EuGH entscheidet zur freien Anwaltswahl im Rahmen eines Rechtschutzversicherungsverhältnisses mit Urteil vom 7.11.2013 – C-442/12 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

heute geben wir Euch hier ein Urteil des EuGH zur freien Anwaltswahl bei der Rechtsschutzversicherung bekannt. Der EuGH bestätigt mit dem nachstehend aufgeführten Urteil m.E. die freie Anwaltswahl. Dann stellt sich allerdings die weitere Frage, wie passt diese Entscheidung des EuGH eigentlich zu der Entscheidung des BGH, den die Anwaltskammer vor kurzem verloren hatte? Über Eure Anmerkungen freut sich die Redaktion.

Viele Grüße
Willi Wacker

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)

7. November 2013(*)

„Rechtsschutzversicherung – Richtlinie 87/344/EWG – Art. 4 Abs. 1 – Freie Wahl des Rechtsanwalts durch den Versicherungsnehmer – Klausel in den auf den Vertrag anwendbaren allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach rechtlicher Beistand in Gerichts- und Verwaltungsverfahren durch einen Arbeitnehmer des Versicherers gewährleistet ist – Erstattung der Kosten für rechtlichen Beistand durch einen externen Rechtsvertreter nur, wenn der Versicherer es für erforderlich hält, die Bearbeitung der Angelegenheit einem externen Rechtsvertreter anzuvertrauen“

In der Rechtssache C‑442/12

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 28. September 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Oktober 2012, in dem Verfahren

Jan Sneller

gegen

DAS Nederlandse Rechtsbijstand Verzekeringsmaatschappij NV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Achten Kammer C. G. Fernlund in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: M. Ferreira, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– der DAS Nederlandse Rechtsbijstand Verzekeringsmaatschappij NV, vertreten durch J. W. H. van Wijk und B. J. Drijber, advocaten,

– der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,

– der österreichischen Regierung, vertreten durch A. Posch als Bevollmächtigten,

– der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Wilman und K.‑P. Wojcik als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 87/344/EWG des Rates vom 22. Juni 1987 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung (ABl. L 185, S. 77), die in zeitlicher Hinsicht auf das Ausgangsverfahren anwendbar ist.

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Sneller und der Versicherungsgesellschaft DAS Nederlandse Rechtsbijstand Verzekeringsmaatschappij NV (im Folgenden: DAS) über die Deckung der Kosten für rechtlichen Beistand durch einen vom Versicherungsnehmer gewählten Rechtsanwalt.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Der elfte Erwägungsgrund der Richtlinie 87/344 lautet:

„Das Interesse des Rechtsschutzversicherten setzt voraus, dass Letzterer selbst seinen Rechtsanwalt oder eine andere Person wählen kann, die die nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften im Rahmen von Gerichts- und Verwaltungsverfahren anerkannten Qualifikationen besitzt, und zwar immer, wenn es zu einer Interessenkollision kommt.“

Art. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Die vorliegende Richtlinie bezweckt die Koordinierung der Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften über die Rechtsschutzversicherung …; damit soll die tatsächliche Ausübung der Niederlassungsfreiheit erleichtert und eine Interessenkollision weitestmöglich ausgeschaltet werden, die insbesondere entstehen [kann], wenn bei demselben Versicherer ein anderer Versicherer versichert ist oder wenn der Versicherer den Rechtsschutzversicherten gleichzeitig für andere … Versicherungszweige versichert hat; falls eine solche Interessenkollision dennoch auftritt, soll deren Behebung ermöglicht werden.“

Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„Diese Richtlinie gilt für die Rechtsschutzversicherung. Diese besteht darin, dass gegen Zahlung einer Prämie die Verpflichtung eingegangen wird, die Kosten des Gerichtsverfahrens zu übernehmen und andere sich aus dem Versicherungsvertrag ergebende Leistungen zu erbringen, insbesondere um

– dem Versicherten den Schaden auf außergerichtlichem Wege oder durch ein Zivil- oder Strafverfahren zu ersetzen,

– den Versicherten in einem Zivil‑, Straf‑, Verwaltungs‑ oder anderen Verfahren oder im Fall einer gegen ihn gerichteten Forderung zu verteidigen oder zu vertreten.“

Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:

„In jedem Rechtsschutz-Versicherungsvertrag ist ausdrücklich anzuerkennen, dass

a) wenn ein Rechtsanwalt oder eine sonstige nach dem nationalen Recht entsprechend qualifizierte Person in Anspruch genommen wird, um in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren den Versicherten zu verteidigen, zu vertreten oder seine Interessen wahrzunehmen, dem Versicherten die Wahl des Rechtsanwalts oder der sonstigen Person freisteht;

b) der Versicherte einen Rechtsanwalt oder, wenn er es vorzieht, und soweit das nationale Recht dies zulässt, eine andere entsprechend qualifizierte Person frei wählen kann, die seine Interessen vertritt, wenn eine Interessenkollision entsteht.“

Art. 5 der Richtlinie 87/344 sieht vor:

„(1) Jeder Mitgliedstaat kann die Rechtsschutzversicherung von der Anwendung des Artikels 4 Absatz 1 ausnehmen, wenn alle nachfolgenden Bedingungen erfüllt sind:

a) Die Versicherung gilt nur für Fälle, die sich aus dem Einsatz von Straßenfahrzeugen im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats ergeben.

b) Die Versicherung ist an einen Vertrag über den Beistand gebunden, der bei einem Unfall mit oder einem Schaden an einem Straßenfahrzeug zu gewähren ist.

c) Weder der Rechtsschutzversicherer noch der Beistandsversicherer decken Haftpflichtversicherungszweige.

d) Es werden Vorkehrungen getroffen, damit die Rechtsberatung und die Vertretung der Parteien in einem Streitfall durch völlig unabhängige Rechtsanwälte sichergestellt [werden], wenn diese Parteien bei ein und demselben Versicherer rechtsschutzversichert sind.

(2) Die Freistellung, die ein Mitgliedstaat einem Unternehmen gemäß Absatz 1 gewährt, berührt nicht die Anwendung von Artikel 3 Absatz 2.“

Niederländisches Recht

In Art. 4:67 Abs.1 des Gesetzes über die Finanzaufsicht (Wet op het financieel toezicht) heißt es:

„Der Rechtsschutzversicherer trägt dafür Sorge, dass in dem Rechtsschutz-Versicherungsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist, dass dem Versicherten die Wahl eines Rechtsanwalts oder einer anderen rechtlich befugten sachkundigen Person freisteht, wenn

a) ein Rechtsanwalt oder eine andere rechtlich befugte sachkundige Person in Anspruch genommen wird, um in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren den Versicherten zu verteidigen, zu vertreten oder seine Interessen wahrzunehmen, oder

b) eine Interessenkollision entsteht.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass Herr Sneller bei der Reaal Schadeverzekeringen NV eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hat. Der Versicherungsvertrag sieht vor, dass DAS die für die Durchführung der Rechtsschutzdeckung zuständige Gesellschaft ist.

Im Versicherungsvertrag ist außerdem vorgesehen, dass die Fälle von den eigenen Mitarbeitern der DAS bearbeitet werden. Falls jedoch die Bearbeitung der Angelegenheit nach dem Vertrag oder nach Auffassung von DAS einem externen Rechtsvertreter übertragen werden muss, ist der Versicherungsnehmer berechtigt, einen Rechtsanwalt oder eine andere rechtlich befugte sachkundige Person seiner Wahl zu bestimmen.

Herr Sneller möchte seinen früheren Arbeitgeber auf Schadensersatz verklagen, weil dieser ihn ungerechtfertigt entlassen habe. Zu diesem Zweck möchte er sich durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl unterstützen und die Kosten dafür von seinem Rechtsschutzversicherer tragen lassen. DAS erklärte sich mit der Erhebung der Schadensersatzklage einverstanden, meinte aber, der von Herrn Sneller abgeschlossene Versicherungsvertrag decke die Kosten rechtlichen Beistands durch einen Rechtsanwalt nach Wahl des Versicherten nicht ab. Sie erklärte sich lediglich bereit, Herrn Sneller selbst rechtlichen Beistand durch einen ihrer Mitarbeiter, der kein Rechtsanwalt ist, zu gewähren.

Das vorlegende Gericht führt insoweit aus, dass in dem Verfahren, das Herr Sneller gegen seinen früheren Arbeitgeber zu führen beabsichtige, nach niederländischem Recht rechtlicher Beistand nicht vorgeschrieben sei.

Nachdem sich DAS geweigert hatte, die Kosten für rechtlichen Beistand durch einen von Herrn Sneller gewählten Rechtsanwalt zu übernehmen, beantragte Herr Sneller beim Voorzieningenrechter te Amsterdam (Gericht des vorläufigen Rechtsschutzes Amsterdam) die Verurteilung von DAS zur Zahlung dieser Kosten. Mit Urteil vom 8. März 2011 wies der Voorzieningenrechter te Amsterdam den Antrag von Herrn Sneller zurück.

Diese Entscheidung wurde mit Urteil des Gerechtshof te Amsterdam (Berufungsgericht Amsterdam) vom 26. Juli 2011 bestätigt. Dieses Gericht war der Auffassung, Art. 4:67 Abs. 1 Buchst. a des Gesetzes über die Finanzaufsicht sei dahin auszulegen, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem eine Naturalrechtsschutzversicherung vereinbart worden sei, das Recht auf freie Anwaltswahl nicht bereits mit der Entscheidung entstehe, zugunsten des Versicherten einen Prozess zu führen, sondern dass dafür außerdem eine Entscheidung des Rechtsschutzversicherers erforderlich sei, dass der Fall von einem externen Rechtsvertreter und nicht einem Mitarbeiter des Versicherers bearbeitet werden solle. Erst dann entstehe eine Interessenkollision, die Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 87/344 vermeiden wolle.

Herr Sneller focht dieses Urteil beim vorlegenden Gericht an. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts liefern sowohl die Analyse der verschiedenen Sprachfassungen von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 87/344 als auch die Urteile vom 10. September 2009, Eschig (C‑199/08, Slg. 2009, I‑8295), und vom 26. Mai 2011, Stark (C‑293/10, Slg. 2011, I‑4711) gewichtige Argumente für die Auffassung, dass die Vertragsbedingungen für den Fall der Einleitung eines Gerichts- oder Verwaltungsverfahrens dem Versicherungsnehmer stets das Recht einräumen müssten, seinen Rechtsvertreter frei zu wählen.

Das vorlegende Gericht meint, dass seine Entscheidung im Ausgangsverfahren bestimmte gesellschaftliche Folgen haben könnte, da, wenn die vorstehende Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 87/344 anerkannt werde, eine wahrscheinlich erhebliche Anhebung der Versicherungsprämien unvermeidlich sei.

Der Hoge Raad der Nederlanden (Oberstes Gericht der Niederlande) hat daher das bei ihm anhängige Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Lässt Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 87/344 es zu, dass ein Rechtsschutzversicherer, der in seinen Versicherungsverträgen festlegt, dass rechtlicher Beistand in Gerichts- oder Verwaltungsverfahren grundsätzlich von Arbeitnehmern des Versicherers gewährt wird, sich darüber hinaus ausbedingt, dass die mit dem rechtlichen Beistand durch einen vom Versicherten frei gewählten Rechtsanwalt oder Rechtsvertreter verbundenen Kosten nur dann abgedeckt sind, wenn der Versicherer der Ansicht ist, dass die Fallbearbeitung einem externen Rechtsvertreter übertragen werden muss?

2. Macht es für die Beantwortung der ersten Frage einen Unterschied, ob für das betreffende Gerichts- oder Verwaltungsverfahren rechtlicher Beistand vorgeschrieben ist oder nicht?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 87/344 dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass ein Rechtsschutzversicherer, der in seinen Versicherungsverträgen festlegt, dass rechtlicher Beistand grundsätzlich von seinen Mitarbeitern gewährt wird, sich darüber hinaus ausbedingt, dass die Kosten für rechtlichen Beistand durch einen vom Versicherungsnehmer frei gewählten Rechtsanwalt oder Rechtsvertreter nur dann übernahmefähig sind, wenn der Versicherer der Ansicht ist, dass die Bearbeitung der Angelegenheit einem externen Rechtsvertreter übertragen werden muss.

Nach Ansicht von DAS belegt die Tatsache, dass die Wendung „wenn ein Rechtsanwalt … in Anspruch genommen wird“ in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 87/344 im Passiv stehe – wie auch in der englischen, der französischen und der niederländischen Fassung dieser Vorschrift –, dass die Richtlinie nicht festlege, ob es in einem Verfahren Sache des Versicherers oder des Versicherungsnehmers sei, zu beurteilen, ob es erforderlich sei, einen externen Rechtsvertreter in Anspruch zu nehmen. DAS stehe es folglich frei, diese Frage in ihren Versicherungsverträgen zu regeln, weil die genannte Vorschrift so verstanden werden könne, dass, „wenn [der Versicherer entscheidet, dass] ein Rechtsanwalt … in Anspruch genommen [werden muss], dem Versicherten die Wahl des Rechtsanwalts … freisteht“.

Einer derartigen engen Auslegung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 87/344 kann nicht gefolgt werden.

Erstens erschließt sich zwar allein aus dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 87/344 nicht, was mit der Wendung „wenn ein Rechtsanwalt … in Anspruch genommen wird, [steht] dem Versicherten die Wahl des Rechtsanwalts [frei]“ gemeint ist; bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts sind aber nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteil Eschig, Randnr. 38).

Insoweit ist festzustellen, dass sowohl aus dem elften Erwägungsgrund als auch aus Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 87/344 hervorgeht, dass das Interesse des Rechtsschutzversicherten voraussetzt, dass es diesem freisteht, im Rahmen von Gerichts‑ und Verwaltungsverfahren selbst seinen Rechtsanwalt oder eine sonstige nach nationalem Recht entsprechend qualifizierte Person zu wählen (Urteil Stark, Randnr. 28).

Somit ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 87/344 in Verbindung mit ihrem elften Erwägungsgrund, dass die freie Wahl des Anwalts durch den Versicherungsnehmer nicht auf die Fälle beschränkt werden darf, in denen der Versicherer entscheidet, dass ein externer Rechtsvertreter in Anspruch genommen werden muss.

Zweitens ist, wie die Europäische Kommission ausführt, das Ziel der Richtlinie 87/344 und insbesondere ihres Art. 4, die Interessen des Versicherten umfassend zu schützen (vgl. in diesem Sinne Urteil Eschig, Randnr. 45), mit einer engen Auslegung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie, wie sie DAS vorschlägt, nicht vereinbar.

Insoweit ist daran zu erinnern, dass Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 87/344, der die freie Wahl des Vertreters vorsieht, allgemeine Bedeutung hat und verbindlich ist (vgl. Urteile Eschig, Randnr. 47, und Stark, Randnr. 29).

Was drittens die Frage der Höhe der Versicherungsprämien betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die unterschiedlichen Modalitäten der Ausübung des Rechts des Versicherten auf freie Wahl seines Vertreters nicht ausschließen, dass in bestimmten Fällen Beschränkungen hinsichtlich der von den Versicherern zu übernehmenden Kosten vorgesehen werden können.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bedeutet die Wahlfreiheit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 87/344 nämlich nicht, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet wären, Versicherern unter allen Umständen die vollständige Deckung der im Rahmen der Vertretung eines Versicherungsnehmers entstandenen Kosten vorzuschreiben, sofern diese Freiheit nicht ausgehöhlt wird. Dies wäre der Fall, wenn die Beschränkung der Übernahme dieser Kosten eine angemessene Wahl des Vertreters durch den Versicherungsnehmer faktisch unmöglich machen würde. Jedenfalls ist es Sache der eventuell mit dieser Frage befassten nationalen Gerichte, zu prüfen, ob eine derartige Beschränkung vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil Stark, Randnr. 33).

Außerdem bleibt es den Vertragsparteien unbenommen, die Übernahme höherer Kosten zu vereinbaren, unter Umständen gegen Zahlung einer höheren Prämie durch den Versicherungsnehmer (vgl. in diesem Sinne Urteil Stark, Randnr. 34).

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 87/344 dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass ein Rechtsschutzversicherer, der in seinen Versicherungsverträgen festlegt, dass rechtlicher Beistand grundsätzlich von seinen Mitarbeitern gewährt wird, sich darüber hinaus ausbedingt, dass die Kosten für rechtlichen Beistand durch einen vom Versicherungsnehmer frei gewählten Rechtsanwalt oder Rechtsvertreter nur dann übernahmefähig sind, wenn der Versicherer der Ansicht ist, dass die Bearbeitung der Angelegenheit einem externen Rechtsvertreter übertragen werden muss.

Zur zweiten Frage

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es für die Antwort auf die erste Frage von Bedeutung ist, ob nach nationalem Recht in dem betreffenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren rechtlicher Beistand vorgeschrieben ist oder nicht.

Da zum einen das Recht des Versicherten auf freie Wahl seines Vertreters, wie in Randnr. 25 des vorliegenden Urteils ausgeführt, allgemeine Bedeutung hat und verbindlich ist und zum anderen die Richtlinie 87/344 – wie insbesondere aus ihrem elften Erwägungsgrund und ihrem Art. 4 Abs. 1 Buchst. a hervorgeht – das Bestehen und den Umfang dieses Rechts nicht von den nationalen Vorschriften über die Prozessvertretung abhängig macht, können derartige nationale Vorschriften keine Bedeutung für die Antwort auf erste Frage haben.

In Anbetracht dieser Erwägungen ist auf die zweite Frage zu antworten, dass es für die Antwort auf die erste Frage nicht von Bedeutung ist, ob nach nationalem Recht in dem betreffenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren rechtlicher Beistand vorgeschrieben ist oder nicht.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Parteien für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:

1. Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 87/344/EWG des Rates vom 22. Juni 1987 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein Rechtsschutzversicherer, der in seinen Versicherungsverträgen festlegt, dass rechtlicher Beistand grundsätzlich von seinen Mitarbeitern gewährt wird, sich darüber hinaus ausbedingt, dass die Kosten für rechtlichen Beistand durch einen vom Versicherungsnehmer frei gewählten Rechtsanwalt oder Rechtsvertreter nur dann übernahmefähig sind, wenn der Versicherer der Ansicht ist, dass die Bearbeitung der Angelegenheit einem externen Rechtsvertreter übertragen werden muss.

2. Für die Antwort auf die erste Frage ist nicht von Bedeutung, ob nach nationalem Recht in dem betreffenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren rechtlicher Beistand vorgeschrieben ist oder nicht.

Unterschriften

* Verfahrenssprache: Niederländisch.

Dieser Beitrag wurde unter DAS Versicherung, EuGH-Urteile abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert