden ist dem Grunde nach unstreitig.

Die Klägerin reparierte das Fahrzeug im eigenen Betrieb. Die Reparaturkosten beliefen sich auf 4.166,18 EUR netto. Hierauf zahlte die Beklagte 3.332,94 EUR.

Die Klägerin behauptet, ihre Werkstatt sei durchgehend ausgelastet gewesen. Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 833,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.04.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, die Klägerin müsse sich einen Abzug des sogenannten Unternehmensgewinns aufgrund der Eigenreparatur in Höhe von 20 % gefallen lassen. Sie behauptet hierzu die Klägerin erhielte als markengebundene Werkstatt auf Ersatzteile günstigere Einkaufspreise. Zudem sei nur der tatsächliche Stundenlohn der Mitarbeiter erstattungsfähig, nicht der Preis, der dem Endkunden
gegenüber berechnet würde.

Mit Nichtwissen bestreitet die Beklagte, dass die Werkstatt der Klägerin durchgehend ausgelastet gewesen sei und das Aufträge hätten abgelehnt oder vereinbarte Termin verlegt hätten werden müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 833,24 EUR aus §§ 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 VVG zu.

Die Haftung der Beklagten steht ebenso außer Streit wie die erforderlichen Reparaturkosten in Höhe von 4.166,18 EUR netto.

Entscheidend ist vorliegend allein, ob die Klägerin den vollen Reparaturbetrag netto verlangen kann oder sich den Abzug eines Unternehmergewinns gefallen lassen muss. Das erkennende Gericht ist der Auffassung, dass ein Abzug nur dann in Betracht kommt, wenn es verkehrsüblich und zumutbar ist, dass der geschädigte Unternehmer selbst die Herstellungsarbeiten ausführt, weil sich der verkehrsübliche Herstellungspreis dann nach den Selbstkosten der Betriebswerkstatt richtet. Hierzu führt das LG Mühlhausen, Urteil vom 08.11.2011 – 2 S 95/11, zitiert nach juris, dessen Auffassung sich das erkennende Gericht zu eigen macht und anschließt aus:

„Nach § 249 BGB kann der Gläubiger bei Beschädigung einer Sache statt einer Naturalrestitution den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen. In der Verwendung ist der Geschädigte frei. Er kann die Sache auch unrepariert lassen oder selbst reparieren. In beiden Fällen hat er, selbst wenn er kraft besonderer Fähigkeiten oder aus sonstigen individuellen Gründen zu einer kostengünstigen Eigenreparatur imstande ist, grundsätzlich Anspruch auf die im Reparaturgewerbe  objektiv entstehenden Kosten einschließlich des Unternehmergewinns. Das gilt im Allgemeinen auch dann, wenn der Gläubiger die Arbeiten von eigenen Angestellten während der üblichen Arbeitszeiten erledigen lässt. Ausnahmen sind nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs möglich, sofern es verkehrsüblich und
zumutbar ist, dass der geschädigte Unternehmer selbst die Herstellungsarbeiten
ausführt, weil sich der verkehrsübliche Herstellungspreis dann nach den Selbstkosten der Betriebswerkstatt richtet [Anm: es folgen Nachweise zur. Rechtsprechung].“

Die Klägerin betreibt unstreitig eine Reparaturwerkstatt, in der, zumindest auch, Fremdfahrzeuge gewartet, inspiziert und repariert werden. Etwas anderes behauptet auch die Beklagte nicht. Es ist einem Geschädigten, der im Grundsatz eine Werkstatt betreibt, um Gewinn zu erzielen nicht zumutbar, besondere Anstrengungen zu unternehmen, wenn der Lohn dieser Anstrengungen letztlich dem Schädiger zu Gute kommen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine besondere Beschäftigungslage vorliegt und der Geschädigte in der fraglichen Zeit nicht in der Lage gewesen wäre, die Instandsetzungskapazität seines Betriebs anderweit und bestimmungsgemäß gewinnbringend einzusetzen (LG Mühlhausen, a.a.O., m.w.N.).

Die Darlegungs- und Beweislast für eine Situation, in der der Geschädigte seine Kapazitäten nicht anderweitig gewinnbringend einsetzen kann, liegt bei dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung. Denn der Ausnahmetatbestand, dass es dem Geschädigten ausnahmsweise zumutbar ist, besondere Anstrengungen zu unternehmen, ist vom Schädiger zu beweisen (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 14.01.2012 – 165 U 100/11; LG Mühlhausen a.a.O.; LG Bochum; NJW-RR 1989, 1195; AG Düsseldorf, Urteil vom 03.11.2000 – 39 C 6443/00; a. A. OLG Saarbrücken, Urteil vom 16.05.2013 – 4 U 324/11; LG Nürnberg-Fürth, 28.09.1988 – 8 S 4444/88).

Die Beklagte blieb insoweit beweisfällig. Im Wesentlichen trägt die Beklagte lediglich spekulativ und ins Blaue hinein vor. Weder dem Reparaturablaufplan noch den Witterungsverhältnissen kann eine Auslastung der klägerischen Werkstatt entnommen werden. Einen Beweis hat die Beklagte nicht angetreten.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 ZPO.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 833,24 EUR

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