AG Berlin-Mitte spricht mit kritisch zu betrachtendem Urteil vom 28.7.2017 – 110 C 3041/17 – im Schadensersatzprozess gegen die HUK-COBURG Allg. Vers. AG nur zum Teil die berechtigten Schadensersatzpositionen aus abgetretenem Recht zu.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

hier und heute stellen wir Euch noch ein kritisch zu betrachtendes Urteil aus Berlin-Mitte im Schadensersatzprozess um Erstattung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG vor. Zu Recht hat das erkennende Gericht festgestellt, dass die Schadensersatzansprüche dem geschädigten Eigentümer zustehen. Dieser hat aber wirksam seinen Restschadensersatzanspruch an den Sachverständigen abgetreten, ohne dass sich dadurch der Rechtscharakter des Anspruchs verändert (vgl. BGH VI ZR 491/15 – Rn. 22). Auch insoweit hat das erkennende Gericht die Rechtslage zutreffend beurteilt. Bei der Höhe des Schadensersatzanspruchs hat das erkennende Gericht aber fehlerhaft entschieden. Sofern ein Geschädigter einen Werkvertrag auf Erstellung eines Schadensgutachtens in Auftrag gibt, wodurch ein Werkvertrag zustande kommt (BGH X ZR 122/05 – Ls. a)), hat er Anspruch auf Übergabe des erstellten Werkes, sprich des Schadensgutachtens. Da im Haftpflichtschadensfall aber auch die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung ein Original haben möchte, sind im Haftpflichtschadensfall zumindest immer 2 Ausfertigungen zu fertigen und dem Auftraggeber auszuhändigen. Das ergibt sich auch daraus, dass der eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherer in den Schutzbereich des Werkvertrages einbezogen ist, so dass auch ihm – neben dem Auftraggeber (sprich: Geschädigten) – eine Ausfertigung, insgesamt also mindestens zwei Ausfertigungen auszuhändigen sind. Wenn das Gericht daher meint, nur eine Ausfertigung sei erforderlich, so irrt das erkennende Gericht gewaltig. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, ein Schadensgutachten der Haftpflichtversicherung per Mail zuzusenden. das gilt auch für den Sachverständigen, wenn dieser das Gutachten im Auftrag des Geschädigten direkt an den Haftpflichtversicherer senden soll. Daher sind die Kosten für das zweite Gutachten auf jeden Fall erstattungsfähig. Es handelt sich dabei um unmittelbar mit dem Unfallschaden verbundene und gemäß § 249 I BGB auszugleichende Vermögensnachteile, da die Begutachtung des Schadens und die Erstellung zumindest zweier Exemplare des Gutachten für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH VI ZR 67/06 Rn. 11; BGH VI ZR 357/13 Ls. a)). Wegen der vom Gericht – fälschlicherweise – nicht zugesprochenen Schadenspositionen ist das Urteil des AG Mitte in Berlin daher kritisch zu betrachten. Hier noch einige Erläuterungen des Einsenders:

„Diesmal wurde die Krücke Zweitausfertigung Fotos und Portokosten benutzt, um das Urteil zu rechtfertigen. Dabei hat das Gericht offensichtlich nicht sehen wollen, dass ich dem Geschädigten das Original immer per Post sende. Als „Schmankerl“ ist da noch die Tatsache, dass das Gericht ein Gutachtenexemplar ausgedruckt von mir angefordert hat. Hier sind weitere Foto- und Portokosten entstanden?“

Lest das Urteil des AG Mitte selbst und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Mitte

Im Namen des Volkes

Urteil

Geschäftsnummer: 110 C 3041/17                                          verkündet am : 28.07.2017

In dem Rechtsstreit

des Herrn … ,

Klägers,

gegen

die HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Aufsichtsratsvorsitzenden Prof. Dr. Heinrich R. Schradin, Marburger Straße 10, 10914 Berlin,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Mitte, Zivilprozessabteilung 110, Littenstraße 12 -17,10179 Berlin, im schriftlichen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 14.07.2017 eingereicht werden konnten, durch die Richterin am Amtsgericht S.

f ü r    R e c h t    e r k a n n t :

1.  Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 92,40 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszins seit dem 26.10.2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.  Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 49 % und die Beklagte zu 51 %.

3.  Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgsrunde:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.

Die Klage ist zulässig , aber nur teilweise begründet.

Ein auf §§ 7, 17 StVG; 823, 398 BGB; 115 VVG gestützter Anspruch auf Ersatz weiterer Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht steht dem Kläger nur in Höhe von 92,40 € zu.

Der Kläger ist zur Geltendmachung von weiteren Sachverständigenkosten aktivlegitimiert. Ausweislich der eingereichten Abtretungserklärung vom 13.09.2016 hat der Geschädigte H. seine Schadensersatzforderung auf Erstattung der Kosten des Sachverständigen an den Kläger abgetreten. Entgegen der Ansicht des Klägers steht ein Anspruch auf Ersatz von Sachverständigenkosten zwar keineswegs dem Halter sondern nur dem Eigentümer des geschädigten Fahrzeugs zu. Die Beklagte hat unbestritten jedoch bereits teilweise Sachverständigenkosten an den Kläger gezahlt, ohne die Eigentümerstellung des Abtretenden zu bestreiten. Auch wenn es sich entgegen der Ansicht des Klägers bei der Zahlung keineswegs um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis handelt, war die Beklagte nunmehr verpflichtet, Umstände vorzutragen, aus denen sich Zweifel an der Eigentümerstellung des Abtretenden ergeben könnten. Derartige Umstände werden von der Beklagten nicht vorgetragen. Die Abtretung ist auch hinreichend bestimmt, da sie sich nur auf die Sachverständigengebühren bezieht.

Die Geltendmachung von Sachverständigenkosten durch den Sachverständigen selber stellt grundsätzlich auch keinen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz dar.

Grundsätzlich hat ein Geschädigter auch Anspruch auf Ersatz der zur Darlegung seines Schadens erforderlichen Gutachterkosten. Soweit diese – wie im vorliegenden Fall – anhand der Honorartabelle des BVKS berechnet werden, sind sie auch der Höhe nach als angemessen und erforderlich anzusehen.

Soweit die Beklagte behauptet, dem Geschädigten sei bereits bei Auftragserteilung mitgeteilt worden, dass er die Gutachtenkosten selbst nicht zu zahlen hat, stellt dies erkennbar eine Behauptung ins Blaue hinein dar. Eine Vernehmung des Klägers als Partei würde daher einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellen.

Die vom Kläger geltend gemachten Gutachterkosten sind jedoch um die Position Fotos, Zweitausfertigung und Portokosten in Höhe von insgesamt 27,37 € brutto zu kürzen, da der Kläger unbestritten die Gutachten per E-Mail verschickt und auch keine Zweitschrift gefertigt hat.

Der Kläger hat danach noch einen Anspruch auf Ersatz weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 92,40 € .

Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Beauftragung des Buchführungsbüros stehen dem Kläger dagegen nicht zu, da es sich hierbei nicht um unfallbedingte erforderliche Kosten handelt. Auch der Geschädigte selber könnte entsprechende Kosten nicht ersetzt verlangen. Darüber hinaus können die Kosten auch nicht als eigener Verzugschaden geltend gemacht werden, da ein entsprechender Verzug der Beklagten vor Beauftragung des Buchungsbüros nicht vorgetragen wird.

Der Zinsanspruch des Kläger ist gemäß §§ 286, 288 BGB begründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die erhebliche Nebenforderung bei der der Kläger unterlegen ist, ist dabei zu berücksichtigen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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5 Antworten zu AG Berlin-Mitte spricht mit kritisch zu betrachtendem Urteil vom 28.7.2017 – 110 C 3041/17 – im Schadensersatzprozess gegen die HUK-COBURG Allg. Vers. AG nur zum Teil die berechtigten Schadensersatzpositionen aus abgetretenem Recht zu.

  1. Iven Hanske sagt:

    Das AG Berlin Mitte kann auch anders, wird hoffentlich bald zu 16 Fällen hier veröffentlicht werden können.
    http://www.sofort-vor-ort.de/1/U-List-01-06-2015.htm
    Zur Zeit wird aber eine weitere Sauerrei durchs Dorf gescheucht
    https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/07/rk20170704_2bvr215715.html
    Ich hoffe ihr erkennt das die Grundlage Abtretung erfüllungsstatt ist und wahrscheinlich es auch eine Preisvereinbarung gab, die explizit die Ingenieurleistung in den Grundkosten vereinbart hat.

  2. Juri sagt:

    Die Richterin S. von der 110ner hat schon des Öferten in Sachen Kraftfahrzeugschäden leicht verwirrte Ansichten in die Welt gesetzt. Überhaupt ist festzustellen, dass die Frauenquote am AG Mitte über 60% beträgt und dementsprechend auch die Urteile ausfallen. Also wer da klagen will braucht halt ein bißchen Glück auf seiner Seite.

  3. K.I. sagt:

    @Iven Hanske
    @Juri

    Wie hat diese Richterin S. des AG Berlin-Mitte diese rechtswidrige Kürzung ex post, wie durch die HUK-Coburg-Vers. praktiziert, gehandhabt?

    Sie hat zunächst offensichtlich nicht erkannt, dass die Einwendungen der Beklagtenseite bezüglich einer Nichterforderlichkeit schadenersatzrechtlich unerheblich sind und deshalb einer tragfähigen Begründung bedürfen. Zudem handelt es sich bei den Einwendungen um solche aus einer werkvertraglichen Sichtweite und Sichtweise, obwohl die beklagte Versicherung weder Vertragspartner des Unfallopfers , noch Vertragspartner des Sachverständigen ist. Nur für einen solchen Fall wären die pauschal erhobenen Einwendungen verständlich. Überprüfungen solcher Art hat selbst der BGH deshalb auch nicht für sachdienlich gehalten, denn Gerichte haben schadenersatzrechtlich gerade nicht den Auftrag, einen gerechten Preis festzulegen, sondern sollen sich nach dem Gesetz und Grundgesetz qualifiziert und unabhängig mit der Schadenersatzverpflichtung der hinter dem Schädiger stehenden Haftpflichtversicherung befassen und dazu genügt der § 249 S.1 BGB. Der wurde jedoch ebenso wenig durch die Richterin S. berücksichtigt, wie das nicht vom Geschädigten zu tragende Risiko einer „falschen“ Abrechnung der Gutachterkosten. Ein Auswahlverschulden und ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht wurden in den Entscheidungsgründen ebenfalls nicht angesprochen. So verbleibt es last not least bei begrenzter Zubilligung von weiterem Schadenersatz nach der persönlichen Vorstellung dieser Richterin mit der Folge, dass hiemit der Geschädigte leichtfertig und ohne Rechtsgrund diskriminiert und herabgewürdigt wird zu einem nicht vernünftigen und nicht wirtschaftlich denkenden Menschen. Wiederum ein Pluspunkt für die AfD? Vielleicht ist aber die Richterin S. auch selbst bei der Beklagten versichert, ohne auch nur zu erahnen, wie dieser Billigversicherer seine scheinbar besonders günstigen Prämien contra legem finanziert? Das sollte einmal vor Gericht die vornehmste Aufgabe des Herrn Aufsichtsratsvorsitzenden Prof. Dr. Heinrich R. Schradin, Marburger Straße 10, 10914 Berlin, sein. Aber welche Amtsrichterin oder welcher Amtsrichter wird sich erdreisten, einem solchen Gedanken überhaupt näher zu treten? Gleichwohl gilt auch hier das von r-report-aktuell angesprochenen Urteil des AG Saarlouis
    mit folgender Passage der Entscheidungsgründe in Erinnerung zu behalten, zumal die HUK-Coburg Versicherung auch von diesem Urteil betroffen war:

    “ Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass sich der Geschädigte aus einem Verkehrsunfall zur Ermittlung der ihm zustehenden Kfz-Schadensersatzansprüche der Hilfe eines qualifizierten Kfz-Sachverständigen bedienen darf (vergleiche zum Beispiel BGH VI ZR 528/12 Rn. 18), da bei einem über 1.000 € liegenden Reparatur- oder Wiederbeschaffungsbedarf kein sogenannter Bagatellschaden vorliegt (vergleiche BGH VIII ZR 330/06) und da die aus der Beauftragung des Sachverständigen resultierenden Honorarforderungen als unmittelbar mit dem Schaden verbundene Kosten gemäß § 249 Abs. 1 BGB oder aber als Herstellungsaufwand gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu erstatten sind (vergleiche zum Beispiel BGH VI ZR 67/06 Rn. 11; VI ZR 133/11 Rn. 13; VI ZR 225/13 Rn 7).“

    „Zunächst einmal ist es ohne einen kartell- oder monopolrechtlichen Prüfungsauftrag nicht Aufgabe der Gerichte, hinsichtlich der vertraglichen Preisabsprachen von Marktteilnehmern (hier zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen) für eine Vielzahl von Fällen verbindliche Vorgaben zur Honorarstruktur, zur Abrechnungshöhe und zur grundsätzlichen Höhe einzelner Abrechnungsunterpositionen zu machen, solange der Gesetzgeber den Gerichten hierfür keinen gesetzlichen Prüfungsspielraum eröffnet. Eine Preiskontrolle hat durch die Gerichte in der Regel nicht stattzufinden (vergleiche BGH NZV 2007, 455 = DS 2007, 144).“

    K.I.

  4. MG-Fahrer sagt:

    Ich verstehe gerade nicht so ganz, weshalb der Beitrag von Juri nicht gelöscht oder zumindest von den Admin´s gerügt wird. Frauenqoute hin oder her, die Äußerungen von Juri finde ich persönlich diskriminierend und sie haben in diesem Forum nichts zu suchen.
    Zum Thema qualifizierte SV in Berlin (Beitrag von K.I.) kann ich nur sagen, dass es meiner Erinnerung in Berlin nicht so viele davon gibt und sich die schwarzen Schafe der Branche sicher auch schon bei den Berliner AG und ganz sicher auch beim KG herumgesprochen haben.

  5. Iven Hanske sagt:

    # MG-Fahrer
    Ich gebe Dir Recht der Beitrag von Juri gefällt mir auch nicht, zumal meine Familie aus 5 Ladys besteht und auch einige männliche Richter wie in Halle oder am BGH Unsinn verbreiten! So kenne ich auch viele gute Richterin welche es auch in Berlin gibt, z.B. AG Berlin Mitte 124 C 3012/17 vom 9.3.2018 (http://www.sofort-vor-ort.de/1/1/ oder klick hier).

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