LG Stendal nimmt bei den Sachverständigenkosten keine Quotelung vor und verurteilt HUK-Coburg und ihren VN zur Zahlung weiteren Schadensersatzes mit Berufungsurteil vom 19.11.2009 – 22 S 32/09 -.

Hallo Leute, jetzt wurde auch aus Sachsen-Anhalt ein Urteil eingesandt. Nachfolgend das Urteil aus Stendal. Das dortige Landgericht hat im Berufungsverfahren das erstinstanzliche Urteil des AG Salzwedel abgeändert und die HUK-Coburg und ihren VN als Gesamtschuldner verurteilt weiteren Schadensersatz aus Verkehrsunfall verzinslich zu zahlen. Dabei hat das Berufungsgericht dann auch bei einer Quotierung der Haftung die Sachverständigenkosten – allerdings ohne Begründung – zu 100 % zugesprochen. Lest aber selbst.

Geschäfts-Nr.: 22 S 32/09                        verkündet am: 19. November 2009
31 C 330/08 Amtsgericht Salzwedel

Landgericht Stendal

Urteil

In dem Rechtsstreit

… ,

Kläger und Berufungskläger

gegen

1. HUK-COBURG – Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand Rolf-Peter Hoenen, Stefan Gronbach und Klaus-Jürgen Heitmann, Willi-Hussong-Straße 2, 96443 Coburg,

2. … ,

Beklagte und Berufungsbeklagte

hat die Zivilkammer 2 des Landgerichts Stendal auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 2009 durch

den Präsidenten des Landgerichts … , den Richter am Landgericht … und die Richterin am Landgericht …

für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Salzwedel vom 10. März 2009 – 31 C 330/08 (III) abgeändert und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger € 1.086,68 (in Worten: eintausendsechsundachtzig 68/100) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz sowie weiteren € 155,30 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitgegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf € 2.285,79 festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall.

Der Kläger, der kurz nach Verlassen eines Kreisverkehrs nach links auf ein Tankstellengebäude abbiegen wollte, kollidierte am 9.12.2007 mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 2), der sich im Überholvorgang befand. Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Einzelnen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger über die von den Beklagten vorgenommene hälftige Schadensregulierung hinaus keine weiteren Ansprüche geltend machen könne. Ihn treffe ein Mitverschulden, weil er gegen die doppelte Rückschaupflicht beim Abbiegen verstoßen habe.

Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, die unter Beifügung einer fragmentarischen Ausfertigung der angefochtenen Entscheidung eingelegt wurde. Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens beanstandet er, das Amtsgericht habe die Aussagen der Zeugen fehlerhaft gewürdigt, die zum Unfallhergang vernommen worden seien. Er ist der Meinung, der Beklagte zu 2) habe den Verkehrsunfall allein verursacht und müsse daher für den Schaden vollständig aufkommen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Salzwedel, 31 C 330/08, vom 10.03.2009 zu verurteilen, an den Kläger gesamtschuldnerisch € 2.285,79 nebst 5%-Punkten Zinsen über den Basiszinssatz hierauf seit 23.04.2008 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von € 189,33 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und tragen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanziichen Vorbringens vor, das Amtsgericht habe die Beweise zutreffen gewürdigt. Die paritätische Haftungsquote sei daher angemessen..

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). Dem steht auch nicht – wie die Beklagten meinen – entgegen, dass der Berufungsschrift lediglich eine fragmentarische Ausfertigung der angefochtenen Entscheidung beigelegt war. Denn die Beifügung einer Urteilsausfertigung stellt nach § 519 Abs. 3 ZPO lediglich eine Sollpflicht dar, die nicht zur Nichtigkeit des Rechtsmittels führt (vgl. Zöller, ZPO, 26. Aufl. § 519 Rn 38).

In der Sache hat die Berufung teilweise Erfolg und führt zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Der Kläger kann nach §§ 7 Abs. 1,17 Abs. 1 und 3, 18 Abs. 1 S. 1 StVG; 1, 3 Nr. 1 PflVG a. F. 2/3 die durch den Verkehrsunfall vom 9.12.2007 erlittenen Schäden ersetzt verlangen. Nach diesen Vorschriften haftet der Fahrer und akzessorisch auch der Haftpflichtversicherer wegen vermuteten Verschuldens für die im Straßenverkehr verursachten Schäden.

Der PKW Mazda des Klägers wurde beim Betrieb des Kraftfahrzeugs des Beklagten zu 2} beschädigt. Hierfür haftet der Beklagte zu 2), weif er den überholenden Wagen geführt hat Er kann sich nicht exkulpieren, weil ihm ein Verstoß gegen das Verbot in § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO zur Last fällt. Danach ist ein Überholen bei unklarer Verkehrsfage unzulässig. Der Beklagte zu 2) hätte das im Unfall endende Überholmanöver nicht vornehmen dürfen, weil ihm nach seiner Anhörung vor dem Amtsgericht die Orientierungslosigkeit des ortsfremden Klägers bereits im Kreisverkehr aufgefallen war und er die Ursache des stockenden Verkehrs auf der L8 nicht erkennen konnte. Dass eine Entlastung nach § 18 Abs. 1 S. 2 StVG ausscheidet, konzedieren die Beklagten konkludent durch die an den Kläger erbrachte Teilzahlung und ausdrücklich in ihrer Klageerwiderung.

Für eine Quotelung ist Raum, weil der Kläger nicht nachweisen konnte, dass der Unfall für ihn ein unabwendbares Ereignis i. S. von §§ 18 Abs. 3,17 Abs. 3 StVG darstellt, das zu einer vollen Haftung der Beklagten führen würde. Ein unabwendbares Ereignis ist nämlich nur anzunehmen, wenn der Unfall weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Verrichtungen beruht. Sowohl der Halter als auch der Fahrer des Fahrzeugs müssen jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet haben. Hierzu gehört sachgemäßes geistesgegenwärtiges Handeln über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus. Jedoch nicht das Verhalten eines „Superfahrers“, sondern – gemessen an den durchschnittlichen Verhaltensanforderungen – das Verhalten eines „Idealfahrers“ {vgl. BGHZ 113, 164). Der Fahrer muss also auch in der Lage sein, erhebliche Fehler anderer Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen (vgl. Henschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 17 Rn. 22).

Der Kläger trägt die Beweislast für die Umstände, aus denen er eine Unabwendbarkeit des Unfalls herleiten will (vgl. BGH DAR 1976, 246; OLG Köln NZV 1994, 230). Denn hierbei handelt es sich – wie sich aus der systematischen Stellung von § 17 Abs. 3 StVG ergibt – um einen Ausschlusstatbestand. Indes ist dem Kläger dieser Nachweis nicht gelungen. Seine Angriffe gegen die Feststellungen des Amtsgerichts greifen nicht durch. Sie sind für die Kammer nach § 529 ZPO bindend, weil keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an Ihrer Richtigkeit oder Vollständigkeit begründen und deshalb eine neue Feststellung gebieten. Der Prüfungsumfang des Berufungsgerichtes ist also reduziert. Es hat eine Beweisaufnahme nur dann zu wiederholen, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Feststellungen des Amtsgerichts keinen Bestand haben werden (vgl. BT-Drucks. 14/6036, S, 159). Um diese Erwartung zu begründen, muss der Berufungsführer bei Zeugen – ausgehend vom Vemehmungsprotokoll der ersten Instanz – schlüssige Gründe darlegen. Sie können etwa darin liegen, dass die Aussagen nicht erschöpfend waren oder im Widerspruch zu den Urteilsgründen stehen.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger die behauptete Verletzung der doppelten Rückschaupflicht (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO) nicht widerlegen können. Die Aussage der Zeugin … war unergiebig. Sie konnte sich nicht mehr genau erinnern und deshalb auch nicht ausschließen, dass der Beklagte bereits zum Überholen ausgeschert hatte, so dass der Kläger ihn zumindest bei der zweiten Rückschau unmittelbar vor Einleitung des Abbiegemanövers hätte sehen müssen. Auch die Zeugin … hat die Darstellung des Klägers nur scheinbar bestätigt. Sie gab an, dass sie das Fahrzeug des Beklagten erst gesehen habe, als der Kläger seinen Abbiegevorgang schon fast beendet hatte. Im weiteren Verlauf der Vernehmung konkretisierte sie ihre Angaben dahingehend, dass der Beklagte sich bereits im Überholvorgang befunden habe, als der Kläger erst mit ca. einem Drittel seines Fahrzeugs auf der Gegenfahrspur gewesen sei. Gerade die letzten Angaben sprechen dafür, dass der Kläger den überholenden PKW unmittelbar vor dem Abbiegen hätte erkennen können. Eine andere Bewertung iässt sich lediglich aus der Schilderung durch … herleiten, auf die der Kläger sich maßgeblich stützt. Das Amtsgericht hat im, Rahmen seiner Beweiswürdigung allerdings dargelegt, weshalb es ihm keinen Glauben geschenkt hat. So ist die Belastungstendenz, die im dem wiederholt geäußerten Unverständnis über die Fahrweise des Beklagten zu 2) zum Ausdruck kam, ein in der Lehre der forensischen Tatsachenfeststellung anerkanntes Kriterium der Zeugenwürdigung. Darüber hinaus hat das Amtsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Angaben von … mit der Darstellung des Geschehensablaufes durch die beiden Zeuginnen auch in anderen Punkten nicht in Übereinstimmung zu bringen sind.

Da der Unfall kein unabwendbares Ereignis für den Kläger darstellt, ist eine Haftungsquote nach §§ 18 Abs. 3, 17 Abs. 1 StVG vorzunehmen. Nach diesen Vorschriften richtet sich der Umfang des zu leistenden Ersatzes im Verhältnis zwischen den Verkehrsteilnehmern von den Umständen und insbesondere davon ab, in wieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teile verursacht worden ist. Neben reinen kausalen Beiträgen sind auch die Betriebsgefahr und das Verschulden von Belang (vgl. BGH, NZV 1996, 272). Ausgangspunkt einer Quotelung ist eine hälftige Schadensteilung. Sie verschiebt sich zu Lasten desjenigen Verkehrsteilnehmers, dem ein höherer Verursachungs- bzw. Verschuldensanteil zur Last fällt. Ist der Ablauf des Geschehens wie hier streitig, hat jeder dem anderen die haftungserhöhenden Tatsachen nachzuweisen. Bei der Abwägung zählen lediglich unstreitige, zugestandene oder erwiesene Tatsachen (vgl. BGH NJW 2000, 3069; OLG Naumburg DAR 2001, 223). Das vermutete Verschulden des Fahrers nach § 10 Abs. 1 S. 1 StVG ist also ohne Belang.

Von einem Geschwindigkeitsverstoß des Beklagten zu 2) ist nicht auszugehen. Unabhängig von einem am Kollisionsort ggf. geltenden Tempolimit ist nicht ersichtlich, dass er seine Geschwindigkeit den Straßenverhältnissen nicht angepasst habe (vgl. § 3 Abs. 1 S. 2 StVO). Indes durfte er in dieser Konstellation – wie bereits oben dargelegt -nicht überholen, weil eine unklare Verkehrslage vorlag (vgl. § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO).

Dem Kläger fällt – wie das Amtsgericht beanstandungsfrei festgestellt hat – zumindest ein Verstoß gegen die zweite Rückschaupflicht unmittelbar vor dem Abbiegen zur Last

(§ 9 Abs. 1 S. 4 HS 1 StVO). Der mit dem Abbiegen verbundene Richtungswechsel führt zu einem Kreuzungsverkehr auf der Gegenfahrbahn. Das begründet die abstrakte Gefahr dieses Manövers und hat den Verordnungsgeber veranlasst, den Führer des abbiegenden Fahrzeugs sowohl auf Überholer (§ 9 Abs. 1 Satz 4 StVO) als auch auf entgegenkommende Fahrzeuge (§ 9 Abs. 3 StVO) besonders achten zu lassen. Der Kläger hätte sein Abbiegemanöver nicht durchführen dürfen, obwohl der Beklagte zu 2), den er bei aufmerksamer Absicherung des rückwärtigen Verkehrsraums hätte sehen können, verbotswidrig überholte.

Die Verkehrsverstöße der Beteiligten sind gegeneinander abzuwägen. Gegen den Beklagten zu 2) spricht, dass er verbotswidrig überholt hat. Bei einer Kollision mit einem Linksabbieger hat er in der Regel einen Haftungsanteil von 2/3 zu tragen (vgl. LG Aachen, r + s 1986, 203; LG Bochum, MDR 1987, 227; LG Kassel, VersR, 1987. 575; Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 11. Aufl. Rn. 165). Hier besteht die Besonderheit, dass der Kläger in die L8 eingefahren und nach ca. 50 m wieder abgebogen ist. Für derartige Konstellationen, in denen der nachfolgende Verkehr mit einem erneuten Abbiegen kaum rechnet, wird zum Teil umgekehrt ein höherer Haftungsanteil des Linksabbiegers von 2/3 bis 3/4 als angemessen erachtet (vgl. Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrunfällen, 11. Aufl. Rn. 126). Eine derartige Verschlechterung der Quote zulasten des Klägers kommt hier indes nicht in Betracht Denn aus Sicht des Beklagten zu 2) war es nicht unvorhersehbar, dass der Kläger abbiegen würde. Vielmehr hatte sich vor dem Beklagten eine Schlange gebildet. Er musste also damit rechnen, dass ein am Anfang der Reihe stehendes Fahrzeug, das zunächst den entgegenkommenden Verkehr passieren lassen musste, links auf ein sichtbares Tankstellengelände abbiegen würde. Hinzu kommt, dass dem Beklagten zu 2) die desorientierte Fahrweise des Klägers bereits im Kreisel aufgefallen war. Deshalb hätte für ihn Veranlassung bestanden, sein Überholmanöver aufzuschieben, bis die für ihn zumindest unklare Verkehrslage vor ihm beseitigt war. Weil der Schwerpunkt der Verantwortlichkeit bei dem Beklagten zu 2) lag, erscheint der Kammer im Wege der Abwägung eine Haftungsquote von 70% zu seinen Lasten angemessen. Insoweit unterliegt das angefochtene Urteil deshalb der Abänderung.

Der Höhe nach ist gemäß §§ 249ff BGB also folgender Schaden ersatzfähig:

70% der Reparaturkosten von € 3.190,80                  € 2.233,56

70% der Mietwagenkosten von € 592,62                      € 414,83

70% der Abschleppkosten von € 197,91                       € 138,54

100% streitwertunabhängige Rechtsverfolgungskosten, nämlich

Sachverständigengutachten                                          € 565,25

Kostenpauschale (geschätzt nach §§ 287 ZPO Nr. 7001 W RVG) € 20,-

Zwischensumme:                                                        € 3.372,18

./. Teilleistungen des Beklagten zu 1)                         € 2.285,50

Summe                                                                        € 1.086,68

Zudem kann der Kläger die Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit seines Anwalts nach der Höhe des berechtigten Streitwerts von € 1.086,68 ersetzt verlangen, also 1,3 Geschäftsgebühren nach Nr. 2400 W RVG in Höhe von € 110,50, eine Postpauschale von € 20 nach Nr. 7001 W RVG sowie Umsatzsteuer von 19 % nach Nr. 7008 W RVG, also insgesamt € 155,30.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils und zum Streitgegenstandswert folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713, 108, 3, 4 ZPO; 3 Abs. 1, 43, 47 GKG.

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung sowie die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

So das Urteil der Berufungskammer des LG Stendal vom 19.11.2009.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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13 Antworten zu LG Stendal nimmt bei den Sachverständigenkosten keine Quotelung vor und verurteilt HUK-Coburg und ihren VN zur Zahlung weiteren Schadensersatzes mit Berufungsurteil vom 19.11.2009 – 22 S 32/09 -.

  1. Chr. Zimper sagt:

    Hi Willi Wacker, wieso ohne Begründung? Das LG sieht das SV-Honorar als Rechtsverfolgungskosten an. Das ist doch wohl Begründung genug?

    „100% streitwertunabhängige Rechtsverfolgungskosten, nämlich
    Sachverständigengutachten € 565,25 …“

  2. Rudi sagt:

    Das AG Cuxhaven hält mit seinem Urteil vom 25.03.2011 (5 C 692/10) die SV-Kosten beim Quotenschaden übrigens auch für voll erstattungsfähig.

    http://www.schadenfixblog.de/rechtsanwalt-ulf-grabow-haftungsverteilung-linksabbiegeruberholer-ag-cuxhaven-urteil-vom-25-03-2011-5-c-69210

  3. Willi Wacker sagt:

    Hallo Chr. Zimper,
    die Begründung ist aber mehr als problematisch. Denn die Anwaltskosten sind unstreitig Rechtsverfolgungskosten. Diese sind aber im Rahmen des Mitverschuldens oder der Mitverursachung nur zu dem Gegenstandwert zu erstatten, der zu dem Schadensbetrag, den der Unfallverursacher zu tragen hat, in Relation steht. Beträgt der Gesamtschaden 10.000 €, haftet allerdings der Geschädigte zu 50%, erstattet der Schädiger nur 5.000 € und die Anwaltskosten zum Gegenstandswert von 5.000 €, nicht von 10.000 €, obwohl die Anwaltskosten Rechtsverfolgungskosten sind. Nein das Argument mit den Rechtsverfolgungskosten überzeugt keineswegs.

  4. Willi Wacker sagt:

    Hallo Rudi,
    auch das AG Cuxhaven hat keine Begründung abgegeben, weshalb es die vollen SV-Kosten bei Quotelung zugesprochen hat.

  5. Chr. Zimper sagt:

    und woher weiß der Anwalt, wie hoch der Betrag aus, wie von dir beispielhaft angeführt, 50 % des zu fordernden Fahrzeugschadenersatzes ist? War die Grundlage nicht, wie hier nach ausführlicher Diskussion bereits festgestellt, der zunächst ermittelte Gesamt-Reparaturkostenumfang durch den Sachverständigen?

  6. Willi Wacker sagt:

    Hallo Chr. Zimper,
    „War die Grundlage nicht, wie hier nach ausführlicher Diskussion bereits festgestellt, der zunächst ermittelte Gesamt-Reparaturkostenumfang durch den Sachverständigen?“ – Eben nein.
    Umfang des Werkvertrages ist in der Tat die Feststellung des Gesamtschadens. Insoweit hat der SV auch einen vollen Werklohnanspruch an seinen Auftraggeber. Allerdings muss sich der Auftraggeber im Falle des Mitverschuldens gem. § 254 BGB oder der Mithaftung gem. § 17 StVG darüber im Klaren sein, dass er einen zu weit gefassten Werkauftrag erteilt hat, da er nur die erforderlichen Wiederherstellungskosten nach § 249 BGB vom Schädiger ersetzt verlangen kann. Aufgrund des § 17 StVG ist der Schadensersatzanspruch des Geschädigten von vornherein beschränkt. Er kann daher gem. § 17 StVG nur den Teil fordern, für den der Unfallgegner haftet. Für seinen eigenen Mitverursachungsanteil haftet der „Geschädigte“ selbst. Insoweit ist der Geschädigte selbst Schädiger. Der vermeintlich Geschädigte kann aber nicht mehr fordern als sein Anspruch überhaupt geht. Aufgrund der Mitverursachung des Schadens kann der vermeintlich Geschädigte von vornherein nur einen Teil seiner Schäden gekltend machen. Und dazu gehört auch die Schadensposition Sachverständigenkosten. Gerade mit dem neuesten BGH-Urteil vom 7.6.2011 – VI ZR 260/10 – hat der VI. Zivilsenat entschieden, dass es besonderer Vorsicht bei der Abtretung der Schadensposition Sachverständigenkosten bedarf. Auch der BGH hat bereits im Urteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – entschieden, dass die Sachverständigenkosten ein eng mit dem Schaden verbundener Vermögensnachteil sind bzw. gem. § 249 II 1 BGB ein Teil des Wiederherstellungsaufwandes (vgl. BGH NJW-RR 1989, 953, 956; BGH DS 2005, 108; BGH NJW 1974, 90; BGH NJW 1985, 1845 L; BGH DS 2007, 144 Rn. 11).
    Konsequenz des Mitverschuldens des vermeintlich Geschädigten, der eigentlich auch Teilmitverursacher ist, ist, dass er einen Teil in Höhe seiner Haftungsquote selbst tragen muss. Das gilt auch für die Schadensposition Sachverständigenkosten. So, das war es dann aber auch.

  7. Glöckchen sagt:

    Hi Frau Zimper
    Natürlich liegen alle,die etwas anderes sagen, wie immer voll daneben!
    Aber das ist ja bekannt!
    Konsquent wäre es dann aber auch anzunehmen,dass die vollen Gutachterkosten auch dann als Rechtsverfolgungskosten zu erstatten sind,wenn sich im Nachhinein garkeine Haftung herausstellt,oder?
    Selber alleine schuld und doch Anspruch auf Erstattung aller Gutachterkosten,das wäre doch ideal,oder?
    Na dann, machen Sie das so!
    Ich wünsche gutes Gelingen und hoffe auf Ihre baldige Erfolgsmeldung.

  8. Willi Wacker sagt:

    Hallo Glöckchen,
    Dein Argument unterstützt in hervorragender Beispielhaftigkeit, dass Die Rechtsauffassung von OLG Rostock, LG Stendal, AG Cuxhaven, AG Siegburg und AG Wolfach u. a. in letzter Konsequenz nicht richtig sein kann. Nicht umsonst hat der VI. Zivilsenat in seinem jüngsten Urteil die Sachverständigenkosten als Schadenspisition angesehen, die abgetreten werden kann, wenn Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit der Forderung gegeben sind. Siehe BGH Urt. v. 7.7.2011 – VI ZR 260/10 – Rdnr. 6. Gutes Argument, sollte in dem zu erstellenden Beitrag Einzug finden.
    Mit freundlichen Grüßen
    Dein Willi

  9. Chr. Zimper sagt:

    Zunächst, in der Regel überlegt es sich wohl jeder zweimal, ob er sich der Kosten und Mühen unterzieht, Ansprüche geltend zu machen, obwohl er sich in alleiniger Haftung sieht. Ja, in der Regel steht niemanden ein Schadensersatz zu, wenn er Alleinverursacher seines Übels ist. Aber wie überall, auch hier gibt es die Ausnahme von der Regel.
    Es kommt wohl täglich vor, es sieht sich ein Haftpflichtversicherer Ansprüchen ausgesetzt, die dieser in Gänze zunächst als unberechtigt ansehen muss, weil sein Kunde darlegt, er trage aus seiner Sicht keine Schuld am Unfallgeschehen.
    Der vermeintlich Geschädigte hat sich zum Beweis ein GA erstellen lassen. Dieses Gutachten will nun der Haftpflichtversicherer in dem Wissen, dass dieses sich noch im Eigentum des Sachverständigen befindet, weil dessen Rechnung noch keiner ausgeglichen hat, dem Gerichtsgutachter zur Analyse des Unfallgeschehens zur Verfügung stellen. Nicht zu vergessen, das Gutachten wurde unter Verstoß gegen das Urheberrecht zur elektr. Schadenbearbeitung noch dazu eingescannt und im Original vernichtet. Somit bedingen gleich zwei Sachverhalte, dass hier der Ersteller des Gutachtens als Erfüllungsgehilfe des vermeintlichen Schädigers durch den Schädiger bzw. dessen Versicherer zu entlohnen ist.

    Weiter, es ist laut Versicherungsvertrag ja Aufgabe des Versicherers, unberechtigte Ansprüche abwehren zu müssen. Somit verbleibt auch hier das Risiko beim Versicherer, die Kosten für das zur Schadenabwehr zu verwendende bzw. verwandte Gutachten zu übernehmen = Gutachtenerstellung mit dem Ergebnis, ein Schaden liegt nicht vor.

    Wir hatten selber folgenden Sachverhalt: Auf Grundlage des Gerichtsbeschlusses bittet der Versicherer um eine nochmalige Zusendung des Gutachtens incl. der Lichtbilder. Nach bzw. mit dem Hinweis, dass die Honorarerstattung bisher nicht erfolgt ist, daher erst nach Rechnungserstattung der Bitte Folge geleistet werden würde, übernahm der Versicherer den Ausgleich des SV- Honorars.

    Noch ein Gedanke – ich meine, dass Richter sich ihrer Verantwortung gegenüber dem Schadengutachter mehr bewusst sein sollten. Fordern diese die Bereitstellung der Gutachten-Unterlagen laut Beschluss zur Übergabe an den Gerichtssachverständigen, sollte das Gericht sich vergewissern, dass Ansprüche Dritter nicht mehr bestehen bzw. abgegolten wurden.

    So und nun – Feuer frei ….

  10. Mister L sagt:

    @ Chr. Zimper

    In einem gleich gelagerten Fall, hat die Gegenseite das Gutachten gescannt und vernichtet. Die Originalbilder wurden vom Gericht zwecks eigenem Gerichtsgutachten angefordert. Die beklagte Versicherung sollte das Originalgutachten vorlegen, was sie nicht konnte. Die Klägerseite wurde um Vorlage durch den SV gebeten. Diese bat die Beklagte um Zahlung des SV-Honorars, bevor man das Gutachten bzw. die Bilder nochmals zur Verfügung stellt.

    Die Reaktion des Richters war: Wenn der Geschädigte!!! nicht dafür sorgen kann, dass „sein“ Gutachter das Gutachten (nochmals) kostenlos dem Gericht zur Verfügung stellen kann, wird der Klage nicht stattgegeben.

  11. Besserwisser sagt:

    @ Chr. Zimper 07.07.2011 um 16:45

    Das ist aber doch ein ganz anderes Thema. Was hat das mit einem Quotenfall zu tun?

  12. Chr. Zimper sagt:

    Hallo Mister L.,

    zunächst hätte auch für den Richter klar auf der Hand liegen müssen, wenn der Beanspruchte die Mittel zur Gegenabwehr vernichtet, darf dies nicht zum Nachteil des Anspruchstellers gehen, denn – der Geschädigte hat seiner Pflicht Genüge getan, wenn er mit einem qualifizierten Gutachten seinen im Streitfall vermeidlichen Schaden gegenüber dem H.-Versicherer darlegt.

    Der 2. Aspekt zeigt sich darin, was ich u.a. mit: „… dass Richter sich ihrer Verantwortung gegenüber dem Schadengutachter mehr bewusst sein sollten…“ zum Ausdruck bringen wollte. In ihrem geschilderten Sachverhalt wäre dies neben der Anspruchstellung auf Schadensersatz auch die Auseinandersetzung des Richters mit dem Urheberrechtsgesetz gewesen.
    Eine Möglichkeit der Ansicht des Richters wie hier zu entgehen, hätte zudem darin gelegen, die Klage zurückzunehmen und sich einen anderen infrage kommenden Gerichtsstand zu suchen.

  13. DerHukflüsterer sagt:

    @ Beserwisser
    „Das ist aber doch ein ganz anderes Thema. Was hat das mit einem Quotenfall zu tun?“

    Ich erkläre es Dir,

    Man stelle sich vor, die Quote für den Geschädigten liegt bei 70:30 und das Gutachten ist weg, futsch, zerschrettert und noch alles möglich schlimme dazu.
    Wie kommt der, der jetzt 70% seiner Mäuse bekommen könnte, an das GA heran, das aber die pösen, pösen Buben vernichtet haben?
    Oder ist bei einem Prozess wo es um die Quotelung geht ein GA unwichtig?
    Muss man denn alles erklären? LOL,LOL.

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