Neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Höhe der Stundensätze im Rahmen der Reparaturkostenabrechnung nach einem Verkehrsunfall

Quelle: Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 216/2009

Neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Höhe der Stundensätze im Rahmen der Reparaturkosten- abrechnung nach einem Verkehrsunfall

Der Kläger macht gegen den Beklagten restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend. Dabei wurde das Fahrzeug des Klägers, ein zum Unfallzeitpunkt ca. 9 ½ Jahre alter VW Golf mit einer Laufleistung von über 190.000 km, beschädigt.

Die Haftung des Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien streiten nur noch um die Frage, ob sich der Kläger im Rahmen der fiktiven Abrechnung seines Fahrzeugschadens auf niedrigere Stundenverrechnungssätze einer ihm vom Schädiger bzw. von dessen Haftpflichtversicherer benannten „freien Karosseriefachwerkstatt“ verweisen lassen muss oder ob er auf der Grundlage des von ihm vorgelegten Sachverständigengutachtens die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen VW-Fachwerkstatt erstattet verlangen kann.

Der für das Schadensersatzrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat an seiner bereits im sog. Porsche-Urteil (BGHZ 155, 1) geäußerten Rechtsauffassung festgehalten, dass der Geschädigte seiner Schadensberechnung grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen darf, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen, muss der Schädiger darlegen und ggf. beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.

Ist dies der Fall, kann es für den Geschädigten gleichwohl unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht unzumutbar sein, sich auf eine Reparaturmöglichkeit in dieser Werkstatt verweisen zu lassen. Dies gilt insbesondere für Fahrzeuge bis zum Alter von 3 Jahren. Denn bei neuen bzw. neuwertigen Kraftfahrzeugen muss sich der Geschädigte im Rahmen der Schadensabrechnung grundsätzlich nicht auf andere Reparaturmöglichkeiten verweisen lassen, die ihm bei einer späteren Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie und/oder Kulanzleistungen Schwierigkeiten bereiten könnten.

Auch bei älteren Kraftfahrzeugen kann es für den Geschädigten unzumutbar sein, sich im Rahmen der Schadensabrechnung auf eine alternative Reparaturmöglichkeit außerhalb einer markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Geschädigte konkret darlegt, dass er sein Kraftfahrzeug bisher stets in der markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen oder sein besonderes Interesse an einer solchen Reparatur durch eine konkrete Reparaturrechnung belegt.

Im Streitfall war das Urteil des Berufungsgerichts bereits deshalb aufzuheben und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil dieses zur Gleichwertigkeit der aufgezeigten alternativen Reparaturmöglichkeit noch keine Feststellungen getroffen hatte.

Urteil vom 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09

AG Würzburg – 16 C 1235/08 – Entscheidung vom 10. Juli 2008

LG Würzburg – 42 S 1799/08 – Entscheidung vom 21. Januar 2009

Karlsruhe, den 20. Oktober 2009

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung” zum Download >>>>>

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66 Antworten zu Neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Höhe der Stundensätze im Rahmen der Reparaturkostenabrechnung nach einem Verkehrsunfall

  1. Willi Wacker sagt:

    Hallo Redaktion,
    wie ich schon in einem anderen Kommentar vermutet hatte, hat der 6. Zivilsenat des BGH grds. an seiner bisherigen Haltung aus dem Porsche-Urteil (BGHZ 155,1) festgehalten. Der geschädigte Kfz-Eigentümer kann bei seiner Schadensberechnung die im Schadensgutachten aufgeführten Stundenverrechnungssätze der markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen. Daher ist zunächst einmal festzuhalten, dass der 6. Zivilsenat bei den Gründen des Porsche-Urteils bleibt. Will der Schädiger (oder dessen Haftpflichtversicherer) bei der fiktiven Abrechnung geringere Stundenverrechnungssätze einer freien, markenungebundenen Werkstatt zugrunde legen bei seiner Abrechnung, muss er die Gleichartigkeit der beiden Werkstätten ( Marken-Fachwerkstatt einerseits und freie Werkstatt andererseits ) darlegen und beweisen und ebenso die mühelose und ohne weitere Umstände Erreichbarkeit. Damit liegt die Darlegungs- und Beweislast eindeutig bei dem Schädiger.
    Bei beschädigten Fahrzeugen unter drei Jahren Alter kommt eine Verweisung auf freie Werkstätten wegen des damit verbundenen Garantieverlustes ohnehin nicht in Betracht. Aber auch bei älteren Fahrzeugen kann eine Verweisung auf freie Werkstätten unzumutbar sein, nämlich dann, wenn der Fahrzeughalter immer gerade seine markengebundene Fachwerkstatt aufgesucht hat. Wenn praktisch die Markenfachwerkstatt mit dem beschädigten Fahrzeug auf Grund ständiger Wartung, Inspektion, kleinerer Instandsetzungen etc. bestens vertraut ist, kann eine Verweisung ebenfalls unzumutbar sein, denn der Geschädigte ist Herr des Restitutionsgeschehens. Im übrigen wäre auch bei den vorgenannten Gründen eine Gleichwertigkeit der Werkstätten zu verneinen, denn es kommt auch auf das subjektive Verhältnis des Kfz-Eigentümers zu der Werkstatt an, kann er zu der Werkstatt Vertrauen haben?
    Da die Berufungskammer des LG Würzburg als Berufungsgericht diese Überlegungen zur Gleichwertigkeit nicht angestellt hat, konnte der Zivilsenat den Rechtsstreit nicht entscheiden, da insoweit noch Beweisaufnahmen durchzuführen sind. Der Zivilsenat vermag nicht über Tatbestandsfragen zu entscheiden, so dass der Rechtsstreit an das LG zurückzuverweisen war.
    Eine gute Nacht
    Euer Willi Wacker

  2. Zwilling sagt:

    „…muss sich der Geschädigte im Rahmen der Schadensabrechnung grundsätzlich nicht auf andere Reparaturmöglichkeiten verweisen lassen, die ihm bei einer späteren Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie und/oder Kulanzleistungen Schwierigkeiten bereiten könnten….“

    Damit ist alles gesagt.
    Solange das Fahrzeug noch eine Herstellergarantie (VW/Audi z.B. 12 Jahre, DB z.B 30 Jahre..) kein Verweis auf Billigheimer zulässig.

    Eigendlich logisch…

    Bernhard

  3. Babelfisch sagt:

    Kann es für den Geschädigten nicht ebenfalls unzumutbar sein, an eine „Fachwerkstatt“ verwiesen zu werden, wenn diese vertraglich mit dem Geschädigten bzw. seinem Haftpflichtversicherer verbunden ist????

  4. RAMP sagt:

    Ein neuer Trick wird in diesem Zusammenhang von der DEVK angewandt, welche z.Teil sogar Markenfachwerkstätten benennt, dort aber nur sog. „Partnerlöhne“ kalkuliert, die absurd niedrig sind, da quer subventioniert

    Dies ist in jedem Fall unzulässig!!

    Ansonsten ist die angedeutete Rechtsauffassung des BGH zur Verweisungsmöglichkeit verbraucherfeindlich, da quasi Gerichte gezwungen werden, zur Frage der „Gleichwertigkeit“ unnütze teure Gutachten einzuholen, deren Kosten dann evtl auch vom Geschädigten selbst zu tragen sind.

    Darauf zielt überhaupt nur die Kürzungsstragie der Versicherungswirtschaft ab – den nicht rechtsschutzversicherten Geschädigten an die Kandarre zu nehmen.

  5. Willi Wacker sagt:

    Hallo Babelfisch,
    sicherlich kann Dein Gesichtspunkt auch eine Unzumutbarkeit für den Geschädigten darstellen, ich glaube aber, dass es dem 6. Zivilsenat in erster Linie um die Gleichwertigkeit der Werkstätten ging. Dabei sind dann Garantiebestimmungen der Hersteller, die der 8. Zivilsenat des BGH im Falle Mercedes bestätigt hat, mit zuberücksichtigen.

  6. SV sagt:

    …das Urteil erscheint zumindest für einen rechtlich ungebildeten Verbraucher nachvollziehbar.

    Ob es sich allerdings für den Geschädigten im Sinne von „gibt schön viel Kohle“ auswirken wird, wage ich stark zu bezweifeln.

    Einfaches Beispiel: Schaden an einem fünf Jahre alten BMW im Raum Duisburg. Keine der BMW-Vertragswerkstätten in der Umgebung verfügt über eine eigene Lackiererei, so dass das Fahrzeug zwangsläufig in eine externe Lackiererei verbracht werden muss. Die dortigen Stundensätze liegen weit (meistens sehr weit) unter denen, die die markengebundene Fachwerkstatt in Rechnung stellt.

    Das würde das Gericht dann im Rahmen der Prüfung der Gleichwertigkeit sicherlich unschwer herausbekommen. Zur Konsequenz hätte dies, dass dem Geschädigten dann nur die Sätze der Lackiererei, nicht aber die Lack-Stundensätze der markengebundenen Fachwerkstatt zuständen.

    Und mal ehrlich: wäre das in einem solchen Fall nicht auch nachvollziehbar? Aus meiner Sicht ebenso sehr, wie eine Versicherung einen Tritt in den Hintern bekommen muss, wenn sie mit einer Markenwerkstatt individuell abgesprochene, für „normale“ Kunden nicht zugängliche Sätze als Bewertungsmaßstab ausgibt.

  7. Andreas sagt:

    Hallo RAMP,

    der Nachweis der Gleichwertigkeit liegt doch bei der Schädigerversicherung, oder?

    Wenn diese kürzen wollen, ist der Nachweis nur dann geführt, wenn alle relevanten Punkte nachgewiesen und nicht nur behauptet werden.

    Und eines ist klar: Mehr denn je kann eine gute Regulierung nur mit Hilfe eines versierten Verkehrsrechtsanwalts erreicht werden! Ohne eine solchen Beistand geht einfach nichts mehr vernünftig.

    Grüße

    Andreas

  8. Andreas sagt:

    Hallo SV,

    das Problem ist aber, dass ich für meinen 5 Jahre alten BMW noch Garantie gegen Durchrostung habe. Diese verliere ich, wenn ich die Reparatur außerhalb einer BMW-Vertragswerkstatt mache. Wenn ich die Reparatur in einer BMW-Vertragswerkstatt durchführen lasse, verliere ich sie nicht.

    Somit ist die Reparatur nicht gleichwertig. Die Reparatur könnte dann gleichwertig sein, wenn die Werkstatt voll (ohne Wenn und Aber) in die Herstellergarantie eintritt und dies schriftlich bestätigt.

    Dann wäre aber auch noch zu prüfen, ob Schäden, die nicht in einer Vertragswerkstatt behoben werden ggf. zu einem erhöhten Minderwert auf Grund des Marktverhaltens führen.

    Ist das zu bejahen, ist die Reparatur nicht gleichwertig. Dann stellt sich die Frage nach dem Vertrauen des Geschädigten in die Reparaturwerkstatt, die er womöglich nicht einmal dem Namen nach kennt, während er im Regelfall davon ausgeht, dass BMW gleich BMW ist.

    So ganz einfach kann man es sich also nicht machen…

    Grüße

    Andreas

  9. Willi Wacker sagt:

    Hallo SV,
    die von Dir angesprochenen Kosten (Lackierkosten und Verbringungskosten) haben mit den im Urteil angesprochen Stundensätzen der markengebundenen Fachwerkstätten bei fiktiver Schadensabrechnung nur insoweit zu tun als der vom geschädigten Fahrzeugeigentümer beauftragte SV in sein Gutachten aufnimmt:
    1. Lohnkosten BMW-Fachwerkstatt
    2. Lackierkosten der Lackierfirma …, da im Raum DU keine angeschlossenen Lackierereien
    3. Verbringungskosten.

    Damit sind dann die von Dir angesprochenen Kosten im Gutachtenn aufgeführt und zur Wiederherstellung des beschädigten BMW-Fahrzeuges auch erforderlich. Eine Frage der Gleichwertigkeit stellt sich nur dann, wenn die Versicherung unter Beweisantritt und Beweisführung angibt, bei der Werkstatt NoName sind unter Beachtung der Werksgarantieen die samtlichen Arbeiten preiswerter zu erbringen.
    Der qualifizierte Gutachter dort in DU vor Ort wird die erforderlichen Angaben in sein Gutachten schreiben. Vgl. auch die Ausführungen, die Wortmann in seinem Aufsatz „Der Sachverständige im Mittelpunkt der Schadensregulierung“ angegeben hat.

  10. Willi Wacker sagt:

    Hallo Andreas, hallo SV,
    das Urteil des BGH ist geschädigteninteressengerecht.
    Erstens muss der Versicherer die Gleichwertigkeit beweisen und Beweise vorlegen, irgendwelche Behauptungen reichen nicht.
    Zweitens gilt die Gleichwertigkeit bei neuen bis 3 Jahre alten Fahrzeugen sowieso nicht wegen der bestehenden Mindestgarantie
    Drittens gilt die Gleichwertigkeit auch dann nicht, wenn das KFZ zwar älter als 3 Jahre, aber trotzdem noch Garantie besitzt, die bei einer Reparatur in einer nicht markengebundenen Werkstatt entfallen kann und
    Viertens: Wenn das beschädigte Fahrzeug ständig in der vertrauten Markenwerkstatt gewartet worden ist.

    Damit bleibt eigentlich schon gar kein Raum mehr für eine Reparatur in einer anderen Werkstatt.
    Ich meine daher, dass der VI. Zivilsenat das sog. Porsche-Urteil fortschreiben will. Die Dispositionsmaxime ist höher einzustufen als wirtschaftliche Interessen der Versicherungswirtschaft an einer möglichst preiswerten Schadensregulierung. Ich glaube, dass der BGH das auch so gesehen hat.

  11. Buschtrommler sagt:

    @WW…:
    Der qualifizierte Gutachter … vor Ort wird die erforderlichen Angaben in sein Gutachten schreiben.

    Dieser Satz stimmt nur bedingt, denn er wird die Preise/Verrechnungssätze bei dem jeweiligen Händler abfragen und nicht zusätzlich beim Lacker nachhaken…falls er überhaupt diesen benannt bekommt.
    Am Rande ist auch zu erwähnen daß „gleichwertig“ nicht allein das Firmenlogo darstellt.
    Dies wird oftmals in den Diskussionen „vergessen“,bzw. nicht erwähnt.
    Insider dürften dieses Problem kennen, jedoch die anwaltliche Seite ist darüber weniger informiert und kommt daher auch schnell auf glattes Parkett beim erläutern….

    MfG. Buschtrommler

  12. Andreas sagt:

    Hallo Willi,

    genauso sehe ich das auch.

    Wir SV müssen weiterhin den Schaden so kalkulieren, dass der Geschädigte in der Lage ist, sein Fahrzeug in einer markengebundenen Werkstatt reparieren zu lassen.

    Ausnahme: Der Geschädigte benennt uns bereits die (günstigere) Werkstatt, in der er beabsichtigt reparieren zu lassen, dann kann meiner Meinung nach auch nur diese Werkstatt heran gezogen werden.

    Das neue Urteil des BGH ist aber weder eine Abkehr der bisherigen Rechtsprechung noch eine „Verbesserung“. Für die tägliche Arbeit ändert sich nichts und die Versicherer versuchen weiterhin möglichst wenig zu bezahlen, was dazu führt, dass hoffentlich immer mehr Geschädigte einen Anwalt aufsuchen werden.

    Grüße

    Andreas

  13. SV sagt:

    @ Willi Wacker

    das ist ja unglaublich, was die Sachverständigen bei Dir in der Gegend für tolle Gutachten erstatten. Ich habe ein solches Gutachten noch nie gesehen….und ich sehe sehr viele Gutachten…. Wie dem auch sei, wenn der Sachverständige so sauber gearbeitet hat, wird man da sicherlich auch keine Abzüge vornehmen können

    Ich kenne es aber nur so, dass der Sachverständige in seinem Schadengutachten auch bei den Werkstätten, die über keine eigene Lackiererei verfügen, die von der markengebundenen Fachwerkstatt vorgegebenen Lacksätze ausweist. Das ging ja auf Basis des bisherigen Porsche-Urteils auch problemlos durch.

    Es ist aber nun mal in aller Regel so, dass die markengebundene Fachwerkstatt bei der externen Lackiererei normalerweise nun wirklich nicht das bezahlen muss, was sie selbst in Rechnung stellt. Das kann jeder Richter ganz einfach dadurch verifizieren, dass er als Privatmann einfach mal bei dieser Lackiererei anruft und nach den Stundensätzen fragt.

    Und in allen diesen Fällen der Schaden geringer ausfallen, wenn die Gleichwertigkeit geprüft wird.

    Das Garantieargument ist natürlich wichtig, Du wirst aber ebenso wie ich auch nicht erst einen Schriftsatz der Versicherungsanwälte gelesen haben, wo explizit erwähnt wurde, das die von der Versicherung genannte Karosseriewerkstatt im Falle der dort durchgeführten Reparatur in die Herstellergarantie eintritt.

    Ist das der Fall, so bin ich hinsichtlich der Reparatur eines älteren Fahrzeugsder festen Überzeugung, dass sich im Laufe der Zeit eine ganze Menge ändern wird, wenn die Gerichte nun tatsächlich die Gleichwertigkeit prüfen werden.

    Aber letztendlich sind das alles nur Meinungen. Was ich tatsächlich tun wird, entscheiden letztendlich die Instanzgerichte.

  14. Willi Wackere sagt:

    Hallo SV,
    nun noch einmal zum Schluß:
    Ich bin von Deinem Beispiel ausgegangen (vgl. Dein Kommentar vom 21.10.2009 10:25), nach dem in Deinem Beispielsfall in DU keine BMW-Fachwerkstatt mit angeschlossener Lackiererei existiert. Dies wird dem SV in DU bekannt sein, also setzt er in seinem Gutachten die Lohnkosten der BMW-Werkstatt, die Lackierkosten der Duisburger Fachlackierbetriebe und die notwendigen Verbringungskosten ein.
    Inwieweit nunmehr der Richter auf die Idee kommen sollte, die in dem Gutachten aufgeführten Preise zu überprüfen, ist mir gelinde gesagt nicht verständlich. Aus eigener Machtvollkommenheit darf der Richter das nicht. Er darf nur darüber entscheiden, was ihm die Parteien vortragen. Im Zivilprozess gibt es anders als im Verwaltungsrechtsstreit keinen Amtsermittlungsgrundsatz.

    Wenn jetzt nach dem neuerlichen Urteil des VI. ZS. des BGH der Versicherer günstigere Reparaturmöglichkeiten aufzeigt, muss er diese günstigeren Möglichkeiten nicht nur darlegen, sondern auch beweisen. Die Darlegungs- und Beweislast liegt bei dem Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer! Erst dann, wenn der Geschädigte das bestreitet, ist der Richter verpflichtet, Beweis zu erheben.

    Bei einem älteren Fahrzeug ist m.E. die z.B. 30-jährige Markengarantie der Mercedes AG von Bedeutung, ebenso die vieljährige Garantie bei der Audi AG etc. Wenn auch diese nicht greifen sollte, besteht immer noch die Möglichkeit, dass der betagte Fahrzeugeigentümer, der mit seinem alten Daimler-Benz immer in die gleiche, ihm vertraute Mercedes-Benz-Werkstatt gefahren ist. Ihm ist nicht zuzumuten, nunmehr eine „Hinterhofwerkstatt“ aufzusuchen, um sein „altes Schätzchen“ dort reparieren zu lassen. Im übrigen ist bei einem derart alten Fahrzeug überhaupt zu überlegen, ob ein derartiger „Oldtimer“ nicht ohnehin besonders behandelt werden muss. Hierzu können aber sicherlich die mitlesenden Sachverständigen genaueres sagen.

    Meines Erachtens ist demnächst wie folgt zu prüfen:

    1. Ist das beschädigte Kfz jünger als 3 Jahre: Dann direkter Anspruch auf Fachwerkstattreparatur mit entsprechenden Verrechnungssätzen der Markenfachwerkstatt.
    2. Ist das Kfz älter als 3 Jahre: Dann direkter Anspruch auf Fachwerkstattlöhne, wenn in Fachwerkstatt repariert.
    3. Wird fiktiv abgerechnet:
    Bei Kfz älter als 3 Jahre, Verweisung auf günstigere Reparaturmöglichkeit nur, wenn zumutbar. Zumuntbar nur dann, wenn von Versicherung angegebene nachgewiesene und bewiesene anderweitige Reparaturmöglichkeit für Geschädigten mühelos und ohne weitere Umstände erreichbar ist. Ist dies schon z.B. wegen der Entfernung nicht der Fall, fällt diese gleichwertige Reparaturmöglichkeit weg, da nicht zumutbar. Selbst wenn aber die nachgewiesene und bewiesene anderweitige Reparaturmöglichkeit vorliegt, kann Verweis darauf wegen des möglichen Garantieverlustes für den Geschädigten unzumutbar sein. Dann gelten auch wieder die Fachwerkstattlöhne auch bei fiktiver Abrechnung.
    Sollte die anderweitige bewiesene Reparaturmöglichkeit auch mühelos und ohne weitere Umstände erreichbar sein, so muss sich der Geschädigte trotzdem nicht auf preisgünstige Löhne verweisen lassen bei der fiktiven Abrechnung, nämlich wenn er vorträgt und unter Beweis stellt, dass er immer sein Fahrzeug in der Fachwerkstatt hat warten lassen. Auch dann hat der Geschädigte immer Anspruch auf die im Gutachten aufgeführten Stundenverrechnungssätz der Markenwerkstatt, auch wenn er fiktiv abrechnet.
    Ich bin daher nicht der Meinung, dass sich viel ändert, wenn ordentlich auf Seiten des Geschädigten durch qualifizierte Anwälte vorgetragen wird.
    Guten Abend

  15. Werkstatt-Freund sagt:

    Hallo Andreas,
    so sehe ich das auch. Ich glaube auch, dass WW letztlich recht behalten wird. So wie ich gehört habe, schmeckt der Versicherungswirtschaft das neuerliche Urteil gar nicht.
    Gruß
    Dein Werkstatt-Freund

  16. Hunter sagt:

    Eigentlich wollte ich nicht. Aber bei so vielen tollen Kommentaren?

    1. Es handelt sich hierbei lediglich um eine PRESSEMITTEILUNG.

    Ein Urteil kann man bestenfalls diskutieren, wenn es verfügbar ist. Das ist momentan und offensichtlich noch nicht der Fall.

    2.) Wenn das Urteil tatsächlich der Pressemitteilung entsprechen sollte, kann daraus m.E. nichts positives hergeleitet werden. VI ZR 398/02 war eindeutig und uneingeschränkt anwendbar, auch wenn die Versicherer herum gekaspert hatten. Das bisherige Gezanke bei der fiktiven Abrechnung war aber nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was in Zukunft auf uns zukommt. Bei einer Entscheidung im Sinne der Pressemitteilung handelt es sich um ein Disaster für die künftige tägliche Praxis der Schadenswelt mit Prozessen ohne Ende.

    Man kann die Textbausteine schon erahnen: Bitte weisen Sie nach, dass das Fahrzeug scheckheftgepflegt war oder unsere Werkstätten sind zertifiziert und der EU-Richtlinie entsprechend gleichwertig (siehe BGH Urteil VI ZR 53/09) usw.

    3.) Welche Stundenlöhne soll der Sachverständige denn nun im künftigen Tagesgeschäft einsetzen?

    a.) Bei einem Fahrzeug bis 3 Jahre die Stundenverrechnungssätze der markengebundenen Fachwerkstatt.

    b.) bei einem Fahrzeug über 3 Jahre müsste der SV in jedem Einzelfall prüfen, ob eine weiterführende Garantie des Herstellers vorliegt, bzw. ob das Fahrzeug regelmässig in einer Markenwerkstatt gewartet wurde. Servicehefte vorlegen lassen usw.. Und dann noch die Beteuerungen der Fahrzeughalter. „Selbstverständlich wurde das Fahrzeug in einer Markenwerkstatt gewartet. Das Serviceheft kann ich im Moment aber leider nicht finden“ usw.

    Und welche Stundenverrechnungssätze, wenn weder Garantie noch regelmässige Wartung in der Markenwerkstatt vorliegt? Die Verrechnungssätze von den Partnerwerkstätten der Versicherung oder durchschnittliche Verrechnungssätze z.B. der DEKRA, die der BGH im Urteil VI ZR 398/02 noch abgelehnt hatte?

    4.) Wenn die üblichen Kürzungspamphlete der Versicherung bzw. derer Hilfsarbeiter vorliegen, kann sich der SV künftig mit den „haarsträubenden Argumenten“ noch intensiver auseinandersetzen.

    Also jede Menge zusätzliche Arbeit, die natürlich nicht berechnet werden soll. Ist ja nach BVSK-Vorstellung alles im Pauschalhonorar enthalten => Gesprächsergebnis BVSK-HUK Coburg.

    5.) Gleichwertigkeit

    Gleiche Arbeit ist noch lange nicht GLEICHWERTIG.

    Davon abgesehen, dass es sich bei den EU-Richtlinien auch nur um eine nettes theoretisches Pamphlet handelt, sieht die Praxis jedoch völlig anders aus. Mitarbeiter der Markenwerkstatt erhalten regelmässig und automatisch Zugang zu sämtlichen Serviceinformationen des Herstellers und sind zur Lehrgangsteilnahme zu den einzelnen Fahrzeugtypen bzw. zu neuen Instandsetzungstechniken gemäß Händlervertrag verpflichtet. Die freie Werkstatt hingegen muss sich alles aktiv und in der Regel gegen gutes Geld beschaffen, wobei nicht gewährleistet ist, dass es sich jeweils um aktuelle bzw. vollständige Informationen handelt. Von den Kosteneinsparungen im Bereich „Lehrgänge“ ganz zu schweigen. Des weiteren ist der Markenhändler verpflichtet, entsprechende Spezialwerkzeuge – auch für die Karosserieinstandsetzung – vorzuhalten. Die freie Werkstatt jedoch nicht. Geht auch nicht. Wäre nämlich unbezahlbar. Spezialwerkzeuge für alle Fabbrikate => der sichere Untergang der freien Werkstatt.

    Deshalb auch die Bezeichnung „freie Werkstatt“ = die Freiheit zu investieren oder, wie so oft, eben nicht.

    Die Kostenseite mit den notwendigen Einsparungen betrifft insbesondere die Partnerwerkstätten der Versicherer, die aufgrund der geringen Stundenverrechnungssätze wirtschaftlich überhaupt nicht in der Lage sind, material- und ausbildungstechnisch mit den Markenhändlern mitzuhalten.

    Der höhere Stundenverrechnungssatz der markengebundenen Fachwerkstätten kommt eben nicht von ungefähr!

    Und dann noch einmal zur GLEICHWERTIGKEIT bei gleicher Reparatur. Sollte der Markenbtrieb „Pfusch“ abliefern, steht für den Kunden im Rahmen der Beschwerde auch der Dialog zum Hersteller offen, der sich in der Regel einschaltet und bei berechtigten Beschwerden versucht, im Sinne des Kunden Schaden von der Marke fern zu halten. Bei der freien Werkstatt gibt es keine „höhere Gewalt“. Hier muss der Kunde selbst zusehen, dass er zu seinem Recht kommt. Und wie wir alle wissen, kosten Garantieleistungen Geld, so dass die freie Werkstatt in der Regel alles versucht, um Gewährleistungsansprüche abzuwehren.

    Technische „Gleichwertigkeit“.

    Es gibt noch jede Menge freie Karosseriebetriebe, die bis heute von vielen technischen Neuerungen keinen blassen Schimmer haben. Insbesondere von den modernen Werkstoffen, wie z.B. Bauteile aus hochfestem Stahl.

    Da wird gezogen bis das Richtgerät „qualmt“, gehämmert, geschweißt und warm rückverformt und dazu noch geflucht, weil der „Sch…“ sich nicht richtig bearbeiten lässt.

    Merkantile Wertigkeit

    Gleichwertigkeit enthält außerdem den Wortbaustein „Wertigkeit“. Es ist also auch auf den gleichen Wert abzustellen.

    Und spätestens wenn das Fahrzeug verkauft werden soll, dann zeigt sich ganz schnell das Ende der Fahnenstange von wegen Gleichwertigkeit.

    Da gilt dann nicht nur das Scheckheft, sondern auch, wer den Unfallschaden damals instand gesetzt hatte => „was? DER!“ = Preisabschlag.

    Markentreue und die Bereitschaft, mehr dafür zu bezahlen, zieht sich durch unsere Gesellschaft wie ein roter Faden: Siemens, Nokia, Toshiba, Lacoste, Jack Wolfskinn usw.. Produkte mit einem Markennamen lassen sich eben besser verkaufen als No-Name-Produkte. Und genauso lässt sich die Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt unter dem Strich „besser verkaufen“ als in einer No-Name-Werkstatt.

    Somit hat jeder Geschädigte einen wirtschaftlichen Nachteil, wenn man ihn im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung auf ein „No-Name-Produkt“ verweisen will.

    Außerdem wirft die Argumentation noch eine andere interessante Frage auf; Darf der Geschädigte mit einem 5 Jahre alten Fahrzeug, ohne lückenlose Wartung in einer markengebundenen Fachwerkstatt, sein Fahrzeug bei konkreter Unfallschaden-Reparatur nun nicht mehr in die markengebundene Fachwerkstatt bringen? Das wäre die logische Konsequenz aus dem avisierten BGH-Urteil. Wenn er doch darf, wäre ab sofort eine differenzierte Betrachtung von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung eingeläutet.

    Diejenigen, die meinen, dass die Masse der freien Werkstätten tatsächlich GLEICHWERTIGE Arbeit abliefert, wie die markengebundenen Fachwerkstätten, sollten sich vielleicht als Gerichtsgutachter bei den Versicherern bewerben für die künftige Prozesslawine, die nun auf die Geschädigten wartet.

    Bleibt nur zu hoffen, dass das Landgericht Würzburg bei seiner anstehenden Entscheidung den nötigen Weitblick hat und/oder das Urteil des BGH tatsächlich konkreter bzw. praktikabler ausfällt, als in der Vorabinformation der Pressemitteilung.

    Wenn nicht – viel Spaß!

  17. Mister L sagt:

    Selbst wenn z.B. eine freie Werkstatt angeblich in die Werksgarantie der Hersteller einspringt (MB 30 Jahre gegen Durchrostung usw.), wer garantiert dem Geschädigten, dass diese freie Werkstatt nach so langer Zeit noch existiert.
    Und dann…?!
    Also, bei genauerem Überlegen werden sicherlich noch weitere fachliche Argumente aufgezeigt werden können, die der Versicherungswirtschaft die Beweisführung (fast) unmöglich machen.

  18. Babelfisch sagt:

    Noch einmal zum Verständnis: Der BGH urteilt zum Problem der FIKTIVEN Abrechnung. Ich verstehe in diesem Zusammenhang diesen Satz nicht so recht:

    „Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Geschädigte konkret darlegt, dass er sein Kraftfahrzeug bisher stets in der markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen oder sein besonderes Interesse an einer solchen Reparatur durch eine konkrete Reparaturrechnung belegt.“

    Konkrete Reparaturrechnung bei einer fiktiven Abrechnung??

  19. Willi Wacker sagt:

    Hallo Mister L.
    auch ich glaube, dass der 6.ZS mit seinem Urteil das Porsche-Urteil bestätigen und hinsichtlich der Gleichwertigkeit der anderen Reparaturmöglichkeit die Glocken, wie Herr Otting es gesagt hat, sehr hoch gehängt hat, weil der Schädiger die Gleichwertigkeit beweisen muss. Über 30-jährige Garantie kommt auch die eintrittspflichtige Versicherung nicht hinweg. Der BGH hat die Hürden m.E. sehr hoch gelegt.

  20. SV F.Hiltscher sagt:

    @ Hunter
    „Diejenigen, die meinen, dass die Masse der freien Werkstätten tatsächlich GLEICHWERTIGE Arbeit abliefert, wie die markengebundenen Fachwerkstätten, sollten sich vielleicht als Gerichtsgutachter bei den Versicherern bewerben für die künftige Prozesslawine, die nun auf die Geschädigten wartet.“

    Na,na Hunter.
    man kann auch was übertreiben.
    Ich sehe es bildlich vor mir, wie Dir der Hals anschwillt.
    Cool down, warten wir doch mal ab. Spannend bleibt es auf alle Fälle.
    MfG
    SV F.Hilscher

  21. Hunter sagt:

    Ohne coolen Hunter wäre nichts wie es ist?

    Den o.a Hunter-Kommentar sollte man sich jedoch ausdrucken und in der Tat die nächsten Monate abwarten, ob die Prognosen über- oder vielleicht sogar untertrieben sind?

    Auf alle Fälle würde der BGH, unter Aburteilung gemäss der o.a. Pressemitteilung, bei Fahrzeugen in der „Grauzone“ die fiktive von der konkreten Abrechnung abkoppeln, oder würde im Umkehrschluss dem Konkretabrechner die Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt verwehren. Die nächste Etappe ist also das Studium des neuen BGH-Urteils.

  22. Joachim Otting sagt:

    @ Babelfisch

    Wir sagen doch immer: Fiktiv gibt es das, was man für eine durchgeführte Reparatur bezahlen müsste (UPE, Verbringungskosten, Richtwinkelsätze etc.).

    Mit Ausnahme der MwSt gibt es also keinen Unterschied zwischen fiktiv und konkret.

    Logisch ist, dass dieser Grundsatz auch mit umgekehrtem Vorzeichen gilt.

    Beispiel: Geschädigter fährt mit der Beule noch weiter. Bevor er einen Reparaturauftrag gibt, erreicht ihn der Hinweis der Versicherung (analog Restwertüberangebot, siehe den Querverweis auf die Restwertrechtsprechung in der Porsche – Entscheidung) auf die andere -hier mal unterstellt: gleichwertige – Werkstatt.

    Um jedes Ablenkungsmanöver bei den Antworten zu unterbinden: Von Marke-x-teuer in der Stadt auf Marke-x-billiger in der selben Stadt. Dann dürfte die Gleichwertigkeit wohl zu vermuten sein.

    Was nun?

    Ich glaube, das wird wie beim Restwert enden: Speed is the name of the game.

    Oder der Geschädigte weist nach, dass er bisher immer in der x-teuer war. Was manchem Fiktivabrechner schwerfallen wird…

    Den Juristen wird die Arbeit nicht ausgehen.

  23. Andreas sagt:

    Hallo Hunter,

    Sie haben doch schon genau die Einwendungen gebracht, die dazu führen, dass die Gleichwertigkeit kaum zu beweisen ist!

    Also als Textbaustein speichern, dann bei jeder Kürzung die benannten Reparaturbetriebe anschreiben und Nachweise über die Qualifikationen der letzten fünf Jahre, Lichtbilder der Spezialwerkzeuge, etc. anfordern.

    Dann dem Anwalt Mitteilung machen und eine Rechnung über den Zeitaufwand dazu, den die Haftpflichtversicherung zu zahlen hat. Das mit der Rechnung hat sogar der BVSK schon empfohlen, also muss es unproblematisch sein.

    Die Versicherungen haben es bisher bei unseren Rechnungen noch nie auf einen Prozess ankommen lassen, sondern immer vorher bezahlt.

    Grüße

    Andreas

  24. Hunter sagt:

    Eine mögliche Gleichwertigkeit der Reparaturbetriebe muss natürlich die Versicherung beweisen. Das ist das geringste Übel und betrifft ja nur die Fahrzeuge ohne Garantien bzw. ohne markengebundene Werkstattpflege = viel „Spass“ für die Rechtsanwälte.

    Viel schlimmer jedoch ist die Tatsache, dass nach der o.a. Pressemitteilung der BGH hier Anspruchsvoraussetzungen schaffen will bzw. möglicherweise geschaffen hat?

    Zur Geltendmachung der fiktiven Kosten einer markengebundenen Fachwerkstatt muss

    – das Fahrzeug noch in irgendeiner Garantie sein

    – das Fahrzeug (markengebunden) scheckheftpgepflegt sein

    All das hätte der Geschädigte dann aktiv – im Gegensatz zur bisherigen Schadenregulierung – bereits bei der Schadensersatzforderung nachzuweisen.

    Insbesondere dieser Textabschnitt ist ein Knüller:

    „Auch bei älteren Kraftfahrzeugen kann es für den Geschädigten unzumutbar sein, sich im Rahmen der Schadensabrechnung auf eine alternative Reparaturmöglichkeit außerhalb einer markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Geschädigte konkret darlegt, dass er sein Kraftfahrzeug bisher stets in der markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen oder sein besonderes Interesse an einer solchen Reparatur durch eine konkrete Reparaturrechnung belegt.“

    Also Bezahlung der Reparaturkosten einer markengebunden Fachwerkstatt bei älteren Fahrzeugen, wenn durch Rechnung belegt – und fiktiv also nicht? § 249 BGB??

    Nochmal; Genauen Urteilstext abwarten.

  25. Willi Wacker sagt:

    Hallo Babelfisch,
    sehr richtig! Der 6. ZS hat auch bei dieser Entscheidung genau so wie bei dem Porsche-Urteil über einen Rechtstreit zu entscheiden gehabt, der eine fiktive Schadensabrechnunng zu Grunde lag. Nur so kann überhaupt die Problematik der Gleichwertigkeit auftreten. Bei Vorlage einer Rep-Rechnung, also bei konkreter Abrechnung spielt die Gleichwertigkeit der Reparatur, bzw. der von der Versicherung gebrachte Einwand der preiswerteren möglichen Reparatur, keine Rolle.
    Da nach BGH die konkrete und die fiktive Abrechnung – mit Ausnahme der USt. – zu gleichen Ergebnissen führen muss, es gibt keine zwei Schäden, den konkreten und den fiktiven, spielt der Begriff der Gleichwertigkeit im Rahmen der Erforderlichkeit der Rep-Kosten eine Rolle. Im Rahmen der Erforderlichkeit wird auch vom BGH die Wirtschaftlichkeit geprüft. Unter verschiedenen Wegen hat der Geschädigte den günstigsten zu wählen, wenn er die Wege beeinflussen kann.
    So ist eine mögliche preiswertere Reparatur dem Geschädigten nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot allerdings nach BGH nur dann zumutbar, wenn die Garantie nicht entfällt oder der Wagen ständig in der Markenfirma gewartet wurde. Die günstigere Reparaturmöglichkeit muss allerdings der Schädiger beweisen.

  26. virus sagt:

    Hallo Herr Otting,

    wenn mir Nachbars Kind den Ball durch die Scheibe schießt, muss ich da auch erst nachweisen, dass ich diese zuvor einmal die Woche von meiner Frau habe putzen lassen?
    Es ist an der Zeit, dass wir die Kirche im Dorf lassen.

    So langsam beschleicht einem ja der Verdacht, dass sich in Zukunft die Schadenhöhen den Kampfprämien zur Kaltstellung der Konkurrenz anzupassen haben. Eine 0 Euro-Prämie, das wäre wohl doch ein zu offensichtlicher Verstoß gegen das UWG, woran dann auch die Wettbewerbszentrale nicht mehr vorbei könnte.

    Bleibt zu hoffen, dass die Gerichtsinstanzen noch rechtzeitig erkennen, dass die Versicherungswirtschaft zur Durchsetzung ihrer Interessen sich als Arenen die Gerichtssäle von Hamburg bis Karlsruhe ausgesucht haben.

    Virus

  27. Joachim Otting sagt:

    @ Virus

    …das war jetzt aus dem Bauch heraus. Und ohne erkennbaren Zusammenhang zum hiesigen Thema.

    Was sagt der schadenrechtliche Kopf?

    Ich zitiere Willi Wacker, siehe oben:

    „Da nach BGH die konkrete und die fiktive Abrechnung – mit Ausnahme der USt. – zu gleichen Ergebnissen führen muss, es gibt keine zwei Schäden, den konkreten und den fiktiven, spielt der Begriff der Gleichwertigkeit im Rahmen der Erforderlichkeit der Rep-Kosten eine Rolle. Im Rahmen der Erforderlichkeit wird auch vom BGH die Wirtschaftlichkeit geprüft. Unter verschiedenen Wegen hat der Geschädigte den günstigsten zu wählen, wenn er die Wege beeinflussen kann.“

    Das muss man jetzt nur noch zu Ende denken, und vorher muss man mal in die Porsche-Entscheidung hineinschauen, über den Leitsatz hinaus, bis zu der Stelle, wo der BGH seine Restwertrechtsprechung zitiert.

    Mehr sog i net…

  28. Werkstatt-Freund sagt:

    Hallo Herr Joachim Otting,
    den Kommentar Ihres Vorkommentators Virus verstehe ich in der Tat auch nicht. Auch ich sehe keinen >Zusammenhang zum Thema. Vielleicht kann der „schadenrechtliche Kopf“ etwas dazu sagen?

  29. Willi Wacker sagt:

    Hallo Virus,
    eigentlich wollte ich zu dem Thema keinen weiteren Kommentar mehr abgeben, doch Dein letzter Kommentar nötigt zu einem abschließenden Wort. Dein Kommentar ist auch für mich nicht verständlich. Das von Dir gegebene Beispiel hinkt ganz gewaltig und hat weder mit dem Porsche-Urteil
    ( BGHZ 155, 1 ) noch mit dem zu erwartenden neuerlichen Fortführungsurteil des 6. Zivilsenates bzw. der Pressemitteilung dazu zu tun.
    Zu der Pressemitteilung schreibe ich jetzt nichts mehr.
    Mehr sog i o net.

  30. WESOR sagt:

    Wie kommt es nur dazu, das sich die hohen Richter vor den Profitkarren der Versicherer spannen lassen ?

    Der Verursacher hat doch keine Rechte dem Geschädigten in seine Dispositionsfreiheit hinein Weisungen zu erteilen.

    Die Fabrikatswerkstatt in der Nähe des Geschädigten sollte doch das Maß der Dinge sein. Das ist doch auch händelbar im Falle der fiktiven Abrechnung.

    Denn es gibt ja sonst für den Verursacher, die Gleichwertigkeit mit der länderübergreifenden Fabrikatswerkstatt zu verbinden. Wo endet dann die Gleichwertigkeit? An Europas Grenzen! Jede Werkstatt bietet Heute den Holl-Bringdienst.

    Scheckheft bei einem Gebrauchtwagen- Was ist wenn der Vorbesitzer nicht beim Hersteller war?

    Die Versicherer versuchen doch mit allen Möglichkeiten Profit zu machen. Die Allianz versucht es jetzt den Geschädigten mit „Spart Co2“ Reparieren vor Erneuern anzudrehen. Lässt sich der Geschädigte darauf ein wird er gleich zweimal abgezockt. Erst wird ihm der Schaden optisch billigst verändert. Kommt es zu einem weiteren Schaden, wird ihm eine Abzug wegen Vorschadens vorgenommen. Der Geschädigte hat zweimal den Schaden und der Versicherer zweimal den Profit.

  31. Friehelm S. sagt:

    Hallo alle miteinander,
    der Blog lebt, wie die lebhafte Kommentierung zu der Pressemitteilung des BGH beweist. Macht weiter so!

  32. Willi Wacker sagt:

    Hallo Herr Otting,
    ich wollte eigentlich ja nichts mehr schreiben; aber jetzt muss ich doch noch einmal auf die Tasten klopfen.
    Ich weiß zwar nicht, wen Sie mit „schadenrechtlichen Kopf“ meinen. Ich selbst fühle mich nicht angesprochen. Im Schadensersatzrecht gibt es Berufenere als ich. Ohne meinen Anwalt sage ich nichts mehr. Basta.
    Mit freundlichen Grüßen
    und eine gute Nacht
    Ihr Willi Wacker

  33. Joachim Otting sagt:

    Nee, Willi, das wäre dann doch zu viel der Ehre.

    Ich wollte nur wissen, was der viröse Kopf meint, nachdem der viröse Bauch zur Verhinderung von Magengeschwüren…

    Sie haben ja schon alles Wesentliche dazu gesagt. Und andere wollen offenbar nicht auf meine Frage einsteigen.

    Ich probier es noch mal:

    Beispiel: Geschädigter fährt mit der Beule noch weiter. Bevor er einen Reparaturauftrag gibt, erreicht ihn der Hinweis der Versicherung (analog Restwertüberangebot, siehe den Querverweis auf die Restwertrechtsprechung in der Porsche – Entscheidung) auf die andere -hier mal unterstellt: gleichwertige – Werkstatt.

    Um jedes Ablenkungsmanöver bei den Antworten zu unterbinden: Von Marke-x-teuer in der Stadt auf Marke-x-billiger in der selben Stadt. Dann dürfte die Gleichwertigkeit wohl zu vermuten sein.

    Was nun?

  34. Frieda sagt:

    Hallo Herr Otting!

    Marke-x-billig ist dann vermutlich eine Preisvereinbarung zwischen Werkstatt und Versicherung oder aber ein „Kleinstbetrieb“, der im Zweifelsfall die Schadensfälle, in denen die Werkstattstundensätze abgerechnet werden sollen, gar nicht alle bearbeiten kann.

    So etwas gab es doch schon einmal bei der zeitwertgerechten Reparatur. Da sollte man mit Preisen von gebrauchten Ersatzteilen kalkulieren. Die tatsächliche Verfügbarkeit der Teile wurde aber nicht garantiert.

  35. Hunter sagt:

    Fragen wie diese sind doch irgendwo in der Rechtsprechung bereits beantwortet?

    Fiktive Abrechnung, GLEICHWERTIGE billigere MARKENWERKSTATT (der gleichen Marke) am Ort = Erstattung der fiktiven Reparaturkosten auf Basis der billigeren Markenwerkstatt. Vorausgesetzt, es handelt sich bei dem Billigangebot nicht um „Sonderkonditionen“ für die jeweilige Versicherung, sondern um die „normalen“ Stundenverrechnungssätze und ET-Preise des entsprechenden Autohauses und es gibt keine „Fußangel“ a la Frieda.

    Wäre noch zu prüfen, ob dem Geschädigten der Gang zu der billigeren Markenwerkstatt grundsätzlich zumutbar ist?

    Als nachgewiesener bisheriger Dauerkunde der anderen, teureren Markenwerkstatt mit hoher BGH-Wahrscheinlichkeit nicht.

  36. WESOR sagt:

    Gleichwertigkeit der Marke x billiger kommt doch nur, wenn Marke x billiger einen Partnervertrag mit der Versicherung hat. Ansonsten ist doch der Preisunterschied einer Marke an einem Ort sehr gering.

  37. Werkstatt-Freund sagt:

    Hallo alle miteinander!
    Es soll böse Zungen geben, die behaupten, dass die Verantwortlichen der bekannten Coburger Versicherung ob des BGH-Urteils vom 20.10.2009 darauf drängen, dass die Rabattierung in den Kasko-select-Verträgen erhöht wird. Wenn das richtig sein sollte, dann geht selbst der Coburger Versicherer von einem für die Versicherungswirtschaft negativen Urteil vom 20.10.2009 aus. Insoweit kann das vorerwähnte Urteil mit Fug und Recht als Erfolg der Geschädigten und damit als Fortsetzungsurteil des Porsche-Urteils angesehen werden.
    Ebenso positiv schreiben auch die Juristen der beck-online-newsletter.
    MfG
    Werkstatt-Freund

  38. Allesmerker sagt:

    @ Willi Wacker Donnerstag, 22.10.2009 um 22:15

    „ich wollte eigentlich ja nichts mehr schreiben;“

    Wo ein Willi ist, ist auch ein Weg ?!

    Allesmerker

  39. Hunter sagt:

    Schön, dass die Juristen bei beck-online die BGH-Enscheidung positiv sehen.

    Getreu dem Motto: Alles wird gut?

    Na denn….

  40. Andreas sagt:

    Hallo Wesor,

    wir haben beispielsweise bei einer Marke zwei recht nahe Händler, die mit den Verrechnungssätzen etwa 15% auseinander liegen. Ohne Partnervertrag oder sonstigem Klimbim.

    Das wäre x teuer und x billig.

    Grüße

    Andreas

  41. Frieda sagt:

    Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Daher meine Frage and die Rechtsanwälte im Blog:

    Wenn die Versicherung bei der Abrechnung auf die Marke-x-billig verweist, muss sie dann nicht auch nachweisen, dass dort überhaupt die Kapazitäten vorhanden sind, um alle vorgenommenen Abrechnungen/Kürzungen zum entsprechenden Zeitpunkt auch in dieser Werkstatt reparieren zu können. Anders ausgedrückt, wenn diese billige Werkstatt 1 Karosseriespengler hat, können dann innerhalb eines Monats 1000 Kürzungen/Bezugnahmen auf diese Werkstatt erfolgen? Die Werkstatt wäre doch überhaupt nicht in der Lage, diese Schadensfälle alle zu bearbeiten.

    Ein Beispiel: Wenn ALDI ein Sonderangebot anpreist, um die Kunden ins Geschäft zu locken, muss das Angebot auch länger vorhanden sein, und nicht schon direkt nach Geschäftsöffnung ausverkauft sein, sonst ist das unlauterer Wettbewerb.

  42. Hunter sagt:

    Genau diese Methode wird doch schon seit Jahren angewendet.
    Tausendfache Kürzung unter Nennung irgendeiner kleinen Werkstatt, die überhaupt nicht in der Lage wäre, ein größeres Volumen abzuarbeiten.
    Natürlich ist/wäre das nicht zulässig und geht in Richtung unlauterer Wettbewerb. Wie soll aber der einzelne Geschädigte beweisen, dass die Firma x-billig tausendfach zur Kürzung „missbraucht“ wird? Ist zwar ein theoretischer Ansatzpunkt, aber leider in der Praxis nicht durchführbar.

    Der richtige Ansatzpunkt ist die fehlende Gleichwertigkeit (Spezialwerkzeugtafel für das jeweilige Fabrikat, Lehrgangsnachweise aktiver Mitarbeiter für das jeweilige Fabrikat, Nachweis der vollständigen Serviceinformationen für das jeweilige Fabrikat, Garantienachweis mit Nachweis, dass diese auch nach Firmenschließung weiter erfüllt wird, Nachweis, dass die jeweilige Werkstatt (Versicherung) vollumfänglich in die Herstellergarantie eintritt, Nachweis der Verwendung von ORIGINALERSATZTEILEN usw…..

    Und wenn eine freie Werkstatt tatsächlich alle Hürden schafft, dann stimmt auch wieder der Stundenverrechnungssatz.
    Die Freien sind ja nur so billig, weil sie das Genannte eben nicht erfüllen und – wenn sie „ehrlich“ arbeiten – mit dem Gewinn auf der letzten Rille fahren.

    Die „Gleichwertigkeit“ richtig zu Ende gedacht und konsequent angewendet = das Ende der Behauptung „gleichwertig“ und damit mittelfristig das Ende der Kürzungsorgie.

  43. Joda Besserwisser sagt:

    Das BGH -Urteil hat also erwartete Reaktionen großen Umfanges hervorgerufen.

    Fest steht aber doch:

    1. Die meisten hier hatten unrecht. Eine Versicherung darf auf eine freie Werkstatt verweisen (unter Voraussetzungen, die man erst dann wirklich abschätzen kann, wenn der Volltext vorliegt).

    2. fiktiv kann etwas anderes herauskommen als „konkret“ (war das nicht z.B. bei 130-%-Fällen schon immer so?!)

    3. Der Streit geht jetzt wohl meist um die Gleichwertigkeit, was aber das Kostenrisiko des Klägers erheblich erhöht (wer kann schon absehen wie das ausgeht?), also ggf. der Versichrungswirtschaft nutzt.

    Zu den bisherigen Beiträgen im Einzelnen, wobei ich durchaus juristische und faktische Argumente aufgreifen möchte

    Garantieverlustrisiko:

    Aus meiner Sicht das schwächste Argument, denn die fiktiv Abrechnenden können in 30 Jahren bei Mercedes ja dann mal ihr Glück versuchen, GANZ OHNE Rechnung über eine Reparatur (wo auch immer) Garantie zu beanspruchen. Bleibt mal bei den Fakten, meist wird doch billiger (also auch weniger fachgerecht) repariert.

    Verweis bei konkreter Abrechnung (Markenwerkstätten):

    Bitte macht doch hier nicht den Versicherern Vorschläge, die weitergehen als deren Regulierungsverhalten bisher. Denen geht es hauptsächlich um die fiktiven Abrechnungen. Partnerwerkstatt ist ein anderes Thema!
    Juristisch ist das sehr spannend (vgl. unten)

    Ersetzungsbefugnis:

    Ich lese das Urteil so, dass zwei gleichwertige Reparaturmöglichkeiten 2 gleichwertige Reparaturmöglichkeiten sind und bleiben. Es ist typisch Autofahrerrechtsprechung (und akzeptabel), dass ein gewissen Vertrauen des Einzelnen in eine etwas teurere Lösung dann zu höherem Ersatz führt, wenn das auch besteht. Kurz gesagt: VW Meier kann es nicht besser als Karosserie Müller. Wer aber UNBEDINGT trotz höheren Preises zu VW Meier will, muss das auch tun, obwohl es eigentlich keinen Grund gibt. Also anders als bei der Mietwagenrechtsprechung. Wer unbedingt zu Mietfirme 150 € am Tag geht, obwohl die gleiche Leistung überall anders 50 € kostet, geht – zu Recht!! – leer aus. Markenwerkstätten werden demnach über das BGH-Urteil sehr dankbar sein, denn nun stehen deren Sätze voraussichtlich häufiger auf der Rechnung als bisher (und nicht nur im Gutachten). VW kalkulieren und Müller machen lassen lohnt sich eben nicht mehr! Das ist eigentlich eine Normalisierung des Normalzustandes. Kein Schadensersatzjurist würde bei anderen beschädigten Sachen als Autos auf die Idee kommen, dass es unter gleichwertigen Reparaturmöglichkeiten die teuerere geben darf, erst recht nicht bei fiktiver Abrechnung! Oder hat beispielsweise schon mal jemand versucht, ein beschädigtes Handy nach 130-%- Rechtsprechung reparieren zu lassen?
    Also ein gewisser Grad an Normalisierung der Autorechtsprechung, wenn auch mit dem Bonus, dass der,der was teueres tatsächlich macht (also das Geld ausgibt) auch das tun kann, was nach objektiven Kriterien unsinnig bzw. unwirtschaftlich ist. Objektiv erforderlich ist eine Markenwerkstatt wohl nicht, da für die Mehrkosten keine Mehrleistung erkennbar ist. Danach dürfte sich auch entscheiden,ob man unter unterschiedlich teuren Werkstätten die eigene „vertraute“ Werkstatt aufsuchen darf. Konkret ja, fiktiv nein (Auto-Bonus trotz fehlender Erforderlichkeit).

    Minderwert bei Veräußerung
    Ob und in welchem Umfang eine (ggf. zusätzliche) merkantile Wertminderung einträte, wenn „nur“ in der zertifizierten Meisterwerkstatt repariert wird, könnte diekutabel sein. Das bedeutet aber auch, dass Markenwerkstattkunden bei konkreter Abrechnung einen bschlag auf den Minderwert hinnehmen müssten, denn bisher wird ja meist nur grob geschätzt, Markenwerkstattreparatur ist nie ein Thema gewesen, sondern nur fachgerechte Reparatur.
    Aber: Das ist kein Thema bei den Reparaturkosten! Es handekt sich um einen weiteren – schätzbaren – Vermögensschaden als Sachfolgeschaden. Das ist es durchaus wert, betrachtet zu werden. Allerdings könnte man auch hier sagen, dass dann auch die alleinige Wartung in der Markenwerkstatt erfolgt sein müsste, den der Markt bewertet wohl „der war nur bei Mercedes“ anders als „der ist zwar bei Mercedes repariert worden gewartet hat ihn aber die Tankstelle“.
    Im Ergebnis würden hier die für Massenfälle erforderlichen Gleichmachereien aufgeweicht werden, JEDE Schätzung insbesondere aufgrund von Rechentabelen wäre angreifbar!

    Abschließend wäre ich sehr dankbar, wenn einer derjenigen Autoren, die hier einige Versicherer sehr hart angegangen sind, obwohl diese genau auf der jetzt erkennbaren Linie des BGH lagen, dies malkundzutun bereit wären. Es wuden ja oft genug ungesetzliche Verfahrensweisen vorgeworfen.
    Dass man auch diese Urteil teils als Erfolg und Beweis für die eigene Meinung sehen mag, ist menschlich, dadurch aber nicht richtiger.

    Einsicht möge einkehren.
    und die Macht mit uns sein.

    Grüße

    Joda Besserwisser

  44. WESOR sagt:

    Sollte der Versicherer zum Zeitpunkt des Unfalls die Gleichwertigkeit mit den im Blog von Hunter angeführten Nachweisen mit seiner Schadenskalkulation bereits vorlegen müssen, dass der von ihm benannte Betrieb über die vorgeschriebenen Werkzeuge und Schulungsnachweise usw. befindet hat sich der Spuk doch gleich erledigt. Wieviele dieser Partnerwerkstätten bringen doch die Fehlerauslese in die Fabrikatsvertretung und Schweißpunktvorgaben sind doch dort gar nicht bekannt usw..

    Der örtliche SV der Versicherung müsste eine Papierflut dem Geschädigten überreichen und dieser wiederum zur Waffengleichheit seinen Gutachter mit der Überprüfung beauftragen. Da wird für einen Unfallschaden eine Woche vergehen bis jeder alle Daten überprüft hat. So etwas fällt nur Juristen ein. Es gibt eben einen Lada und einen Bently. Es gibt eben die gleiche Versicherung für 350 und 1500 €. Die Versicherungen lassen sich doch auch nicht die Prämien vorschreiben, aber sie wollen den Geschädigten diktieren.
    Haben wir eine Versicherungsdiktatur ?

  45. Hunter sagt:

    Joda Besserwisser – das ist genau der richtige Name.

    Ein Besserwisser, der in einer anderen Welt lebt? Die dunkle Seite der (Versicherungs-) Macht oder so?

    Mit dieser schrägen Argumentation werden wir es künftig seitens der Versicherungswirtschaft zu tun haben. Genau das sind die hiesigen Prognosen für die künftige Schadensabwicklung.

    Fiktive und konkrete Abrechnung sind auch nach dem neuen BGH-Urteil – bis auf die Mehrwertsteuer – gleichwertig. Partiell different zu betrachten sind Fahrzeuge, die sich weder in einer Garantie befinden, noch in einer markengebundenen Fachwerkstatt gepflegt wurden. Bei allen anderen sind die Verrechnungssätze der markengebunden Fachwerkstatt bei der fiktiven Abrechnung – ohne wenn und aber – sofort fällig. Bei Fahrzeugen außerhalb der Garantie bzw. nicht gepflegt in einer markengebundenen Fachwerkstatt kann die Versicherung versuchen, eine billigere Werkstatt ins Spiel zu bringen. Nur muss sie leider BEWEISEN, dass diese Werkstatt GLEICHWERTIG ist. DEKRA zerifiziert oder sonstiger Müll dürfte dafür bei Weitem nicht ausreichen (siehe oben).

    Die Leute hier sind nicht sauer, weil der BGH irgend etwas am Porsche-Urteil geändert haben könnte, sondern vielmehr deshalb, weil der BGH nun, aus theoretischer Denkweise, irgendwelche Konkretisierungs-Regeln aufgestellt hat, die das aktive Tagesgeschäft nun noch weiter aufblähen und dieser Konkretisierungsmist zur Erhöhung der Prozessrate an den Instanzgerichten beiträgt.

    That´s it!

  46. WESOR sagt:

    So kommen viele zur Vollbeschäftigung und die Geschädigten bleiben dabei auf der Strecke. Aber das ist von den Versicherungsvertretern ja gewünscht. Man streitet juristisch dem Geschädigte einige EURO ab und lebt selbst davon. Die Richter- und Beamtenschaft an den Amtsgerichten kann auf lange Prozesswartezeiten verweisen und sich Aufblähen. Den Versicherungen sei dank. Darum lohnt es sich deren Meinung in ein verwässertes Urteil einfliesen zu lassen.
    Als SVe werden wir in Zukunft ausser dem Serviceheft noch die Rechnungen für die vorausgegangen Reparaturen in das Gutachten aufnehmen sollen.

  47. Joda Besserwisser sagt:

    Hallo Hunter!

    Das nenne ich mal inhaltlich Auseinandersetzung!
    Es ist eben vor BGH VI ZR 53/09 nict so gewesen, dass fiktiv und konkret das Gleiche herauskam. Wer ehrlich (blöd?) war und eine Rechung über eine freie Werkstatt vorlegte bekam weniger als derjenige mit hohen Werkstattsätzen, obwohl er- häufig anders als der fiktiv Abrechnende -wirklich eine fachgerechte Reparatur durchführen ließ. Mich würde sehr interessieren welchen Rat der eine oder andere hier im Forum dem erteilt hätte.

    Die DEKRA (ohne dazu beauftragt worden zu sein) hat 2008 herausgefunden:
    52 % der Reparaturschäden werden fiktiv abgerechnet.
    20,4 % werden selbst repariert.
    1,6 % werden durch Versicherer gesteuert (Partner-Netze)

    Daneben:

    35,2 % lassen in einer Markenwerkstatt instand setzen
    41,8 % in einer unabhängigen Werkstatt.

    Je älter das Fahrzeug, desto häufiger sind es die „freien“ Werkstätten.

    … nur um mal Dimensionen klarzustellen.

    Wenn die alle Markenwerkstattsätze bekommen,wird also insgesamt über alle Fahrzeuge zuviel gezahlt!

    Ob das aktive Tagesgeschäft aufgebläht wird, entscheiden auch diejenigen, die den Geschädigte versprechen. „mehr rauszuholen“ Mancher will vielleicht wirklich nur ein fachgerecht repariertes Auto (und natürlich Nutzungsausfall oder Mietwagen und etwaigen Minderwert).

    Grüße

  48. Hunter sagt:

    Na was war denn vor dem Urteil VI ZR 53/09?

    Bei der Mehrzahl der fiktiven Fälle gab es tagtäglich tausendfachen Streit darüber, ob die Kosten der markengebundenen Fachwerkstatt zu erstatten sind, weil die Versicherungen stets mit der angeblichen Gleichwertigkeit irgendwelcher (ihrer) Billigwerkstätten angetrabt sind. Prozesse waren in der Mehrzahl der Fälle für die Versicherung erfolglos und gingen zu Lasten der Versichertengemeinschaft, weil die viel gepriesene GLEICHWERTIGKEIT eben nicht beweisbar war (und ist). In diesen Prozessen wurden übrigens alle Fälle angegriffen. Die im kommenden genannten Fälle 1.) u. 2.) dürften nun wohl wegfallen.

    Und was ist nun nach dem Urteil des BGH?

    1.) Wer irgendeine Garantie für sein Fahrzeug hat – selbst eine weiterführende bis zu 30 Jahren – ERHÄLT FIKTIV DIE KOSTEN DER MARKENGEBUNDENEN FACHWERKSTATT.

    2.) Wer sein Fahrzeug in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten lassen, ERHÄLT FIKTIV DIE KOSTEN DER MARKENGEBUNDENEN FACHWERKSTATT.

    3.) Wer 1.) u. 2.) nicht hat, ERHÄLT FIKTIV DIE KOSTEN DER MARKENGEBUNDENEN FACHWERKSTATT, sofern der Versicherer nicht definitiv BEWEISEN kann, dass die seitens des Schädigers genannte Billig-Werkstatt GLEICHWERTIG ist.

    Fiktiv bei allen Fallen natürlich nach wie vor ohne Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß Gesetzesänderung vom 01.08.2002.

    Ist das nun besser oder schlechter für einen Geschädigten?

    Auf alle Fälle nix mit Trennung von fiktiv und konkret.

    Den Leuten beim BGH ging es im Grunde um die Spezifizierung der Gleichwertigkeit gemäß VI ZR 398/02. Leider wieder ohne hinreichenden Erfolg, da nicht genau genug erläutert. So zumindest kann man die Pressemitteilung werten, wenn der vorliegende 3er Fall an das LG Würzburg zurückgeweisen wurde. Bei den Fällen 1.) und 2.) wurde mehr Rechtsklarheit geschaffen, jedoch mit dem Preis der „aufgeblähten“ künftigen Schadensabwicklung für die Sachverständigen und Rechtsanwälte (Garantienachweise beschaffen – Herstellerabfragen, Servicehefte anfordern bzw. Rechnungen der letzten Inspektionen, wenn nicht Erstbesitz usw….).

    Fazit:

    Vor der Entscheidung VI ZR 53/09 haben die Versicherer versucht, bei jedem Fiktivabrechner die Gleichwertigkeit gemäß VI ZR 398/02 „auszuschlachten“. Danach funktioniert das nun nur noch bei den Fällen gemäß Punkt 3.).

    Wer´s jetzt noch nicht verstanden hat, sollte (und wird auch) künftig wieder zu Gericht ziehen (müssen). Auf diese Ergebnisse sind wir dann gespannt?

    Die DEKRA mit Auftrag ohne Auftrag ist schon ein alter Hut.
    Zieht sich durch alle Bereiche der Schadensabwicklung. Ermittlung durchschnittlicher Stundenverrechnungssätze (ohne Auftrag der Versicherungswirtschaft? für die Versicherungswirtschaft), Umstellung des Sachverständigenhonorars nach Aufwand mit Berechnung nach Schadenshöhe im Hintergrund für die eigenen Aufträge (ohne Auftrag der Versicherungswirtschaft? für die Versicherungswirtschaft) usw.

    Wo gibt es einen Hauch von Unabhängigkeit, wenn pro Jahr mehrere Hunderttausend Aufträge aus der Versicherungswirtschaft generiert werden?

    Überall wo Geld aus der Versicherungswirtschaft eine Rolle spielt, kommt es schlagartig zum Katarakt. Bei manchen führt es auch zur Demenz. Einige entschweben in eine andere Dimension.

  49. SV F.Hiltscher sagt:

    @ Hunter
    „Nur muss sie leider BEWEISEN, dass diese Werkstatt GLEICHWERTIG ist. DEKRA zerifiziert oder sonstiger Müll dürfte dafür bei Weitem nicht ausreichen (siehe oben).“

    Hallo Hunter.
    die vielen, vielen ö.b.u.v. Sachverständigen der weisungsgebundenen SSH Organisation werden das doch für ihre Brötchengeber sofort beweisen.
    Schwer ist das sicherlich nicht, wenn man bedenkt, dass M.E. bei den Kalkulationen der meisten SSH Sachverständigen, sowieso nur auf einen Sparerfolg und nicht auf die erforderlich qualifizierte Reparaturqualität der Focus liegt.
    Möglich ist, dass zwischen die ohnehin uneinigen SV der verschiedenen Organisationen ein weiterer Keil getrieben wird wenn es darum geht „gute Werkstatt-schlechte Werkstatt“ zu beweisen.
    Der einst erfolglose Schmusekurs(zumindest für die Werkstätten) „richten anstatt erneuern“ wird von der Versicherungswirtschaft fortgeführt werden unter anderen Vorgaben evtl. „wer arbeitet gleichwertig ?“.
    Zumindest droht die Gefahr für freie SV dass sie sich zwischen den Fronten den „Ast selbst absägen“.
    MfG

  50. Hunter sagt:

    Genau.

    So langsam kommen doch die kritischen Überlegungen zu möglichen Auswirkungen dieses eigentlich „positiven Urteils“ auf das Tagesgeschäft.

    Deshalb auch weiter oben die Bezeichnung „Disaster“ (siehe erster „Hunter-Kommentar“ vom 22.10.2009 12:17).

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