AG Gelsenkirchen verneint bei 6 Jahre altem Pkw Verweisung auf DEKRA-zertifizierte Alternativwerkstätten mit Urteil vom 10.2.2011 – 32 C 390/10 -.

Hallo Captain-Huk-Leser, auch im tiefsten Ruhrgebiet wurde der Aufruf nach mehr Urteilen gehört. Nunmehr wurde auch aus dem Revier ein Urteil übersandt. Nachfolgend stelle ich das Urteil des AG Gelsenkirchen vom 10.2.2011 – 32 C 390/10 – zur fiktiven Abrechnung mit bemerkenswerter Begründung hier ein. Das Gericht hat auch bei einem 6 Jahre alten Pkw bei fiktiver Schadensabrechnung eine Verweisung auf Alternativwerkstätten in  Mülheim/Ruhr, Essen und Gelsenkirchen verneint, selbst wenn es sich um DEKRA- oder ZKF-zertifizierte Werkstätten handelt. Insgesamt ein gut begründetes und überzeugendes Urteil. Lest selbst und hebt Eure Kommentare ab.  

32 C 390/10                                                                   Verkündet am 10.02.2011

Amtsgericht Gelsenkirchen

IM NAMEN DES VOLKES

Schlussurteil

In dem Rechtsstreit

hat das Amtsgericht Gelsenkirchen
im schriftlichen Verfahren gem. § 128 ZPO

auf die nachgelassene Schriftsatzfrist bis zum 28.01.2011

durch …

für Recht erkannt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.739,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.04,2010 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von weiteren 57,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 775,64 Euro seit dem 14.08.2010 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Am 09.03.2010 kam es in Gelsenkirchen-Schalke zu einem Verkehrsunfallgeschehen, bei welchem der Beklagte zu 1. mit dem zum Unfallzeitpunkt bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherten Fahrzeug rückwärts gegen das im fließenden Verkehr befindliche Fahrzeug des Klägers fuhr. Hierdurch ist am klägerischen Fahrzeug ein Sachschaden entstanden. Der Kläger ließ vorprozessual ein Sachverständigengutachten erstellen. Der Sachverständige … ermittelte einen Schaden in Höhe von Reparaturkosten netto 7.996,39 Euro und einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 18.000,00 Euro. Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz auf fiktiver Reparaturkostenbasis, darüber hinaus begehrt der Kläger Gutachten kosten, Nachgutachenkosten, eine Unkostenpauschale und Nutzungsausfall. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 3 der Akten Bezug genommen. Die Beklagte zu 2. hat im wesentlichen den Sachschaden bereits reguliert, lediglich hinsichtlich der Reparaturkosten hat sie den geltend gemachten Betrag gekürzt um 1.739,20 Euro unter Verweisung auf ihren Prüfbericht im Hinblick auf den Einwand günstigerer Alternativwerkstätten und entsprechender günstigerer Stundenverrechnungssätze. Wegen der Einzelheiten des Prüfberichts der Beklagten zu 2. wird auf Blatt 65 ff. der Akten Bezug genommen. In diesem Prüfbericht sind im einzelnen drei Alternativwerkstätten aufgeführt, die Stundenverrechnungssätze sind angegeben, als Qualitätsmerkmal wurde DEKRA oder ZKF angegeben, darüber hinaus wurde eine Garantieleistung von jeweils drei Jahren bzw. zwei Jahren angegeben, außerdem wurde mitgeteilt, welche Entfernungskilometer zu den jeweiligen Alternativwerkstätten vom Wohnort des Klägers aus zurückzulegen wären, wobei einige der Werkstätten Hol-und Bringeservice anbieten. Es handelt sich um alternative Fachwerkstätten in Mülheim, Essen und Gelsenkirchen. Ein konkretes Preisangebot bezüglich der preisgünstigeren Alternativwerkstätten haben die Beklagten trotz Hinweises des Gerichtes zur Erforderlichkeit diesbezüglich nicht vorgelegt.

Das Fahrzeug des Klägers war zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens 6 Jahre alt.

Der Kläger ist der Auffassung, die im Sachverständigengutachten … ermittelten Nettoreparaturkosten fiktiv in Höhe von 7.996,39 Euro verlangen zu können, er ist der Auffassung, sich nicht auf Preise günstigerer Alternativwerkstätten verweisen lassen zu müssen. Hierzu trägt der Kläger vor, dass ausweislich des Nachgutachtens vom 18.04.2010 die Reparatur des Fahrzeugs der Klägerseite bereits abgeschlossen gewesen sei, bevor ihm die Alternativangebote der Beklagten zu 2. durch Schreiben vom 28.04.2020 aufgezeigt worden seien. Darüber hinaus sei nach Auffassung des Klägers der übersandte Prüfbericht der Beklagten zu 2. keine geeignete Grundlage für eine zulässige Verweisung auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme günstigerer nicht markengebundener Werkstätten. Der Kläger bestreitet, dass die benannten Werkstatten ebenso qualifiziert, spezialisiert und routiniert sind, wie markengebundene Fachwerkstätten. Die genannten Alternativwerkstätten würden auch nicht über das gleichwertige Werkzeug verfügen. Es genüge nach Auffassung des Klägers nicht, wenn die Beklagte zu 2. günstigere Stundenverrechnungssätze der benannten Firmen benenne und die entsprechenden Leistungen herunter rechne, sondern die Beklagte zu 2. müsse darlegen, dass tatsächlich die Möglichkeit bestehe, dort auch zu dem genannten Preis reparieren zu lassen. Es müsse ersichtlich sein, ob eventuell höhere Kosten dadurch anfallen würden, weil längere Arbeiten oder zusätzliche Arbeiten erforderlich seien. Dies sei dem Prüfbericht der Beklagten zu 2. nicht zu entnehmen. Vielmehr sei nach Auffassung des Klägers erforderlich, dass konkrete Kostenvoranschläge oder Angebote der von der Beklagten zu 2. benannten Werkstätten vorgelegt würden, um eine Gleichwertigkeit überhaupt überprüfen zu können. Diesen Anforderungen werde der vorgelegte Prüfbericht der Beklagten zu 2. nicht gerecht. Darüber hinaus sei es dem Kläger als einem Gelsenkirchener Bürger nicht zuzumuten, Werkstätten in anderen Städten aufzusuchen, auch dann nicht, wenn ein kostenloser Hol- und Bringeservice angeboten werde, wobei der kostenlose Hol-und Bringeservice auf einer Preisabsprache zwischen Versicherern und den Werkstätten basiere, eine solche Preis- und Konditionsabsprache verstoße nach Auffassung des Klägers jedoch gegen §§ 1, 14 GWB. Privatkunden würden üblicherweise keinen kostenlosen Hol- und Bringeservice erhalten, dieser sei nur dann kostenlos, wenn eine Vermittlung über den Versicherer stattfinde. Vielmehr handele es sich um eine rechtswidrige Absprache, die nicht zu Gunsten der Beklagten im Rahmen der Prüfung einer gleichwertigen Alternativfachwerkstätte gewertet werden könne. Im Falle der Reparatur in einer BMW Fachwerkstatt fielen im Raum Gelsenkirchen Verbringungskosten an.

Nach Klagezustellung hat die Beklagte zu 2. einen Anspruch auf Zahlung nichtanrechenbarer Rechtsanwaltskosten in Höhe von 718,40 Euro anerkannt, in dieser Höhe erging ein Teilanerkenntnisurteil durch das Amtsgericht Gelsenkirchen am 15.09.2010.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.739,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.04.2010 sowie weitere restliche nichtanrechenbare Anwaltskosten in Höhe von 57,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 775,64 Euro seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, der Kläger könne nicht die teureren Kosten, die in einer markengebundenen Fachwerkstätte im Hinblick auf die Reparatur eines Fahrzeugs entstehen, verlangen, da die Reparatur auch in günstigeren Alternativfachwerkstätten, die dem Kläger durch einen Prüfbericht der Beklagten zu 2. mitgeteilt worden seien, erbracht werden könnten, insoweit handelt es sich um Fachwerkstätten in Mülheim, Essen und Gelsenkirchen. Alle Werkstätten seien geeignet, fachgerecht die Reparatur auszuführen. Die Werkstätten würden mit Originalersatzteilen arbeiten, auch wären die notwendigen Spezialwerkzeuge vorhanden, hinsichtlich der Entfernung der Fachwerkstätten wird auf einen kostenlosen Hol- und Bringeserevice verwiesen. Die Werkstätten seien Meisterwerkstätten, zertifiziert durch den ZKF oder die DEKRA. Sonderkonditionen lägen bei den günstigeren Stundenverreohnungssätzen, die diese jeweiligen Alternativfachwerkstätten anbieten könnten, nicht vor. Die jeweiligen Fachwerkstätten würden eine Garantie von zwei bzw. drei Jahren gewähren. Insbesondere, da das Fahrzeug sechs Jahre alt sei, sei, da nicht nachgewiesen sei, dass das Fahrzeug ständig scheckheftgepflegt gewesen sei, dieses nicht zwingend in einer teureren Markenfachwerkstätte zu reparieren, einen Anspruch auf Erstattung der höheren Kosten habe der Kläger daher nicht. Die Beklagten sind ferner der Auffassung, dass ein konkretes Preisangebot der jeweiligen genannten Alternativfachwerkstätten nicht vorgelegt werden müsse. Der Prüfbericht für einen Werkstattverweis reiche aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung restlicher fiktiver Reparaturkosten in Höhe von 1.739,20 Euro gem. §§ 7, 17 StVG, 1 ff. Pflichtversicherungsgesetz, 115 VG.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagten zu 100 % für die Unfallfolgen aus dem Unfallgeschehen vom 09.03.2010 einstandspflichtig sind. Zum großen Teil hat die Beklagte zu 2. auch die geltend gemachten Schadenspositionen bereits reguliert.

Der Kläger hat jedoch gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der restlichen offenstehenden Schadenspositionen in Höhe des aus dem Tenor ersichtlichen Umfangs.

Der Kläger kann von den Beklagten auf der Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens unter Zugrundelegung der Stundenverrechnungssätze der markengebundenen Fachwerkstatt weitere 1.739,20 Euro inklusive Verbringungskosten und UPE-Aufschlägen verlangen. Nach der Rechtsprechung des Amtsgerichts Gelsenkirchen ist ein UPE-Aufschlag erstattungsfähig und damit war der Klage bereits insoweit stattzugeben. Auch Verbringungskosten sind dann, wenn sie anfallen, erstattungsfähig. Die örtlichen BMW Werkstätten verfügen nicht über eine eigene Lackiererei, es fallen also entsprechende Verbringungskosten insoweit an.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Erstattung der fiktiven Reparaturkosten, wie sie in dem Gutachten … dargelegt sind, und muss sich nicht auf eine günstigere Alternativwerkstätte verweisen lassen. Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dem Geschädigten ein Verweis auf eine kostengünstigere Reparatur in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt zuzumuten, wenn von einer technischen Gleichwertigkeit der Reparatur auszugehen ist. Die entsprechende Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt grundsätzlich der Schädiger. Er muss im einzelnen detailliert darlegen und ggfs. beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht Daher ist seitens des Schädigers im einzelnen konkret vorzutragen, welche fachlichen Kriterien die Alternativwerkstätte, die günstigere Preise anbietet, im einzelnen aufweist, das heißt, im einzelnen ist vorzutragen, dass es sich um einen zertifizierten Betrieb handelt, der mit Originalersatzteilen arbeitet, über das notwendige Personal und Spezialwerkzeuge verfügt, eine gleiche Garantie erbringen kann wie eine markengebundene Fachwerkstatt und die Arbeiten insgesamt ebenso fachgerecht durchgeführt werden können, wie in einer markengebundenen Fachwerkstatt. Dieser Darlegungslast ist die Beklagte zu 2. in ihrer Klageerwiderungsschrift hinreichend nachgekommen. Bedenken bestehen jedoch insoweit hinsichtlich des vorgelegten Prüfberichtes, insbesondere im Hinblick auf das konkrete Bestreiten der Klägerseite, da hier nur kurze Stichworte enthalten sind hinsichtlich der Qualitätsmerkmale der jeweiligen Alternativwerkstätte und der Geschädigte nicht ohne weiteres erkennen kann, was zum Beispiel ZKF bedeutet bzw. ob tatsächlich die Kriterien, die nach Auffassung des BGH für einen zulässigen Verweis auf eine Alternativfachwerkstätte erforderlich sind, vorliegen. Durch die Klageerwiderung ist zwar im Einzelnen vorgetragen worden, dass es sich bei den Alternativwerkstätten um solche handele, die zertifiziert seien und auch geeignet seien, fachgerechte Reparaturen durchzuführen. Nicht jedoch genügt es nach hiesiger Auffassung im Einklang mit der Instanzenrechtsprechung, dass nur in einem derart groben Prüfbericht der gegnerischen Versicherung günstigere Stundenverrechnungssätze von Alternativfachwerkstätten genannt werden und entsprechend die Positionen aus dem vorgelegten Sachverständigengutachten herunter gerechnet werden, um sodann einen günstigeren Reparaturkostenaufwand zu ermitteln. Insbesondere genügt dies dann nicht, wenn der Geschädigte die Gleichwertigkeit bestreitet, was gerade in der von der von den Beklagten zitierten Entscheidung des AG Gelsenkirchen, Az. 32 C 144/10, nicht der Fall war, da dort die Einwendungen des Schädigers mangels Bestreitens unstreitig blieben. Um jedoch zu einer bestrittenen Gleichwertigkeit einer günstigeren Reparatur hinreichend vorzutragen, hätte es den Beklagten oblegen, nicht nur die Stundenverrechnungssätze auf diejenigen der von ihr genannten Firmen herunter zu rechnen und die Ergebnisse mitzuteilen, sondern konkret darzulegen, dass nach den Vorgaben des Sachverständigengutachtens in der Vergleichswerkstatt auch zu dem niedrigeren Preis tatsächlich repariert wird. Denn es genügt insoweit nicht allein, einen günstigeren Stundenverrechnungssatz anzugeben, sondern der Geschädigte muss sich auch darauf verlassen dürfen, dass mit dem gleichen Stundenaufwand wie zu dem in einer markengebundenen Fachwerkstatt zu günstigeren Stundenverrechnungssätzen in der Alternativfachwerkstätte tatsächlich gearbeitet wird, ohne befürchten zu müssen, dass ggfs. höhere Kosten anfallen, weil z. B. Arbeiten länger dauern oder zusätzlich anfallen. Darüber hinaus ist es auch gerichtsbekannt, dass in Einzelfällen unterschiedliche Reparaturwege und -möglichkeiten denkbar sind. Ob die genannte Alternativwerkstätte tatsächlich den vom Sachverständigen als richtig beurteilten Reparaturweg einschlägt oder ob nicht durch eine Alternativreparatur letztlich nur kostengünstiger – und damit ggfs. auch geringwertiger – gearbeitet wird und dadurch niedrigere Kosten entstehen, was jedoch nicht den Vorgaben des Sachverständigengutachtens entspricht, kann der Geschädigte nur dann wirksam überprüfen, wenn ihm von der günstigeren Alternativwerkstätte ein vergleichbares, unter Zugrundelegung der Vorgaben des Sachverständigen konkretes Vergleichsangebot vorgelegt wird. Nur dann kann der Geschädigte objektiv entscheiden, ob bezüglich der angebotenen Alternativwerkstatt nicht nur die objektiven Kriterien, die von dem Schädiger genannt wurden, generell vorliegen, sondern ob in seinem konkreten Fall tatsächlich von einem vergleichbaren konkreten und damit zumutbaren und annehmbaren Angebot ausgegangen werden kann. (Ebenso für die Erforderlichkeit der Vorlage eines konkreten Gegenangebotes im Rahmen der Darlegungslast: AG Wuppertal, AZ: 34 C 492/09 vom 08.11.2010, AG Berlin-Mitte vom 18.01.2011, AZ: 3 C 3354/10; LG Rostock, Urteil vom 03.06.2009, AZ: 1 S 22/09, AG Gelsenkirchen-Buer vom 22.01.2010, AZ 5 C 521/09; AG Frankfurt am Main, AZ: 32 C 290/10, Urteil vom 30.07.2010). Denn nach den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof aufgestellt hat, ist eine differenzierte Betrachtungsweise geboten, die sowohl dem Interesse des Geschädigten an einer Totalreparatur als auch dem Interesse des Schädigers an einer Geringhaltung des Schadens angemessen Rechnung trägt: Insoweit muss es dem Geschädigten gerade zumutbar sein, die Alternativfachwerkstätte mit den angebotenen niedrigeren Stundenverrechnungssätzen in Anspruch zu nehmen. Dies setzt aber gerade nicht nur einen etwaigen kostenlosen Hol- und Bringeservice und niedrigere Stundenverrechnungssätze voraus, sondern insbesondere gilt zu Gunsten des Geschädigten auch, dass er sich darauf verlassen darf, dass in der Alternativwerkstätte sein Fahrzeug zu den gleichen Bedingungen, wie es in dem vorgelegten Sachverständigengutachten ausgewiesen ist, zu tatsächlich niedrigeren Endkosten repariert wird. Daher muss sich der Geschädigte nicht nur auf allgemeine Ausführungen und grundsätzliche Erwägungen dergestalt verweisen lassen, dass in der Alternativfachwerkstätte grundsätzlich zu einem niedrigeren Preis repariert werden kann, sondern der Geschädigte muss auch darauf vertrauen dürfen, dass in einer angebotenen Alternativfachwerkstätte realistischer Weise zu einem niedrigeren Kostenaufwand das Fahrzeug zu gleichwertigen Bedingungen, wie in dem Sachverständigengutachten dargelegt, repariert werden kann. Insoweit wird auch keine besonders hohe Anforderung an die Darlegungslast des Schädigers gestellt, denn der Schädiger, der auch mit den Alternativfachwerkstätten kommuniziert, um günstigere Stundenverrechnungssätze zu erfragen und abzuklären, ob die Qualitätsstandards, die nach Auffassung des Bundesgerichtshofes erforderlich sind, auch vorliegen, kann mit einem ebenso geringen Aufwand bei einer etwaigen in Betracht kommenden Alternativwerkstätte ein kurzes, aber aussagekräftiges Gegenangebot im Sinne eines Kostenvoranschlags einholen, um dem Geschädigten die Möglichkeit zu geben, die Reparaturwege und den Gesamtarbeitsaufwand und sonstigen Kostenaufwand miteinander zu vergleichen. Denn grundsätzlich kann aufgrund der bestehenden Darlegungs- und Beweislast letztlich nicht der Geschädigte, wenn er aufgrund fiktiver Reparaturkostenbasis seinen Schaden geltend macht, das Risiko tragen, wenn lediglich unter Zugrundelegung günstigerer Stundenverrechnungssätze eines allgemeinen Prüfberichts abgerechnet wird, ohne dass ein konkretes Gegenangebot vorliegt, falls bei Reparatur durch die Alternativfachwerkstätte die Kosten, z.B. wegen höheren Arbeitsaufwandes oder höherer Materialkosten, doch erheblich höher sind als der von dem Schädiger gezahlte Betrag oder falls die Reparatur zwar entsprechend dem gezahlten Betrag, aber nicht entsprechend den Vorgaben des Gutachtens durchgeführt wird. Ein solches Risiko zu Lasten des Geschädigten, der nach dem zivilrechtlichen Schadensbegriff einen Anspruch auf vollständigen Schadensausgleich hat, kann vermieden werden, wenn die benannte und geeignete Alternativfachwerkstätte ein konkretes und prüfbares Gegenangebot vorlegt, um dem Geschädigten aufzuzeigen, dass die Reparatur in der angebotenen Fachwerkstätte tatsächlich ein realistisches alternatives Angebot darstellt und damit eine realistisch günstigere Alternative zu der Reparatur durch eine markengebundene Werkstatt ist.

Darüber hinaus musste sich der Kläger aber auch deshalb nicht auf die günstigeren Alternativfachwerkstätten verweisen lassen, da er unstreitig vor Übersendung des Prüfberichts sein Fahrzeug bereits hatte reparieren lassen. Denn der Geschädigte muss sich grundsätzlich die Möglichkeit einer günstigeren Reparatur dann nicht entgegen halten lassen, wenn er zu dem Zeitpunkt, in dem ihm diese Möglichkeit in hinreichender Weise bekannt geworden ist, bereits eine (Eigen-)Reparatur durchgeführt hatte. Denn dann ist die Durchführung der günstigeren Reparatur jedenfalls, nicht mehr möglich (LG Rostock, Urteil vom 03.06.2009, AZ: 1 S 22/09).

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, ebenso der weitere Anspruch auf Zahlung der nichtanrechenbaren Anwaltskosten, da bezüglich des geltend gemachten Gesamtstreitwertes richtigerweise eine Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren, wie von dem Kläger begehrt, in Höhe von 775,64 Euro vorgenommen wurde. Die Höhe und die Berechnung sind nicht zu beanstanden. Da die Beklagte zu 2. ohne weitere Begründung lediglich einen Betrag in Höhe von 718,40 Euro anerkannt hat, waren die Beklagten noch zur Zahlung der restlichen Rechtsanwaltskosten zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.Zwar hat die Beklagte zu 2. hinsichtlich eines Teils der nichtanrechenbaren Anwaltskosten nach Klagezustellung diesen anerkannt insoweit waren dem Kläger im Hinblick auf § 93 ZPO jedoch nicht anteilig Kosten aufzuerlegen, da es sich bei der Geltendmachung der nichtanrechenbaren Anwaltskosten um eine unselbständige Nebenforderung handelt, die den Streitwert nicht erhöht, so dass insoweit auch keine besonderen Kosten entstanden sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Wie bereits mehrfach erwähnt, reicht das bloße Nachweisen von Alternativwerkstätten nicht aus. Ebenso reicht der bloße Hinweis, dass es sich bei den nachgewiesenen Alternativwerkstätten um zertifizierte Werkstätten handelt, nicht aus. Die Beweislast, dass die benannten Werkstätten in der gleichen Zeit mit den entsprechenden Spezialwerkzeugen wie die Markenwerkstätten arbeiten obliegt dem Schädiger. Wichtig ist daher, dass die Gleichwertigkeit bereits vorgerichtlich bestritten wird. – Und nun Eure Meinungen.

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung” zum Download >>>>>

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7 Antworten zu AG Gelsenkirchen verneint bei 6 Jahre altem Pkw Verweisung auf DEKRA-zertifizierte Alternativwerkstätten mit Urteil vom 10.2.2011 – 32 C 390/10 -.

  1. Andreas sagt:

    Es ist nur richtig, dass unsubstantiierte Prüfberichte verworfen werden.

    Diese Prüfberichte sind nichts anderes, als ein vollautomatisch mittels eines Computerprogrammes reduzierte Werte. Ich glaube, dass sich die meisten gar keine Gedanken darüber machen, was da passiert.

    Da sitzt kein Sachbearbeiter und bearbeitet alles manuell. Der Computer macht 90% der Arbeit und nur die Hängenbleiber, die der Rechner nicht vollautomatisch bearbeiten kann, werden manuell nachgearbeitet.

    Der Prüfbericht kann also keine Einzelfallbetrachtung darstellen, sondern ist einzig eine stereotypische Massenabfertigung.

    Grüße

    Andreas

  2. Mister L sagt:

    … und dafür gibts vom Versicherer 25,- Euro pro Kürzungsbericht.

  3. Alois Aigner sagt:

    Grüß Gott Andreas,
    früher haben die Prüfdienstleister sogar noch reingeschrieben: …wir kürzen im Auftrag der Schädigerversicherung. Da waren DEKRA, Control-EXpert und Co noch ehrlich.
    Servus
    Alois Aigner

  4. Frank sagt:

    stereotypische Massenabfertigung!

    und damit betrügerische Absicht?

  5. Ludger sagt:

    Andreas
    Samstag, 09.07.2011 um 09:56

    Diese Prüfberichte sind nichts anderes, als …….

    …Der Prüfbericht kann also keine Einzelfallbetrachtung darstellen, sondern ist einzig eine stereotypische Massenabfertigung.

    Grüße

    Andreas

    Hallo, Andras,

    da wird den Unfallopfern, ihren Anwälten uns uns solcher Unsinn präsentiert, mit dem wir uns dann auch noch ernsthaft beschäftigen. Die lachen sich darüber doch noch kaputt.

    Also gilt es zukünftig andere Wege zu beschreiten und damit das Mehr an Arbeitsaufwand zurückzureichen.

    Hier sieht man übrigens ganz deutlich, wie Teile der Assekuranz auf den Berufsstand der Kfz.-Sachverständigen schauen.

    Im Zusammenhang mit den bei der Unfallschadenregulierung aufgebauten Hindernissen laüft doch alles auf die Beantwortung der Frage hinaus;“Wie schaffen wir es, dass die Anderen das tun, was wir wollen?“ Das Instrumentarium ist bekanttlich facettenreich und vorwiegend das muß im Focus der Ausleuchtung stehen. Wer sind die Drahtzieher, wer ihre Helfer, welche Aktivitäten sind strafrechtlich
    einzuordnen, wie als solche ausreichend zu begründen und wie zu verfolgen und , das ist besonders wichtig, mit Erfolg zu Ende zu bringen?

    Teile der Assekuranz haben schon viel zu lange und viel zu bequem ihre Bemühungen nach dem Motto „Im Geichschritt, marsch“ mit unterschiedlichem Erfolg realisieren können und zwar in erster Linie zu Lasten der Unfallopfer.

    Was meint Ihr dazu ?

    Gruß

    Ludger

    Grüße

    Ludger

  6. H.U. sagt:

    Mister L
    Samstag, 09.07.2011 um 14:44

    … und dafür gibts vom Versicherer 25,- Euro pro Kürzungsbericht.

    Ja, Mr. L,

    dabei kann ja auch nichts Vernünftiges herauskommen und jetzt kann man auch erahnen warum diese Meisterleistungen der Dummheit und Einfältigkeit nicht unterschrieben werden.

    Mit freundl.Gruß

    H.U.

  7. Andreas sagt:

    Hallo Ludger,

    erster wichtiger Schritt ist es bereits bei der Besichtigung des Fahrzeugs den Geschädigten über diese Prüfberichte aufzuklären. Ist der Geschädigte bei der Besichtigung nicht anwesend, reicht auch schon ein Telefonanruf im Nachhinein.

    Solche Prüfberichte werden dann einer Einzelfallbearbeitung unterzogen und der Zeitaufwand berechnet. Da der aufgeklärte Geschädigte in der überwiegenden Zahl der Fälle auch tatsächlich nach Erhalt des Prüfberichts aktiv wird, lohnt sich somit das Vorgehen des Versicherers nicht!

    Aber das müssten viel mehr Sachverständige praktizieren.

    Grüße

    Andreas

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